Finanzpolitik:In der Griechenland-Krise warten alle auf Deutschland

Olaf Scholz bemüht sich in der Runde der Euro-Finanzminiter um gelassenes Auftreten.

Finanzminister Olaf Scholz beim Treffen der Finanzminister in Sofia: „Natürlich müssen wir jetzt erstmal genau hinschauen.“

(Foto: AP)
  • In der Griechenland-Krise drängt die Zeit. Am 20. August soll das nunmehr dritte Kreditprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro enden.
  • Europas Finanzminister und der Internationale Währungsfonds wollen auch mit Deutschland über das weitere Vorgehen beraten.
  • Doch Finanzminister Olaf Scholz muss seine Kollegen hinhalten, denn die Regierung sucht ihre Linie.

Von Alexander Mühlauer, Sofia

Das Warten hat ein Ende. Sieben Monate nach der Bundestagswahl entsteigt der neue deutsche Finanzminister einer schwarzen Limousine und nimmt erstmals an einem Treffen mit all seinen europäischen Kollegen teil. Die Erwartungen der anderen sind groß, als Olaf Scholz (SPD) an diesem Freitagmorgen am Nationalen Kulturpalast in Sofia eintrifft. Doch der Nachfolger von Wolfgang Schäuble (CDU) versucht erst gar nicht, so etwas wie Tatendrang zu verströmen. Scholz steht vor den Reportern in der Morgensonne und sagt in aller Ruhe, dass man im Falle Griechenlands eben die Schritte gehe, die als nächstes anstünden. "Alle wissen, dass die Lage sich verbessert hat, aber natürlich müssen wir jetzt erst mal genau hinschauen." Was das heißt? "Berichte hören" und "nächste Berichte abwarten".

Die Gelassenheit, die der Bundesfinanzminister ausstrahlt, hat einerseits etwas Wohltuendes. Schließlich gab es in den Jahren der Griechenland-Krise schon genug Aufregung. Andererseits drängt die Zeit. Am 20. August soll das nunmehr dritte Kreditprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro enden. Doch bis Athen in die finanzielle Freiheit entlassen werden kann, gibt es noch viele Fragen zu klären. Und bei diesen hängt es maßgeblich davon ab, welche Haltung die Bundesregierung vertritt. Da wären etwa die Schuldenerleichterungen, die Griechenland von den Euro-Finanzministern bereits im Mai 2016 in Aussicht gestellt wurden. Oder die Frage, ob der Internationale Währungsfonds (IWF) sich noch finanziell beteiligen soll. Am Ende geht es darum, sicherzustellen, dass Griechenland nicht bald wieder auf die Hilfe der anderen Staaten angewiesen ist.

Eigentlich wollten sich die europäischen Kreditgeber in Sofia mit hochrangigen Vertretern des Währungsfonds treffen, um über Schuldenerleichterungen zu beraten. Doch daraus wurde nichts. Die Bundesregierung sucht noch ihre Linie in der Griechenland-Politik. Und so ist es kein Wunder, dass Scholz an diesem Freitagmorgen nicht viel mehr sagt, als dass man schauen müsse, "wie wir es hinbekommen, das Griechenland-Programm gut zu Ende zu bringen". Der Frage nach Schuldenerleichterungen weicht er genauso aus wie jener nach der finanziellen Beteiligung des IWF. Scholz sagt lediglich: "Was wir sehen können, ist, dass es doch viel optimistischere Blicke auf Griechenland geben kann, als das vor ein paar Jahren der Fall war."

Es obliegt dann Eurogruppen-Präsident Mário Centeno, an die Dringlichkeit zu appellieren. In den kommenden zwei Wochen werde man über Schuldenerleichterungen reden, sagt der portugiesische Finanzminister. Aus EU-Kreisen heißt es, dass es möglichst bis Mitte Mai eine Grundsatzeinigung geben soll, die es dem IWF erlaubt, an Bord zu kommen. Der Fonds fordert weitreichende Schuldenerleichterungen von bis zu 100 Milliarden Euro. Diese Summe gilt aber in Deutschland, den Niederlanden und anderen Ländern als politisch nicht vermittelbar. Schließlich will sich der IWF nur mit 1,6 Milliarden Euro am Programm beteiligen. Bleibt die Frage, warum man den Fonds überhaupt noch braucht. Eine Antwort darauf muss allen voran Deutschland liefern, das bei den bisherigen Griechenland-Programmen darauf bestanden hatte, dass der IWF sich auch finanziell engagiert. Die Sache mit den drei Buchstaben ist äußerst umstritten, denn vor allem Berliner Unions-Abgeordnete fürchten, dass weitgehende Schuldenerleichterungen der politischen Konkurrenz am rechten Rand neuen Zulauf bringen könnten.

"Olaf ist ein echter Europäer"

Fest steht, dass die Experten der Kreditgeber Mitte Mai nach Athen reisen sollen, um die vierte Reformüberprüfung baldmöglichst abzuschließen. Zehn Tage später sollen die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen darüber beraten und die Weichen dafür stellen, dass es im Juni zu einer abschließenden Einigung kommen kann. Dann soll auch klar sein, ob Athen am Programmende weitere Schuldenerleichterungen erhält und wie ein möglicher Mechanismus aussehen kann, der diese an das Wirtschaftswachstum koppelt.

Athen soll außerdem einen Cash-Puffer bekommen, der bis zu 18 Monate nach Auslaufen des Programms eine gewisse Sicherheit garantieren soll. Neben dem IWF fordern auch die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission Schuldenerleichterungen. Nur so könne das Vertrauen der Finanzmärkte in Griechenland wiederhergestellt werden. Die Eurogruppe will Athen nach Programmende ohnehin weiter überwachen, schließlich laufen die Kredite bis in die 2060er Jahre.

Und was ist mit Scholz? "Olaf ist ein echter Europäer, und ich bin überzeugt, dass er Deutschlands wichtigen Beitrag für eine robustere Euro-Zone weiter vorantreiben wird", sagt Centeno. Die Frage ist nur, wie lange er und die anderen darauf warten müssen.

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