Finanzsystem:Hinaus mit den Milliarden

Die Bundesbank warnt vor einer zu laxen Kreditvergabe durch deutsche Banken. Ein Konjunktureinbruch und Turbulenzen an den Börsen könnten die Institute daher hart treffen.

Zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise müssen sich die deutschen Banken wieder auf ungemütliche Zeiten einstellen: Ein plötzlicher Konjunktureinbruch und Turbulenzen an den Börsen könnten die deutschen Institute aus Sicht der Bundesbank hart treffen. Das Finanzsystem sei wieder verwundbarer gegenüber unerwarteten makroökonomischen Entwicklungen, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch am Donnerstag bei der Vorstellung des jährlichen Finanzstabilität-Berichts. Nach zehn Jahren Wachstum unterschätzten die Institute nun womöglich Risiken bei Darlehen.

Tatsächlich haben Deutsche Bank, Commerzbank und viele andere Institute ihr Kreditwachstum zuletzt noch einmal deutlich ausgeweitet. Nur in bestimmten Branchen - wie etwa der Auto-Industrie - vergeben einige Banken inzwischen vorsichtiger Kredite. Die Bundesbank warnte daher davor, dass viele Banken die Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten wie Immobilien potenziell überschätzen. Hinzu komme, dass sowohl schnell steigende als auch anhaltend niedrige Zinsen das Finanzsystem unter Druck setzten können. Die Bonität der deutschen Firmen habe sich zwar verbessert, erklärte Buch. Die Banken hätten anteilig aber mehr riskante Kredite in der Bilanz als noch vergangenes Jahr.

Deutsche Banken haben kaum Erfolg beim Kostensenken

"Es werden nunmehr Unternehmen von den Banken finanziert, die bei einem unerwarteten Konjunktureinbruch als erste Probleme bekommen würden". Dadurch könnten die Wertberichtigungen in den Bankbilanzen schneller steigen. Eine Gefahr sei auch, dass die Preise für Immobilien weiter in die Höhe gingen. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sieht wegen der Konjunkturschwäche und der Aussicht auf eine noch längere Phase ultratiefer Leitzinsen Gefahren für die Finanzstabilität im Euro-Raum. Eine veritable Finanzkrise erwarten die Aufseher jedoch nicht. Zwar könnten dem Vernehmen nach mehr als 40 Prozent der deutschen Banken in zehn Jahren unter die gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapitalquoten fallen, sollte sich das Umfeld nicht verbessern. Soweit werde es aber nicht kommen, hoffen die Bundesbanker, da die Banken etwas dagegen unternehmen würden, etwa zusätzlich Rücklagen bilden oder die Kosten senken.

Die Ratingagentur Moody's kam am Donnerstag zu einem ähnlichen Ergebnis: Wegen der niedrigen Zinsen werde die Profitabilität der deutschen Geldhäuser sinken und sich die Kreditwürdigkeit der Institute insgesamt eintrüben, teilte Moody's mit. Die Bonitätswächter senkten den Ausblick für das deutsche Bankensystem daher von "stabil" auf "negativ".

Die Ratingagentur verwies erneut auf das Kostenproblem der Institute: Die deutschen Banken hätten nur "sehr begrenzten Erfolg" dabei, ihre hohen Kosten-Ertrags-Quoten zu verbessern. Diese viel beachtete Kenngröße lag 2018 bei 79 Prozent, womit die deutschen Banken deutlich teurer wirtschaften als Institute in anderen Ländern. Mit Blick auf die Kosten arbeiten die heimischen Banken inzwischen sogar an der Weltspitze. Verbesserung ist nicht in Sicht: Da die Geldhäuser zugleich dringend in Technologie investieren müssten, werde sich deren Kostensituation kurzfristig wohl nicht verbessern, so die Experten der Ratingagentur.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: