Finanzmarkt:Brüssel verbietet Superbörse

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Die EU untersagt die Fusion zwischen London und Frankfurt. Der Zusammenschluss scheitert zum fünften Mal.

Von Alexander Mühlauer

Die Strategen der Europäischen Kommission haben einen gewissen Sinn für Timing. Ausgerechnet an jenem Tag, an dem Großbritannien seinen EU-Austritt in Brüssel einreicht, untersagte die Behörde wie erwartet den geplanten Zusammenschluss von Deutscher Börse und London Stock Exchange (LSE). "Ich weiß, dass heute viele Dinge passieren", sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager an diesem denkwürdigen Mittwoch. Bei ihrer Entscheidung über die geplante Börsenfusion habe der Brexit aber keine Rolle gespielt: "Mir kommt es auf den Wettbewerb an, nicht auf die Herkunftsländer von Unternehmen."

Die EU-Kommission untersagt den gut 25 Milliarden Euro schweren Deal, weil der Zusammenschluss ihrer Meinung nach den Wettbewerb bei der Abwicklung von Anleihegeschäften erheblich eingeschränkt hätte. "Es wäre ein De-facto-Monopol beim Clearing festverzinslicher Finanzinstrumente entstanden", sagte Vestager. Die Zugeständnisse der beiden Unternehmen hätten nicht ausgereicht, die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen.

Die deutsch-britische Börsenfusion scheitert damit bereits zum fünften Mal. In Frankfurt reagiert der Aufsichtsratschef der Deutschen Börse, Joachim Faber, dementsprechend enttäuscht: "Die Untersagung ist ein Rückschlag für Europa, für die Kapitalmarktunion und für die Brücke zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien." Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insiderhandel ermittelt, wollte durch die Fusion mit der London Stock Exchange eine europäische Superbörse schaffen, die den größeren US-Rivalen CME und ICE Paroli bieten kann.

In Frankfurt gab es jedoch von Anfang an Kritik daran, dass die Holdinggesellschaft der fusionierten Börse in London angesiedelt werden sollte (im Bild der Sitz der LSE). Nach dem Brexit-Votum wurde der Widerstand immer größer. Kengeter setzte sich deshalb für die Schaffung eines doppelten Holdingsitzes ein - das lehnten wiederum die Londoner ab. Um eine Debatte über das Thema während der Brexit-Verhandlungen zu vermeiden, zogen die Briten dann Ende Februar die Reißleine. Sie lehnten den Verkauf der kleinen italienischen Handelsplattform MTS ab, den die Europäische Kommission für die Freigabe der Fusion gefordert hatten. Kommissarin Vestager blieb also am Ende gar nichts anderes übrig, als die Börsenfusion zu untersagen. Und das ausgerechnet am Tag des Brexit.

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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