Firmen-Kodex :Wenn Unabhängigkeit wichtig ist

Die anhaltende Kritik an Konzernen wie Bayer und Deutsche Bank zeigt, wie wichtig Regeln zur guten Unternehmensführung sind. Der entsprechende Kodex soll nun reformiert werden.

Von Caspar Busse

Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats liegt Rolf Nonnenmacher sehr am Herzen. Der 64-jährige Wirtschaftsprüfer, der lange als Deutschland-Chef bei KPMG gearbeitet hat, ist Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex - und die beschäftigt sich damit, wie gute Unternehmensführung in Deutschland aussehen sollte. Jetzt hat Nonnenmacher eine Reform des Kodex vorgestellt, diese umfasst durchaus strengere Reglen unter anderem für den Aufsichtsrat.

Die Unabhängigkeit der Aufseher sei wichtig, so Nonnenmacher. Er stellte mehrere "Indikatoren" vor, die künftig die Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsgremium einhalten sollen. So sollen sie mindestens zwei Jahre nicht Mitglied des Vorstands gewesen sein, also mindestens 24 Monate "abkühlen". Außerdem soll es keine anderen Abhängigkeiten zum Unternehmen (etwa als Lieferant, Kunde, Kreditgeber, Berater) oder Verwandtschaften mit dem Vorstand geben. Wichtig sei auch, dass es Aufseher von außen gebe, die nicht von etwaigen Großaktionären kommen, um "den Minderheitenschutz zu gewährleisten", wie Nonnenmacher sagt. Problematisch sei es auch, wenn Aufsichtsräte länger als zwölf Jahre im Amt sind.

Auch zur Ämterhäufung gibt es im neuen Kodex Regelungen: Aufsichtsräte, die einem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft angehören, dürfen nur zwei Mandate ausüben und keinen Aufsichtsratsvorsitz annehmen. Hauptamtliche Aufseher sollen maximal fünf Posten bei börsennotierten Gesellschaften oder vergleichbare Funktionen haben, wobei ein Aufsichtsratsvorsitz doppelt zählt. Außerdem wird empfohlen, Vorstände bei der Erstbestellung nur noch Verträge von maximal drei Jahren zu geben. Bei Aufsichtsräten hat die Kommission darauf verzichtet, eine Wahl für maximal drei Jahre zu empfehlen. Die Unternehmen hätten sich vehement dagegen gewehrt, sagte Nonnenmacher. Stattdessen bleibt es bei der gesetzlich vorgeschriebenen Obergrenze von fünf Jahren.

Außerdem dürfen für den Vorstand keine Zahlungen oder andere Leistungen vereinbart werden, für den Fall, dass der Eigentümer wechselt, das betrifft sogenannte "change-of-control"-Klauseln. Liegt ein Übernahmeangebot für das Unternehmen auf dem Tisch, soll eine Hauptversammlung einberufen werden. Auch die Empfehlungen für die Vorstandsvergütungen wurden angepasst. Danach soll die langfristige variable Vergütung "überwiegend" in Aktien gewährt werden und "sich an der Umsetzung der strategischen Initiativen und Maßnahmen im Berichtsjahr" orientieren.

Zu aktuellen Fällen, etwa Bayer oder Deutsche Bank, wollte sich Nonnenmacher nicht äußern. Würden aber Vorstand und Aufsichtsrat von den Aktionären nicht entlastet, sollte das doch zu "Interaktion und Kommunikation" mit den Investoren führen, mahnte er. Der neue rechtlich nicht bindende Kodex, der aber von den meisten Firmen umgesetzt wird, tritt voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in Kraft. Der Zeitpunkt hängt an der Reform des Aktiengesetzes (ARUG II), die voraussichtlich nach der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden soll, wie Nonnenmacher sagte. Eigentlich sollte der neue Corporate-Governance-Kodex bereits seit April gelten.

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