Süddeutsche Zeitung

Fintech:Riskantes Spiel

Die Plattform Auxmoney vermittelt Kredite von privat an privat, selbst für Studierende, Freiberufler oder Arbeitnehmer in der Probezeit, die oft von Banken nichts bekommen. Doch es gibt sowohl für Kreditnehmer als auch für die Anleger Risiken.

Von Lara Janssen

Julia und Paul sind frisch verheiratet, werden bald Eltern und wollen für ihr neues Heim Möbel kaufen. Dafür leihen sie sich online innerhalb von 24 Stunden 500 Euro von privaten Anlegern, so bewirbt es ein Video des Unternehmens Auxmoney. Kommt der Kleine schließlich zur Welt, wohnen sie längst in ihrer hübsch eingerichteten Wohnung.

Auxmoney mit Sitz in Düsseldorf vermittelt Kredite von privat an privat. Auch Studierende, Freiberufler oder Arbeitnehmer in der Probezeit, die von Banken oft abgewiesen werden, können einen Kredit aufnehmen, sofern sie ein regelmäßiges Einkommen nachweisen. Der Anleger sucht sich gezielt aus, wem er Geld leihen will oder nutzt einen sogenannten Portfolio-Builder, der automatisch für ihn investiert.

Geldgeschäfte im Internet abzuwickeln wird populärer und der Markt für Konsumentenkredite von privat an privat wächst: Laut Studien der Unternehmensberatung KPMG hat er sich in Kontinentaleuropa allein zwischen 2013 und 2015 mehr als verdoppelt, von 160 auf 357 Millionen Euro. Neben Auxmoney bieten Unternehmen wie Giromatch, Bondora oder Mintos Privatkredite an, und Onlineportale wie Smava vergleichen die Anbieter. Doch es gibt sowohl für Kreditnehmer als auch für die Anleger Risiken.

Das Verfahren bei Auxmoney ist zunächst einfach: Der potenzielle Kreditnehmer erstellt online ein persönliches Profil und füllt sein Gesuch aus, zwischen 1000 und 50 000 Euro bei Laufzeiten von zwölf bis 84 Monaten. Er identifiziert sich mittels Video daheim oder in der Postfiliale. Wird sein Antrag angenommen, bekommt er einen sogenannten Auxmoney-Score, also eine Bewertung seiner Kreditwürdigkeit, und einen Zinssatz, zugeordnet. Dann sucht die Plattform nach anderen Privatpersonen, die bereit sind, Kredit zu geben.

Die Anleger erhalten nach Angaben von Auxmoney im Schnitt Zinsen von vier bis fünf Prozent. Kommt ein Vertrag zustande, kassiert das Unternehmen vom Kreditnehmer eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 2,95 Prozent des Kredits, die zusammen mit den monatlichen Raten vom Konto des Kreditnehmers abgebucht wird. Der Anleger zahlt ein Prozent der Anlagesumme für den Service. Verleiht er zum Beispiel 5000 Euro für ein Jahr, zahlt er 50 Euro Gebühr, bekommt 225 Euro Zinsen und verdient somit 175 Euro. Klingt simpel und lässt sich vor allem schnell abwickeln.

"Wer schnell handelt, macht auch schnell Fehler", warnt der Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen, Dirk Ulbricht. Wer etwa ein niedriges Einkommen oder einen befristeten Arbeitsvertrag hat, sollte es sich gut überlegen, einen Kredit aufzunehmen. "Der einzige, der kein Risiko trägt, ist Auxmoney", so Ulbricht. Denn auch für die Anleger sei es keine sichere Angelegenheit: Sie könnten ihr Budget überschätzen oder die Vertrauenswürdigkeit der Kreditsuchenden falsch bewerten.

Als Grundlage für ihre Entscheidung dient den Anlegern der Risikoscore: Er berechnet sich laut einem Sprecher von Auxmoney aus klassischen Informationen, wie etwa jenen der Wirtschaftsauskunft Schufa, sowie aus Verhaltensdaten, die entstehen, wenn der Kunde auf der Website agiert: Registriert werde die Anzahl der Rechtschreibfehler im Kreditantrag oder ob der Kunde die AGBs gelesen hat. Daraus entstünde ein valider Wert, heißt es. Voraussetzungen für die Kreditvergabe sind zudem ein fester Wohnsitz in Deutschland, eine deutsche Bankverbindung und ein regelmäßiges Einkommen. Auch bei Privatinsolvenz oder Haftbefehl gibt es keinen Kredit. Mehr als die Hälfte der Anfragen werden abgelehnt, so der Sprecher.

Um das Risiko zu mindern, empfiehlt das Unternehmen Anlegern, ihr Geld über viele Projekte zu streuen und den Portfolio-Builder zu nutzen, bei dem sie angeben, wie risikoaffin sie sind. 70 Prozent der Anleger würden dieses Instrument verwenden, heißt es bei Auxmoney. Gleichwohl warnen Finanzexperten wie Ulbricht, dass die Anleger im Ernstfall ihre gesamte Einlage verlieren können. Zudem sei es schwer, einen Anwalt zu finden, der sich mit diesem Spezialgebiet auskennt. "Wer Geld über Auxmoney verleiht, sollte sich fragen, ob er die Risiken in Kauf nehmen will", sagt Susanne Götz von der Verbraucherzentrale Bayern.

Auxmoney gehört zu den Fintechs, die seit einigen Jahren die Finanzwelt umkrempeln. Mit wenigen Klicks das Konto öffnen, Kredite per App beantragen und mit dem Handy zahlen: Bei Fintechs sind es in erster Linie Softwareprogramme, die finanzielle Aktivitäten und Angebote steuern. Weltweit wachsen die Investitionen in Fintechs nach Daten von KPMG: Im ersten Halbjahr 2018 flossen etwa 58 Milliarden US-Dollar, bereits 20 Milliarden mehr als im gesamten Jahr zuvor.

Die Start-ups können Banken beim Sprung in die digitale Welt helfen oder ihre Konkurrenten sein. Nachdem das Geschäft erst schlecht verlief, öffnete Auxmoney seine Plattform 2014 auch für institutionelle Investoren. So stellt etwa der niederländische Versicherer Aegon Kredite bereit. Verschiedene Banken bieten Kredite von Auxmoney an. Das Unternehmen hat seit der Gründung 2007 Kredite im Volumen von über 1,3 Milliarden Euro ausgezahlt, bis Ende 2019 will Chef Johnen die zweite Milliarde knacken. Insgesamt haben auf ihrer Seite mehr als 130 000 Menschen einen Kredit aufgenommen und 50 000 Privatpersonen investieren derzeit.

Auxmoney kooperiert inzwischen mit Banken, was sich auch im Werbespruch widerspiegelt: Während er früher "Auxmoney - bevor ich zur Bank gehe" lautete, steht inzwischen "So leiht man Geld heute - alle für einen" unter dem Beispielvideo mit Julia und Paul.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4399875
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 08.04.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.