Finanzkrise:EU legt Ratingagenturen Fesseln an

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Strengere Kontrollen für Ratingagenturen: Nach dem Willen der EU sollen sie ihre Ratings nur noch zu festgelegten Zeiten verkünden dürfen und für ihre Bewertungen auch haftbar gemacht werden können. Kritikern geht das jedoch nicht weit genug.

Ratingagenturen müssen sich in Europa künftig einer strengeren Kontrolle unterziehen. Sie sollen künftig für grobe Fehlentscheidungen haftbar sein und ihre Urteile besser begründen. Darauf haben sich Vertreter der EU-Kommission, des Europaparlaments und der Mitgliedsstaaten geeinigt, wie die Kommission am Dienstagabend bekanntgab. Sie überarbeiten derzeit die geltenden Vorgaben.

Ziel ist es, die Bonitätsprüfer für ihre Notenvergabe stärker zur Verantwortung ziehen zu können. So sollen Klagen leichter gemacht und den Agenturen mehr Transparenz auferlegt werden. Die Vorschriften werden einem EU-Vertreter zufolge frühestens im kommenden Jahr in Kraft treten.

So sollen die Agenturen künftig Bewertungen von EU-Staaten nur zu vorher gewählten Terminen verkünden, nur außerhalb der Geschäftszeiten und rechtzeitig bevor in Europa die Börsen öffnen. Das soll nervöse Reaktionen der Märkte abmildern. Die Agenturen müssen zudem offenlegen, nach welchen Kriterien sie ihre Entscheidung gefällt haben.

Für fahrlässige oder absichtlich falsche Bewertungen sollen die Agenturen haften. Bei der Bewertung bestimmter komplexer Papiere müssen sich die Agenturen abwechseln. Dies soll verhindern helfen, dass sich die gewinnorientierten Ratingagenturen mit zu rosigen Einstufungen das Wohlwollen ihrer Geldgeber sichern.

Kritik an neuen Regeln

Kritiker verweisen darauf, dass die Regeln im Zuge der Verhandlungen aufgeweicht wurden. Vom Tisch ist etwa die Forderung, Länder-Bewertungen auszusetzen, solange Rettungsprogramme organisiert werden.

In der Finanzkrise und in der europäischen Staatsschuldenkrise hatten insbesondere die drei Branchengrößen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch heftige Kritik auf sich gezogen. Beanstandet wurde, dass die Experten Top-Bewertungen für Anleihen vergeben hätten, die sich später als praktisch wertlos erwiesen haben. In der Staatsschuldenkrise geht der Vorwurf in die entgegengesetzte Reichtung: Die Agenturen hätten überschuldete Staaten wie Portugal herabgestuft, obwohl die sich um Reformen und Einsparungen bemühten - so verschärften die Agenturen die Krise, weil Staaten mit schlechten Bonitätswerten schwerer an dringend benötigte Kredite kommen.

© Süddeutsche.de/dpa/rtr/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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