Finanzkrise:Zypern wendet drohende Staatspleite ab

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Rettung ohne Zwangsabgabe: Die zyprische Regierung hat sich mit der Euro-Gruppe über das Rettungspaket für den vom Bankrott bedrohten Staat geeinigt. Zypern will die beiden größten Banken des Landes drastisch verkleinern und so den benötigten Eigenanteil auftreiben. Ungeschoren kommen Bankguthaben über 100.000 Euro dennoch nicht davon.

Die Staatspleite Zyperns ist in letzter Minute abgewendet worden. Die Regierung des überschuldeten Euro-Landes einigte sich nach einer Nachtsitzung mit ihren Geldgebern auf einen neuen Rettungsplan. Gläubiger und Kunden der beiden größten Banken des Landes, der Bank of Cyprus und der Laiki Bank, werden dabei Geld verlieren - wie viel genau, steht noch nicht fest.

"Diese Lösung ist besser als die von vergangener Woche, weil wir uns jetzt auf die beiden Problembanken konzentrieren", sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am frühen Montagmorgen in Brüssel. Im ersten Anlauf war eine Abgabe auf Bankeinlagen geplant, was in Zypern wie im Rest der Euro-Zone auf großen Protest gestoßen war. Der neue Plan sieht vor, dass die Laiki Bank - die zweitgrößte des Landes - geschlossen wird und damit Tausende Jobs wegfallen.

Die Konten mit Beträgen bis zu 100.000 Euro, die gesetzlich von der Einlagensicherung geschützt sind, werden auf die größte Bank, die Bank of Cyprus, übergehen. Einlagen der Laiki Bank oberhalb dieser Summe werden eingefroren und in eine Bad Bank übertragen. Insgesamt handelt es sich nach Dijsselbloems Angaben um 4,2 Milliarden Euro. Ob diese vollständig verloren sein werden, sei noch nicht absehbar, da bei der Abwicklung der Bad Bank noch Erträge anfallen könnten. Experten schätzen, dass die wohlhabenden Kunden der Laiki Bank letztlich mit bis zu 40 Prozent Verlust rechnen müssen.

Anastasiadis soll mit Rücktritt gedroht haben

Auch die Bank of Cyprus muss drastisch verkleinert werden. Aktionäre, Anleihegläubiger und als letztes Kontoinhaber müssen mit ebenfalls Abschreibungen rechnen, bis die Bank eine gesunde Größe und eine Eigenkapitalquote von neun Prozent erreicht hat. Einlagen über 100.000 Euro sollen deshalb vorerst eingefroren und gegebenenfalls für die Rekapitalisierung herangezogen werden.

Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis hatte er nach Angaben von EU-Diplomaten mit Rücktritt gedroht, falls beide Banken dicht gemacht werden müssten. Ab dem Nachmittag hatte er mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Währungskommissar Olli Rehn, EZB-Präsident Mario Draghi und IWF-Chefin Christine Lagarde verhandelt. Nach dem Treffen habe er sich laut EU-Diplomaten mit der gefundenen Lösung "zufrieden" gezeigt.

Zypern wird mit zehn Milliarden Euro Kredit aus dem Euro-Rettungsmechanismus ESM und vom Internationalen Währungsfonds gestützt. Das erste Geld soll im Mai fließen. Als Gegenleistung dafür sind auch harte Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben fällig.

Parlament in Nikosia muss nicht zustimmen

Dijsselbloem sprach von sehr schwierigen Gesprächen. Die Verhandlungen standen nach einem Ultimatum der Europäischen Zentralbank unter hohem Zeitdruck. Die EZB hatte gedroht, den beiden insolventen Großbanken ab Dienstag, wenn die Banken nach mehr als einer Woche Schließung erstmals wieder öffnen sollen, die Notkredite zu entziehen. Damit hätte der Kollaps des gesamten Finanzsektors gedroht, der acht Mal so groß ist wie die Wirtschaftsleistung des Landes und damit als überdimensioniert gilt. Er soll bis 2018 halbiert werden und so EU-Durchschnitt erreichen. Ob die Banken am Dienstag öffnen, war noch nicht sicher.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich erleichtert über die Einigung. "Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was immer unsere Position war", sagte Schäuble. Er wies darauf hin, dass für die neue Vereinbarung eine Zustimmung des Parlaments in Nikosia nicht nötig sei. Dort hatten die Abgeordneten am Freitag ein Gesetz zur Bankenabwicklung verabschiedet und zudem die Grundlage geschaffen, Kapitalverkehrskontrollen zu verhängen. Mit der Blockade großer Überweisungen für maximal sechs Monate soll verhindert werden, dass die Anleger ihr Geld nun massenweise aus dem Land abziehen.

Das neue Programm dürfte nach Ansicht Schäubles eine Mehrheit im Bundestag finden. Die Abgeordneten können noch in dieser Woche abstimmen, auch wenn dies rechtlich noch nicht notwendig sei, erklärte er. Die formelle Einigung soll erst Mitte April vorliegen. Alle Forderungen der Fraktionen würden erfüllt: Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung, eine Beschränkung der Kredite auf zehn Milliarden, die Beteiligung des IWF und schließlich ein Kostenbeitrag der beiden großen Banken.

Der Einigung war eine Woche mit einem wahren Nervenkrieg zwischen Zypern und seinen Rettern vorausgegangen. Der ursprüngliche Plan hatte eine Abgabe auf sämtliche Bankeinlagen vorgesehen. Darauf hatte Zypern bestanden, um die großen Kunden ihrer Banken nicht zu stark belasten zu müssen. Das Parlament Zyperns hatte diesen ersten Plan abgelehnt. Auch im Rest der Euro-Zone herrschte Entsetzen, dass zur Rettung eines Staates erstmals die kleinen Sparer Geld verlieren sollten.

© Süddeutsche.de/afp/dpa/Reuters/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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