Firefox:Der letzte Mohikaner

Mozilla Firefox Quantum

Kann der Firefox die Dominanz von Googles Chrome noch ernsthaft gefährden?

(Foto: Mozilla / PR)

Googles Browser Chrome hat bereits einen Marktanteil von 67 Prozent und dominiert das Web. Mozilla versucht mit dem Firefox der Marktmacht von Google Paroli zu bieten. Kann das mit mehr Sicherheit und Datenschutz gelingen?

Von Mirjam Hauck

Browser sind das Tor zum Netz. Wer es beherrscht, besitzt Macht. Kein Wunder, dass Google sehr viel Energie in die Entwicklung seines Browsers Chrome steckt. Und der Markt ist in Bewegung: Nachdem Microsoft Ende des Jahres angekündigt hat, seinen Edge-Browser nicht mehr weiterzuentwickeln, sind Mozillas Firefox und Apples Safari nun die letzten Mohikaner, sprich: Browser mit nennenswertem Marktanteil, die nicht wie jetzt auch Microsoft auf Chromium setzen. Das ist das Browser-Open-Source-Projekt, das zu großen Teilen von Google kontrolliert wird.

Mozilla hat vor gut einem Jahr Firefox Quantum veröffentlicht. Er sollte Chrome wieder Marktanteile abjagen. Dafür hat es Mozilla für seine Verhältnisse ziemlich krachen lassen: 253 Millionen Dollar hat die Stiftung 2017 für die Software-Entwicklung ausgegeben, 66 Millionen Dollar für Marketing. Das Geld floss vor allem in Werbung für den neu aufgelegten Quantum. Die "größte Neuerung seit Firefox 1.0"- wie Mozilla das Update seinerzeit nannte.

Mit einem großen Wurf wollte die gemeinnützige Stiftung wieder an alte Erfolge anknüpfen. Erreichte der Browser, der auf Open-Source setzt, zu seinen Spitzenzeiten vor knapp zehn Jahren noch weltweit Marktanteile von 30 Prozent, waren es Ende 2017 gerade noch zwölf bis 14 Prozent. 60 Prozent Marktanteil hatte dagegen Googles Chrome. Der neue Firefox wollte vor allem mit Schnelligkeit und neuen und verbesserten Privatsphäreneinstellungen punkten und mittelfristig wieder 20 Prozent holen.

Nur noch knapp zehn Prozent

Neuesten Zahlen zufolge kommt Firefox mittlerweile aber nur noch auf knapp zehn Prozent Marktanteil. Unangefochtener Spitzenreiter ist dagegen Googles Chrome mit mehr als 67 Prozent Marktanteil. Hatte Microsoft in den 1990er-Jahren mit dem Internet Explorer noch den sogenannten Browser-Krieg gewonnen und den damaligen Rivalen Netscape Navigator vom Markt gedrängt, ist dem Windows-Konzern nun beim Browser selbst die Entwicklung zu aufwendig geworden. Weshalb man sich in diesem Wettbewerb Google geschlagen gegeben hat.

Was bedeutet nun Googles Dominanz auf dem Browsermarkt? Werden sich im Web nur noch die Standards durchsetzen, die von Chrome unterstützt werden? Ist damit das freie und offene Internet, für das sich Mozilla einsetzt, gefährdet - auch durch Microsofts Entscheidung für den Quasi-Monopolisten Google? Nick Nguyen, Vice President Firefox Product bei Mozilla sagt: "Microsoft hat so die Möglichkeit, die Zukunft des Webs und seine Standards zu gestalten, stark eingeschränkt."

Mozilla ist nach wie vor auf das Geld von Google angewiesen

Aber das ist dem Microsoft-Konzern offenbar nicht mehr so wichtig. Insgesamt beobachte man in der Techbranche einen Trend zur Konsolidierung, stellt Nguyen fest: Auf Amazon entfallen mittlerweile 50 Prozent aller E-Commerce-Ausgaben, Netflix hat die meisten Menschen als Kunden, die übers Internet Videos auf Abruf gucken. Und Google kommt auf 92 Prozent Marktanteil bei der Internetsuche.

Die EU ist besorgt über diese Ansammlung von Marktmacht. Die EU-Kommission hat Google im vergangenen Sommer eine Strafe in Höhe von 4,3 Milliarden Euro aufgebrummt. Der Grund: Er soll mit seinem Betriebssystem Android seine Marktmacht missbraucht haben. Diese Besorgnis teile man bei Mozilla, sagt Nguyen: Wenn ein einzelnes Unternehmen eine grundlegende Online-Struktur kontrolliere, gefährde das ernsthaft die soziale und gesellschaftliche Kraft des Einzelnen.

Forderungen an die EU hat Nguyen nicht, aber er sagt auch: "Wir bei Mozilla glauben daran, dass die Nutzer eine Auswahl haben sollten und dass das nur Vorteile bringt. Denn das Wohlergehen des Internets hängt an Wettbewerb und Auswahl."

Das offene Web zu verteidigen ist das erkläre Ziel von Mozilla. Im vergangenen Jahr hat die Stiftung einige neue Firefox-Werkzeuge für Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre veröffentlicht. "Container" etwa ist ein Zusatzprogramm, das Facebook-Nutzer vor Datenmissbrauch schützen soll. Das Add-on "Canvas-Blocker" soll die Identifizierung des Nutzers anhand digitaler Fingerabdrücke verhindern. Und diese Erweiterungen werden, sagt Nguyen, von den Nutzern auch gut angenommen. Container zum Beispiel sei bereits 1,5 Millionen Mal heruntergeladen worden. Diese erfolgreichen Blocking- und Anti-Tracking-Technologien seien auch dafür verantwortlich, dass Mozillas Browser bei Diensten, die Marktanteile ermitteln, schlecht abschneide. Denn wer im Privatmodus surfe oder spezielle Erweiterungen nutze, werde von den Marktforschern gar nicht erfasst. Nach eigenen Messungen habe man auf dem Desktop weltweit 278 Millionen Nutzer.

Ganz auf Google kann aber auch Mozilla nicht verzichten. Das Suchmaschinenfenster für Firefox wird zumindest in Deutschland standardmäßig vom großen Konkurrenten bespielt. Und dafür gibt es Geld. Nutzer können diese Voreinstellung zwar leicht ändern, viele tun es aber nicht, weil sie nicht wissen, wie das geht. Insgesamt weist der aktuelle Jahresbericht für die Einnahmen aus Partnerschaften mit Suchmaschinen 542 Millionen Dollar aus.

Mozilla will sich aber nach neuen Geldquellen umsehen. So startete die Stiftung im Oktober einen Versuch, ausgewählten Firefox-Nutzern für zehn Dollar pro Monat einen Dienst für das sichere Surfen in öffentlichen Wlans anzubieten. Außerdem arbeitet die Stiftung auch an einer neuen Version von Firefox für Android-Handys. Der Fenix genannte Browser soll auf Handys Boden gutmachen.

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