Finanzwirtschaft:Banken mit Erfolgsrezept

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Auf die Kunden kommt es an: Die Apobank ist spezialisiert auf Apotheker, Ärzte und andere Angehörige der Heilberufe. Und das schon seit 1902. (Foto: picture alliance / dpa)

Die Bankenbranche steckt in der Krise. Aber manche Geldhäuser in Deutschland stecken die sehr gut weg. Und glänzen sogar mit hohen Renditen. Aber was machen sie eigentlich anders als die anderen?

Von Heinz-Roger Dohms, Düsseldorf

Mit einer Bank im herkömmlichen Sinn hat die ING-Diba wenig gemein. Es gibt keine Schalter wie bei der Sparkasse, keine Handelssäle wie bei den Investmentbanken. Und keine holzvertäfelten Beratungszimmer wie bei den vornehmen Privatbanken. Stattdessen gibt es auf der Rückseite der Frankfurter Zentrale ein graues Rolltor, durch das sich morgens gegen 5.30 Uhr ein gelber Postwagen zwängt, um Dutzende Postkisten abzuladen. 12 000 Briefe erreichen Deutschlands größte Online-Bank täglich, darunter Tausende Anträge auf Bewilligung einer Baufinanzierung. Die Schreiben werden von Maschinen aufgeschlitzt, von Arbeiterinnen vorsortiert, von einem Scanner eingelesen und schließlich in der Abteilung "Dokumentenmanagement" elektronisch aufbearbeitet. Die Bonitätsprüfung ist mittlerweile weitgehend Sache des Computers.

ING-Diba, Berenberg und Apobank haben ihren Weg gefunden. Und die anderen?

Wer dieses hoch industrialisierte Schauspiel einmal gesehen hat, ahnt, warum die ING-Diba im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn von 1,1 Milliarden Euro erzielt hat und sich ihr Geschäftsvolumen binnen zehn Jahren verdreifacht hat.

Von solchen Zahlen können die meisten hiesigen Geldinstitute nur träumen. Die Beratungsgesellschaft Bain hat errechnet, dass die Branche nur noch auf eine Eigenkapitalrendite von zwei Prozent kommt. Was also machen die Banken falsch?

Die ING-Diba ist aber nicht das einzige Geldinstitut, dem es richtig gut geht. Die Apobank, die Standesbank der Ärzte und Apotheker, die 2008 aufgrund ihrer Zockereien fast umgekippt wäre, strotzt vor Ertragskraft und rühmt sich, dass bei ihr nur zwei von 1000 Krediten ausfallen. Die Hamburger Privatbank Berenberg hat gerade das beste Ergebnis ihrer mehrhundertjährigen Geschichte vorgestellt. 104 Millionen Euro betrug das Plus, die Eigenkapitalrendite lag bei 67 Prozent. Zur Erinnerung: Der damalige Deutsche-Bank-Chef Ackermann musste sich beschimpfen lassen, als er eine Zielrendite von 25 Prozent ausgab.

Schaut man, was diese Banken anders machen, fällt auf: Diese Institute haben ein spezielles Geschäftsmodell. Die Diba etwa lebt von ihrer Effizienz, was sich gerade bei der Baufinanzierung zeigt. "Bei den meisten Banken ist das immer noch ein Handwerksprodukt. Die ING-Diba hingegen hat daraus eine Standard-Ware gemacht", sagt Thorsten Brackert, Bankenexperte bei BCG. Die Folge: Während bei "normalen" Banken für einen Euro Ertrag 60 bis 80 Cent Kosten anfallen, waren es bei der Diba zuletzt 40 Cent.

Bei der Apobank geht es nicht um industrielle Kreditfertigung. "Wir sind eine Manufaktur", betont Vorstandschef Herbert Pfennig. Seit Jahrzehnten lebt das Geldhaus von seiner Stellung als monopolartiges Klientel-Institut. Gerade junge Ärzte, die eine Praxis gründen wollen, verlassen sich auf das Wissen der Apobank. Der Marktanteil in diesem Segment liegt bei 60 Prozent. Vom Preiskampf, der in der Branche tobt, bleiben die Düsseldorfer weitgehend verschont.

"Um als Bank erfolgreich zu sein, brauchst du heutzutage einen 'USP' (unique selling proposition), also irgendeine Form von Alleinstellungsmerkmal", sagt Karsten Junge, Bankenexperte bei der Beratungsfirma Consileon. Vor der Zinskrise war das anders. Da lebte quasi die komplette Branche von einem Effekt, der "Fristentransformation" genannt wird: Die Banken sammelten die kurzfristigen Einlagen zu günstigen Konditionen bei den Sparern ein und wandelten sie in deutlich höher verzinste langfristige Kredite um. "3-6-3-Banker", sagte man in den USA dazu: Der Banker bekam sein Geld für drei Prozent, verteilte es zu sechs Prozent - und um drei Uhr nachmittags stand er auf dem Golfplatz. Der Erfolg der ING-Diba beruht zugespitzt darauf, dass sie aus "3-6-3" gewissermaßen "1-2-1" gemacht hat. Für knapp ein Prozent wird eingesammelt, zu gut zwei Prozent verliehen - und dem einen Prozent Differenz wird dank brutaler Effizienz eine Marge abgetrotzt. Übertragen auf die Apobank würde man eher von "1-3-2" sprechen: Sie kann aufgrund ihrer besonderen Marktkenntnis etwas höhere Zinsen verlangen. Nochmal anders liegen die Dinge bei Berenberg. Als Investmentbank lebt sie von den Gebühren, die sie zum Beispiel kassieren, wenn sie einem Unternehmen an die Börse verhelfen. Auf einen Euro Zinsgewinn kommen bei Berenberg inzwischen neun Euro Provisionsgewinn. Bei Sparkassen und Volksbanken ist das Verhältnis eher umgekehrt.

Auch die BayernLB-Tochter DKB behauptet sich als Nischenbank, etwa im Kreditkartengeschäft. Die Immobilienbank Aareal und die hessische Landesbank Helaba haben eine starke Position. Sie beruht auch darauf, dass einige ihrer Konkurrenten im 2008er-Crash untergegangen sind. Natürlich gibt es auch unter den lokalen Banken Player, die aus ihrer Marktkenntnis ein Geschäftsmodell machen. Die Volksbank Wiesbaden oder die VR Bank Neumünster gehören in diese Kategorie.

Die große Frage lautet: Sind die Modelle auch in fünf oder zehn Jahren noch die richtigen? "Manche der auf den ersten Blick besonders erfolgreichen Banken erzielen vor allem deshalb hohe Gewinne, weil sie spezielle Risiken eingehen. In diesen Fällen muss man abwarten, inwiefern das wirklich nachhaltig ist", sagt Markus Krall, Bankenchef bei der Beratungsgesellschaft Goetzpartners. Was ihn aber stört: "Die Banken, deren Geschäftsmodell nicht mehr richtig funktioniert - das sind genau die, die in normalen Zeiten für Stabilität sorgen. Durch das Zinstief und den Regulierungswahn werden genau jene Banken bestraft, die wir brauchen, um die Wirtschaft durchgängig mit Krediten zu versorgen."

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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