Finanzkrise und die Folgen:US-Banken hängen Europas Geldhäuser ab

Goldman Sachs Said To Get Subpoena From New York Prosecutor

New York, New York: An der Wall Street sind viele Banken wieder viel Geld wert. Ganz anders in Europa, wo Kredithäuser noch große Probleme haben.

(Foto: Scott Eells/Bloomberg)

Nach fünf Jahren Finanzkrise stehen die Gewinner fest: US-Institute verdienen wieder kräftig und haben die besseren Zukunftsaussichten. Die europäischen Banken dagegen kommen kaum aus den roten Zahlen heraus. Dies hat einen einfachen Grund: In den USA wurde einfach schneller aufgeräumt.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Nach fünf Jahren Finanzkrise zeigt sich, wer die Verlierer unter den Banken sind: die europäischen Institute. Während die US-Banken wieder prächtig verdienen und ihre Börsenkapitalisierung steigt, sind die europäischen Geldhäuser weit abgehängt: Sie kommen kaum aus den roten Zahlen heraus, und die Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig.

Der Grundstein für die unterschiedliche Entwicklung wurde schon früh gelegt: Die USA haben in der Finanzkrise schneller und beherzter aufgeräumt. Banken, die kein tragfähiges Geschäftsmodell hatten, wurden abgewickelt - in Europa schleppte man sie mit Staatshilfen durch. Und jene Banken, die überlebten, haben ihre Bilanzen früh gereinigt.

Ganz deutlich wird das, wenn man die Wertberichtigungen in den ersten drei Jahren vergleicht: Von 2007 bis 2010 haben die US-Banken mehr als eine Billion US-Dollar abgeschrieben, die Europäer weniger als die Hälfte davon. "Die amerikanischen Banken haben früh und aggressiv Kreditvorsorge gebildet, teils aus eigenem Antrieb, teils sicher auch, weil sie die Aufsicht dazu gedrängt hat", sagt Jan Schildbach, Bankenexperte bei DB research.

"In Europa waren die Banken zunächst zögerlicher bei den Wertberichtigungen, später kam die Schuldenkrise hinzu. Zu dem Zeitpunkt waren manche Banken dann schon so schwach, dass sie sich gar nicht in der Lage sahen, ihre Kredite besonders konservativ zu bewerten und vorsorglich Rückstellungen zu bilden. Teilweise hat man dann auf eine Besserung der Lage gehofft."

"Im Ausland extrem schlecht angelegt"

Marcel Fratzscher, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, glaubt, dass die europäischen Banken im Vorfeld der Krise Fehler gemacht haben: "Viele deutsche Banken haben ihr Geld in den letzten zehn bis 15 Jahren im Ausland extrem schlecht angelegt, das hat sich in der Krise durch hohe Verluste gezeigt. Die amerikanischen Banken waren da erfolgreicher." Die Banken sollten sich deswegen künftig auf Geschäfte beschränken, in denen sie kompetent seien - auch wenn das vielleicht nicht immer so aufregend sei.

Für Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim, ist die unterschiedliche Entwicklung kein Alarmzeichen. "Hohe Bankengewinne sind kein Zeichen für Effizienz, sondern für wenig Wettbewerb." In den USA sei das Bankgeschäft hoch konzentriert, für den Kunden sei das kein Vorteil.

In der Tat ist auch die unterschiedliche Regulierung eine Erklärung für die unterschiedliche Entwicklung der Banken. Denn anders als es die Politik unmittelbar nach der Lehman-Pleite 2007 versprochen hat, gibt es bis heute keine global gültigen Spielregeln für Banken. "Die USA machen mit Bankenregulierung Wettbewerbspolitik", sagt der Vorstand einer deutschen Bank und spricht damit aus, was große Teile der Branche denken. Die europäische Regulierung dagegen nehme keine Rücksicht auf Geschäftsmodelle von Banken.

Ausfallrisiko in Südeuropa steigt dramatisch an

Bankenprofessor Burghof glaubt, dass die europäischen Banken durch die höheren Eigenkapitalanforderungen sicherer geworden sind, auch wenn sie dadurch kurzfristig auf Gewinne verzichten müssen. Die hohen Gewinne der US-Institute interpretiert er als Versagen der US-Aufsicht: "Deren Banken zocken doch so munter weiter wie eh und je", so der Bankenexperte. In Europa hingegen ist der Druck, das Eigenkapital weiter anzuheben, noch immer groß.

Der Unterschied macht sich vor allem seit Anfang 2012 bemerkbar: Die harte Kernkapitalquote stieg bei den europäischen Häusern weiter an, während sie in den USA wieder leicht abnahm. Hinzu kommt, dass die Risikointensität in den US-Bankbilanzen höher ist: In den USA stecken mehr als doppelt so viele Risiken in einer Bilanz als in Europa. Das bedeutet, dass die europäischen Institute mehr Geschäft machen, das von der Aufsicht als risikoarm eingestuft wird: Dazu gehört etwa die Staatsfinanzierung, aber auch besicherte Immobilienkredite. Das bedeutet: Auf die gesamte Bilanzsumme gesehen, gehen europäische Häuser weniger Risiken ein.

Und dennoch ist der Ausblick für die europäischen Häuser alles andere als rosig: Betrachtet man die Entwicklung der notleidenden Kredite, so scheinen die US-Banken über dem Berg zu sein: Die Summe der Problemkredite nimmt bei ihnen deutlich ab. In Europa hingegen steigt das Ausfallrisiko vor allem in Südeuropa dramatisch an. Hintergrund ist, dass sich die Konjunktur in den USA verbessert, während Europa mit der Schuldenkrise kämpft.

Der Wettbewerbsdruck ist nicht nur innerhalb Europas hoch, auch global gesehen nimmt er zu. Noch vor zehn Jahren haben die europäischen Banken an den Börsen rund die Hälfte der Kapitalisierung auf sich vereinigt, 2013 machte ihr Anteil nicht einmal mehr 20 Prozent aller börsennotierten Geldhäuser aus. Hier zeigt sich, wo die Konkurrenz in Zukunft herkommen wird: Aus Schwellenländern. Banken aus China oder Indien haben vor zehn Jahren an den Börsen keine Rolle gespielt, inzwischen ist ihre Kapitalisierung größer als die der europäischen Institute. Wollen europäische Banken noch in einigen Jahren mithalten können, müssen sie dann nicht mehr nur in die USA schauen, sondern nach Asien.

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