Firmenübernahmen 2013:Rekordjahr für chinesische Investoren in Deutschland

Taiwanese banks to provide service in Renminbi

Mit 20 Übernahmen verzeichnete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG so viele Transaktionen chinesischer Investoren in Deutschland wie nie zuvor in einem Jahr.

(Foto: dpa)

Im laufenden Jahr gingen in Deutschland mehr als 20 Übernahmen und Beteiligungen chinesischer Investoren über die Bühne. Die meisten von ihnen lautlos, da insbesondere Mittelständler deutsche Firmen lieben. Doch auch große Deals stehen bevor, verrät ein Insider.

Von Christoph Giesen

Noch bleiben sie meistens unter dem Radar, kaum wahrnehmbar, und doch kaufen sie sich allmählich ein in Deutschland: chinesische Investoren. Alleine im Dezember waren es wieder vier Übernahmen und Beteiligungen. Der jüngste Abschluss wurde über die Weihnachtsfeiertage bekannt gegeben, eine knappe Notiz in der chinesischen Staatspresse, drei, vier Zeilen, mehr nicht: Der chinesische Maschinenbaukonzern Zoomlion kauft den badischen Mörtelhersteller M-Tec aus Neuenburg am Rhein.

Mitte Dezember meldeten die Agenturen etwas ausführlicher zwei weitere Deals: Der chinesische Modulhersteller Astronergy übernimmt die Fabrik des insolventen Solarunternehmens Conergy in Frankfurt (Oder). 210 Arbeitsplätze sollen so langfristig gesichert sein. Und der an der Shanghaier Börse notierte Komponentenhersteller Zhuzhou Times New Material Technology (TMT) kauft das Gummi- und Kunststoff-Geschäft des Automobilzulieferers ZF Friedrichshafen.

"Der Start 2013 war zunächst verhalten, in der zweiten Jahreshälfte kamen aber etwa 15 Transaktionen zustande. Das macht mehr als 20 Übernahmen, so viele wie nie zuvor in einem einzigen Jahr", sagt Wang Wei, Direktor bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Er betreut seit Jahren chinesische Firmen, und niemand führt so akribisch Statistik über ihre Aktivitäten in Deutschland wie er.

Geht es also weiter im Schatten? "Diverse Projekte sind in der Pipeline, vor allem Mittelständler stehen im Fokus", sagt Wang. Und große Deals? "Auch in diesem Jahr haben sich chinesische Unternehmer den Dax genau angesehen, aber bisher Abstand von Investitionen genommen", sagt Wang. "Mittelfristig werden jedoch auch die großen Unternehmen für Chinesen attraktiv, warum auch nicht?"

Die spektakulärsten Übernahmen wurden vor einem Jahr geschlossen. Anfang 2012 kaufte der chinesische Konzern Sany den Betonpumpenhersteller Putzmeister für 360 Millionen Euro. Wenig später ging auch der Konkurrent Schwing an einen Hersteller aus der Volksrepublik. Der Weltmarkt für Betonpumpen ist nun mehrheitlich in chinesischer Hand.

Der bislang größte Deal wurde Ende August 2012 verkündet. Der Staatskonzern Weichai Power übernahm 25 Prozent des Gabelstaplerherstellers Kion. Als Kion in diesem Jahr an die Börse ging, stockte Weichai seinen Anteil um fünf Prozent auf. Teil des Geschäfts: Weichai gibt die Strategie in China und Südostasien vor.

Außerdem sicherten sich die Chinesen 70 Prozent an der Hydraulik-Sparte der Kion-Premiummarke Linde. "Das war eine einmalige Chance", sagt Berater Wang. "Strategisch war diese Transaktion für die chinesische Baumaschinenindustrie viel wichtiger als etwa die Übernahme von Putzmeister."

Anlaufschwierigkeiten überwunden

Aber auch für Kion hat die chinesische Beteiligung durchaus Vorteile: Die Verschuldung wurde reduziert und somit der Börsengang ermöglicht, ein gemeinsamer Einkauf könnte Millionen sparen. Auch beim Vertrieb in China profitiert Kion, Weichai hat ein weitverzweigtes Händlernetz mit 400 Standorten. Vor dem Einstieg der Chinesen waren Kion-Stapler nur an 120 Standorten in der Volksrepublik erhältlich. Und das Potenzial auf dem chinesischen Markt ist enorm: In Westeuropa kommen auf eine Million Einwohner etwa 500 Stapler, in China sind es bislang erst 160 Fahrzeuge.

Was heute wie bei Kion nach einer Partnerschaft aussieht, von der beide Seiten profitieren, lief in den Anfangsjahren noch schief: 1997 kauften chinesische Investoren eine insolvente Bleistiftfirma in Mecklenburg-Vorpommern und scheiterten. Vier Jahre später erstanden Chinesen den ehemaligen Fernsehhersteller Schneider, zogen das Know-how ab und verlagerten die Produktion.

Seit den Misserfolgen in der Fremde prüft die Regierung in Peking Auslandsakquisitionen streng. In den ersten Jahren mussten noch viele lokale Behörden einem Deal zustimmen, das Wirtschaftsministerium sowieso, oft auch das Generalkonsulat vor Ort und natürlich die für Devisen zuständige Behörde, die das Geld für die Transaktion freigibt. "Bis vor ein paar Jahren brauchten Investoren manchmal bis zu 100 Genehmigungsstempel", sagt Wang.

Shopping nur mit staatlichem Einkaufszettel

Heute sind es noch etwa 15 Stempel. Doch die Vorgaben aus China, sie bleiben streng. Alle zwei Jahre veröffentlicht die Regierung in Peking eine nach Ländern aufgeschlüsselte Tabelle mit Übernahmeempfehlungen. Deutschland steht mit dem Maschinenbau, der Umwelttechnik und dem Automobilbau auf der Liste, wer ohne Einkaufszettel shoppen gehen möchte, braucht gute Argumente.

Oder er muss trickreich sein, wie Pan Sutong, der Unternehmer aus Hongkong steckt hinter der vierten Beteiligung im Dezember. Wenige Tage vor Weihnachten ließ der chinesische Millionär eine Pflichtmitteilung verbreiten, seine Firma Goldin Investment Limited, registriert auf den Britischen Jungferninseln, habe mehr als 50 Prozent der Anteile an Gigaset, der ehemaligen Telefonsparte von Siemens, übernommen. 1700 Mitarbeiter an drei Standorten in Deutschland - eine der größten Beteiligungen bislang. Und das ganz ohne Zustimmung aus Peking, denn auf die Offshore-Aktivitäten haben Chinas Beamte keinen Zugriff.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: