Die Japaner mögen berühmt sein für ihre Höflichkeit und Zurückhaltung. Aber es gibt Themen, da ist der Regierung der Ton egal, da brüskiert man hemmungslos die Welt. Der Walfang ist so ein Thema: Obwohl seit 1986 ein weltweites Moratorium gilt, jagen japanische Schiffe weiter Wale - angeblich zu wissenschaftlichen Zwecken. Die Jagd, die auch auf bedrohte Arten zielt und unter anderem im Antarktis-Walschutzgebiet stattfindet, ist Umweltschützern ein Graus.
Das Europäische Parlament protestiert seit Jahren gegen Walfang unter dem Deckmantel der Forschung, und fordert, auch in den Verhandlungen über ein Handelsabkommen darüber zu reden. Schon im Oktober 2012 hieß es in einer Resolution zum Handelsabkommen, die EU strebe ein Ende des "sogenannten wissenschaftlichen Walfangs" an, man rufe nach einer "breiteren Diskussion". Die Kommission hat sich dieser bislang verweigert.
Im Mai 2016 fragte der lettische EU-Abgeordnete Andrejs Mamikins nach: Ob die Verhandlungen auch den Walfang umfassten? Die Antwort von Handelskommissarin Cecilia Malmström: "Die EU plant keine Vorschriften über Einzelfragen wie Walfang." Lieber strebe man "umfassende Verpflichtungen" an, die Japan und der EU erlaubten, "in der Umsetzungsphase eine breite Spanne von Themen anzugehen". Im Übrigen bleibe der Import von Walfleisch in die EU verboten.
Dabei hat sich Japan in der Zwischenzeit mit seinem Beharren auf dem Walfang weiter isoliert. 2014 hatte der Internationale Gerichtshof geurteilt, dass Japans Walfangprogramm in der Antarktis nicht wissenschaftlich zu rechtfertigen sei - angesichts von gerade zwei seriösen Artikeln aus sechs Jahren Forschungsarbeit, die Japan anführte. Formal hat Tokio zwar auf das Urteil reagiert, im folgenden Süd-Sommer fiel der Walfang am Südpol aus. Aber 2015 ging es wieder los, unter einem neuen "Forschungsprogramm", für das in den ersten beiden Saisons fast 670 Zwergwale gefangen wurden.
Auch für die Jagd im Nordpazifik hat Japan ein neues Programm namens NEWREP-NP entworfen, kürzlich liefen die drei Schiffe für die diesjährige Jagd aus. Die Fangquoten, die sich Japan genehmigt, sind angesichts der internationalen Kritik ziemlich üppig: Neben 43 Zwergwalen sollen auch 134 Seiwale sterben, deutlich mehr als zuvor. Anders als Zwergwale stehen Seiwale auf der Roten Liste der internationalen Naturschutz-Union IUCN als "bedroht". Der Bestand hat sich zuletzt zwar erholt, erreicht aber noch immer nur einen Bruchteil früherer Werte. Inwiefern Forschungsarbeiten da weiterhelfen, in denen es um Dinge wie das Gewicht von Walhoden geht, konnte Japan bislang nicht erklären. "Gefährdete Arten wie Finnwale, Seiwale und Pottwale gehören geschützt", sagt Bärbel Höhn von den Grünen; "da darf JEFTA keine Schlupflöcher lassen". Das Abkommen dürfe keinen Walfang legitimieren, der unter dem Vorwand der wissenschaftlichen Forschung betrieben wird.
Das EU-Parlament kann nicht viel tun, die Verhandlungen über das Abkommen führt die Kommission. Den Abgeordneten bleiben Resolutionen. Die jüngste stammt vom Sommer 2016: In Anbetracht der Tatsache, dass die EU mit Japan über ein Handelsabkommen verhandle, rufe das Parlament Japan auf, "seine Walfang-Aktivitäten einzustellen und sich an die Erklärungen der internationalen Walfang-Kommission zu halten". Auch der Bundestag hat Japans Walfang mehrmals verurteilt.
Die Kommission will nicht
Konsequenzen hatte das keine. "EU-Kommissarin Malmström und die EU-Kommission ignorieren die Aufforderungen des EU-Parlaments und des Bundestags, die Beendigung des Walfangs in den Handelsabkommen zu thematisieren", sagt Christoph von Lieven von Greenpeace: Über einen entsprechenden Passus wäre es ein Leichtes gewesen, ein Ende des Walfangs einzufordern.
Aber die Kommission will nicht. Daran hat auch eine Petition der Walschutz-Organisation WDC nichts geändert, die fordert, das Einhalten internationalen Rechts - und ein Ende des Walfangs - zur Voraussetzung für ein Abkommen zu machen. Erstens handle die EU nicht mit Walfleisch, und verhandle deshalb nicht über das Thema, so die Kommission. Außerdem habe die EU in einem Brief an Japan ihre "ernsten Bedenken" wegen des neuen Pazifik-Fangprogramms geäußert. Und schließlich zeige die Erfahrung, dass Japan sich unter Druck nicht bewege - seit dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs habe es seine Position verhärtet. Das soll heißen: Man muss es erst gar nicht versuchen.