Fischhandel:Ins Netz gegangen

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Eine Verkäuferin auf einem Markt hält einen großen Karpfen in die Luft - ein typisches Weihnachtsessen in Deutschland. Wer möchte, kann den Fisch mittlerweile auch online ordern. (Foto: Matthias Schrader/AP)

Fisch ist eines der am leichtesten verderblichen Lebensmittel. Trotzdem bestellen ihn immer mehr Menschen online. Wie funktioniert das und was, wenn niemand zu Hause das Paket annimmt?

Von Katharina Kutsche, München

Florian Katzendobler wartet schon in der Tür, als der Auslieferfahrer von Deutsche See die Treppen in den vierten Stock hinaufsteigt. Katzendobler hat Thai-Lachs, eine Dorade Royale und einen Rote-Bete-Salat bestellt und nimmt die Lieferung nun in seinem Büro in der Münchner Innenstadt entgegen.

Als Privatkunde kann er erst seit September dieses Jahres bei der Fischmanufaktur Deutsche See online frischen Fisch ordern. Diese Möglichkeit war vorher nur Gastronomen, Großkunden wie Edeka oder Nordsee und Betriebskunden, etwa Krankenhäusern und Kantinen vorbehalten. Überhaupt ist der Markt für den Onlinehandel mit frischen Produkten aus dem Meer überschaubar. Fisch ist eines der am leichtesten verderblichen Lebensmittel. Falsch gelagert, können sich Bakterien wegen des hohen Eiweiß- und Wasseranteils im Fisch schnell vermehren. Dass Fisch heute Massenware ist - die Überfischung der Meere ist eine traurige Folge - ist auf ausgefeilte Kühltechniken zurückzuführen. Und die ermöglichen auch den Onlineversand von Fachhändlern wie Deutsche See oder Send-a-fish.

Bei Deutsche See fungieren die rund 20 Niederlassungen in der Bundesrepublik als Verteilzentren, erklärt Peter Gohl, Regionalleiter der Niederlassungen in München, Bamberg und Regensburg: "Bis vor ein paar Jahren war es für den Kunden unvorstellbar, dass er frische Lebensmittel online bestellen kann. Inzwischen ist das anders, da muss man eher das Vertrauen der Kunden erwerben, und da ist eine funktionierende Kühlkette ein Garant."

Die einzelnen Schritte sind daher genau getaktet: Die Mitarbeiter in der Manufaktur in Bremerhaven verarbeiten Frischfisch und Meeresfrüchte und sortieren die Ware nach dem Zeitplan der abgehenden Lkws. Münchner Kunden etwa müssen bis 10 Uhr bestellt haben. Bis 14 Uhr ist das Fahrzeug bepackt und rollt spätestens um 14.30 Uhr vom Bremerhavener Werksgelände. Etwa um zwei Uhr nachts kommen Lkw und Fisch in der bayerischen Landeshauptstadt an, die Waren werden umgepackt, sortiert und schließlich an die Kunden ausgeliefert. "Dadurch, dass wir die Ware mit unseren eigenen Lieferfahrzeugen ausfahren, brauchen wir wenige Verpackungen", sagt Dominik Hensel, Leiter E-Commerce bei Deutsche See. Die Lieferfahrzeuge sind mit Kühlaggregaten ausgestattet.

Auch bei der Supermarktkette Rewe können Kunden online bestellen, dort ist Fisch allerdings nur eines von vielen angebotenen Produkten. Das Sortiment ist weniger umfangreich als bei den Fachhändlern, und das Onlineangebot an Frischfisch nicht flächendeckend verfügbar, sondern abhängig vom jeweiligen Liefergebiet. Die Nachfrage nach frischem Fisch falle vergleichsweise gering aus, erklärt ein Rewe-Sprecher: "Viele Kunden lassen sich gerade beim Thema Fisch gerne auch persönlich beraten und das machen sie dann vor allem in ihrem Rewe-Markt vor Ort."

Zu Weihnachten und Silvester steigt die Nachfrage

Ein weiterer Anbieter auf dem Onlinefischmarkt ist Fisch Kalter. Der Familienbetrieb verkauft nicht nur in acht Läden und drei Verkaufswagen in Wilhelmshaven und Ostfriesland, sondern auch im Internet unter dem Namen Send-a-fish.de. "Normalerweise gehen bei uns bis zu 300 Pakete täglich in den Versand", sagt Lars Kalter, "in der Weihnachts- und Adventszeit können das dann schon mal 800 bis 1000 Pakete pro Tag sein."

Bei Kalters wird die Ware ausschließlich per Expressversand mit UPS oder DPD verschickt. Wer montags bis freitags rechtzeitig bestellt, dessen Ware wird noch am gleichen Tag verpackt und am Folgetag bis 12 Uhr geliefert. Mithilfe von speziellen Eispackungen, die für 48 Stunden eine Temperatur von minus 24 Grad Celsius halten, bleiben Fisch und Meeresfrüchte durchgehend gekühlt. Die Transportverpackungen entsorgen die Händler kostenlos, wenn vom Kunden gewünscht.

Acht Mitarbeiter kümmern sich um den Onlineversand, nehmen die Bestellungen an, verpacken die Ware. Einen Mindestbestellwert gibt es bei Send-a-fish nicht, "manche Kunden probieren uns mit einer kleinen Bestellung ja erst mal aus", sagt Lars Kalter. Ohne das Zusammenspiel mit den eigenen Läden wäre der Versand nicht lohnenswert: "Wir haben die gleichen Artikel im Shop wie im Laden und dadurch einen höheren Durchlauf, was sich natürlich auf die Frische auswirkt. Außerdem räuchern wir täglich selbst." Die Frischegarantie kann auch mal dazu führen, dass das Angebot wetterbedingt kleiner ist: "Wenn zu starker Sturm ist, werden auf den Fischauktionen keine Schollen aus Tagesfang angelandet. Da rufen wir dann bei den Kunden an und erklären das Problem und schicken eben keine Schollen vom Vortag ab", so Kalter.

Vor allem die Kunden auf dem platten Lande hatten keine Chancen, an Fisch zu kommen

Auch für die Deutsche See lohnt sich das Geschäft vor allem, weil das Privatkundengeschäft in das Geschäft mit den Großkunden integriert werden konnte, erklärt Dominik Hensel: "Wir haben festgestellt, dass vor allem die Kunden auf dem platten Lande keine Chancen hatten, an Fisch zu kommen. Also haben wir überlegt, wir sind ja eh da und fahren bei denen vorbei." Eine Lieferung am gleichen Tag kam für das E-Commerce-Team nicht infrage, daher bekommen die Kunden auch hier klare Ansagen, bis wann sie bestellen müssen, um Fisch oder Meeresfrüchte zum Wunschtermin zu bekommen. "Wir gehen davon aus, dass Fisch Planungssache ist. Sonntag und Montag sind die stärksten Bestelltage - eben für das folgende Wochenende."

Dass der Besteller nicht da ist, um das Paket entgegenzunehmen, kommt laut Hensel nur sehr selten vor. "Wir glauben, dass ein Kunde eine Fischbestellung nicht vergisst, etwa: Der Fisch soll heute kommen, denn in ein paar Stunden kommen meine Gäste." Auch bei Send-a-fish ist das kein Problem, und wenn ein Kunde doch mal trotz Benachrichtigung nicht zu Hause ist oder die Klingel nicht hört, bekommen Kalters eine Benachrichtigung vom Zulieferer, schicken dem Kunden eine Mail, rufen ihn an. Im Zweifelsfall nehme der Zulieferer das Paket eben wieder mit.

Das ist im Münchner Büro von Florian Katzendobler nicht erforderlich. Geplant sei ein Essen mit den Kollegen, sagt Katzendobler, einer seiner Mitarbeiter sei begeisterter Hobbykoch und spezialisiert auf Fisch. Zubereitet werde der aber erst später - erst kommt die Arbeit.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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