Süddeutsche Zeitung

Finanzinstrumente:Was kann die EZB fürs Klima tun?

Die neue EZB-Chefin will den Klimaschutz stärker berücksichtigen.

Von Markus Zydra

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, möchte dort den Klimawandel stärker berücksichtigen. Da geht es beispielsweise um die Frage, ob die EZB noch Anleihen von Unternehmen kaufen sollte, deren Geschäftsmodelle Klimarisiken ausgesetzt sind. Die Debatte ist kontrovers. Das belegt eine Umfrage bei 33 Zentralbanken und Regulierungsbehörden. Demnach bezeichnen 70 Prozent der befragten Institutionen den Klimawandel als "große Bedrohung" für die Finanzstabilität, doch nur 55 Prozent der Notenbanken haben in ihren Modellen mögliche Klimarisiken überhaupt im Blick, so das Ergebnis einer Studie, die von der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mazars und dem Official Monetary and Financial Institutions Forum am Mittwoch veröffentlicht wurde. Zwölf Prozent der befragten Notenbanken sagen: Der Kampf gegen den Klimawandel sei Aufgabe der Politiker, nicht der Notenbanker.

Doch Zentralbanker müssen die Risiken des Klimawandels für die Stabilität des Finanzsystems besser verstehen. Die Umfrage macht deutlich, dass dafür immer noch die analytischen Instrumente fehlen. Auch die Datenqualität sei unzureichend. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die Zentralbank der Zentralbanken, hat jüngst eine Studie mit dem Titel "The green swan" veröffentlicht, darin enthalten auch die Warnung des scheidenden Präsidenten der Bank of England, Mark Carney: Man könne den Kampf gegen den Klimawandel gewinnen, und trotzdem alles verlieren. Dann nämlich, wenn die Regeln zum Schutz des Klimas zu schnell und rabiat verschärft würden, etwa durch eine massive Erhöhung der Kohlenstoffdioxidabgaben. Dadurch könnten bestimmte - klimaschädliche - Firmen praktisch über Nacht ihren Wert an den Börsen verlieren, was eine Kettenreaktion auslösen würde. Die Fachleute sprechen von "stranded assets".

Auch in der Bankenaufsicht spielen Klimarisiken inzwischen eine Rolle. Die Kreditinstitute in Europa müssen darlegen, ob und wie sie die möglichen Kreditausfallrisiken kontrollieren. Die Aufsichtsbehörden planen auch entsprechende Stresstests, so die Umfrage, allerdings hätten erst 15 Prozent der Behörden konkrete Maßnahmen ergriffen.

Die Denkfabrik New Economics Foundation hat ausgerechnet, dass die wichtigsten Notenbanken der Welt rund zwölf Milliarden Dollar in Aktien und Anleihen investiert haben, die mit der Kohleindustrie verknüpft sind. Ihr Ratschlag: Die Notenbanken sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die Wertpapiere verkaufen.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2020
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