Süddeutsche Zeitung

Portugal:Milliardenhilfe für Krisenbank Espírito Santo

Eingreifen bei der Espírito Santo: Portugal will seine angeschlagene Großbank mit übrig gebliebenem Geld aus dem EU-Hilfspaket retten. Die Aktionäre müssen starke Verluste fürchten.

  • Portugal will seine führende Privatbank Banco Espírito Santo mit EU-Hilfsgeldern vor der Insolvenz retten.
  • Die Schwierigkeiten der Bank wurden durch Geldprobleme der Gründerfamilie ausgelöst.
  • Erst im Mai dieses Jahres hatte das südeuropäische Land den EU-Rettungsschirm verlassen - und muss jetzt wieder auf die Hilfsgelder zurückgreifen.

4,9 Milliarden Euro für die Rettung der Espírito Santo

Aus Sorge vor einer neuen Banken- und Finanzkrise unterstützt Portugal die angeschlagene Bank Espírito Santo (BES) mit Hilfsgeldern in Milliardenhöhe. Die von der Pleite bedrohte Großbank soll 4,9 Milliarden Euro erhalten und in einen "guten" Teil sowie eine Bad Bank aufgespaltet werden. Zentralbank-Chef Carlos Costa gab den Rettungsplan in der Nacht zum Montag in Lissabon bekannt.

Schon lange war bekannt, dass die BES in Schwierigkeiten steckt. Das Ausmaß zeigte sich aber erst am vergangenen Mittwoch: Die Bank gab für das erste Halbjahr einen Rekordverlust von knapp 3,6 Milliarden Euro bekannt. Damit wurden alle Kapitalpuffer vernichtet, die Kernkapitalquote sank unter den von der Notenbank vorgeschrieben Wert. Der Börsenkurs fiel auf ein neues Rekordtief, der Handel mit BES-Papieren wurde vorübergehend ausgesetzt.

Die "gute Bank" soll "ihre Geschäfte im In- und Ausland normal weiterführen", wie Costa sagte - und zwar schon ab diesem Montag. Die vielen faulen Kredite und Geschäfte der BES sollen in die Bad Bank wandern. Für die Verluste, die dabei zu erwarten sind, sollen die Aktionäre und auch ein Teil der Anleihegläubiger aufkommen. Ob deren Beteiligung allerdings ausreicht, um mögliche Verluste vollständig aufzufangen, muss sich erst zeigen. Zu den größten Anteilseignern der Espírito Santo zählt die französische Großbank Crédit Agricole, sie muss nun ebenfalls mit schweren Verlusten rechnen.

EU-Kommission billigt Rettungsplan

Die EU-Kommission hat den Rettungsplan nur kurz nach seiner Vorstellung genehmigt. Die staatliche Hilfe und die Gründung einer Bad Bank für faule Kredite entsprächen den europäischen Regeln, teilte die Behörde nach einer Prüfung des Falls in Brüssel mit. Es sei gewährleistet, dass der Wettbewerb in Europa so wenig wie möglich verzerrt werde. Sparer und andere Kunden würden geschützt. Der Schritt stelle das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsektors wieder her und gewährleiste, dass das Geschäft weitergehen könne, heißt es in einer Stellungnahme der Kommission.

Keine Kosten für Staat und Einlagenbesitzer

Die Hilfsgelder stammen aus dem EU-Hilfspaket, das Portugal in der Krise von EU, IWF, und Europäischer Zentralbank bekommen hatte. Das Geld geht an einen 2012 ins Leben gerufenen Abwicklungsfonds, der die BES künftig kontrolliert. Nach Angaben von Costa wird die neue BES unter dem Namen Novo Banco von Montag an ihre Geschäfte normal weiterführen.

Für die Aktion würden weder der Staat noch die Einlagenbesitzer zur Kasse gebeten, sagte Costa. Es handele sich nur um einen vorübergehenden Kredit an das Institut. Bei einem späteren Verkauf des guten Teils der Bank an private Investoren erhalte Portugal das Milliardendarlehen zurück.

Geldwäsche-Vorwürfe gegen Banker-Clan

Die Turbulenzen um das Espírito-Santo-Imperium beschäftigen die portugiesische Finanz- und Bankenbranche schon seit Wochen. Ausgelöst wurden die Schwierigkeiten durch Geldprobleme der Gründerfamilie der Bank.

Die 1869 gegründete BES gehörte bisher einem Firmengeflecht des Banker-Clans Espírito Santo an. Auf Druck der Zentralbank war Vitor Bento zum Nachfolger von Ricardo Espírito Santo Salgado ernannt worden. Dieser hatte 22 Jahre an der BES-Spitze gestanden. Der 70-Jährige war nach seiner Ablösung wegen Geldwäsche festgenommen, dann gegen eine Kaution von drei Millionen Euro wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Sein Nachfolger Bento soll seinen Posten in der neuen Bank behalten. Es gebe nun keine Ungewissheiten mehr, ließ der angesehene Ökonom wissen.

Rückschlag für Portugal

Die Rettungsaktion ist ein Rückschlag für Portugal. Das Land hat den EU-Rettungsschirm erst vor zwei Monaten verlassen - und wollte auf weitere Übergangshilfen verzichten. Portugal war mit 78 Milliarden Euro gestützt worden und hatte dafür weitreichende Sparmaßnahmen verabschieden müssen.

Die Hilfsaktion zeigt nun, wie instabil die Lage nach der Euro-Krise noch immer ist. Wegen der Schieflage der BES waren europäsche Bankaktien in den vergangenen Wochen unter Druck geraten. Verantwortliche in Portugal und Brüssel befürchteten offenbar neue Börsenturbulenzen. Um eine Vertrauenskrise abzuwenden und "die Stabilität des Bankensystems" zu sichern, hätten schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, sagte Zentralbankchef Costa. Entsprechend schnell kam die Entscheidung der EU-Kommission, die kostspielige Hilfe zu genehmigen.

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