Finanzierung der Steuerreform:Auch Grüne kritisieren zu hohe Neuverschuldung

Kritik am Finanzkonzept der Regierung kommt nicht nur von der Union, sondern auch aus eigenen Reihen. Die Grünen- Haushaltsexpertin Franziska Eichstädt-Bohlig sagte die Neuverschuldung dürfe maximal um zwei Milliarden Euro steigen.

Nach der Planung des Bundesfinanzministeriums würde die Neuverschuldung hingegen um knapp 5 Milliarden auf etwa 29 Milliarden Euro zunehmen. Im Gegenzug erwartet die Bundesregierung 2 Milliarden Euro aus Privatisierungserlösen und knapp eine Milliarde aus weiterem Subventionsabbau in der Landwirtschaft und am Bau.

Finanzierung der Steuerreform: Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel äußert sich in Solingen über das Konzept der Bundesregierung zum Vorziehen der Steuerreform.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel äußert sich in Solingen über das Konzept der Bundesregierung zum Vorziehen der Steuerreform.

(Foto: AP)

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken nannte das Vorziehen der Steuerreform eine Schnellreaktion. Im Trierischen Volksfreund sagte sie: "Die Risikofaktoren für die Gegenfinanzierung sind einfach zu groß." Die Parteispitze der Grünen hofft hingegen noch auf eine geringere Neuverschuldung durch höhere Privatisierungserlöse und stärkeren Subventionsabbau.

Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) äußerte sich grundsätzlich positiv zu den Steuersenkungen. Gleichzeitig ließ sie jedoch in der Berliner Zeitung erkennen, dass sie weitere Sparbemühungen befürwortet.

Starke Kritik von der Union

Die Opposition hat die Pläne der Bundesregierung zur Finanzierung der Steuerreform mit scharfen Worten zurückgewiesen. Grundsätzlich unterstützte sie zwar das Vorziehen der Reform, sagte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel. Sie wolle aber keine hohe Neuverschuldung.

CSU-Chef Edmund Stoiber sagte, das Konzept sei "auf ganzer Linie ungenügend." Ähnlich äußerte sich CDU-Chefin Angela Merkel.

Eigene Vorschläge zur Finanzierung will die Union, wenn überhaupt, erst im August vorlegen. Rot-Grün will 2004 fünf Milliarden Euro Schulden zusätzlich machen. Weitere zwei Milliarden Euro sollen Privatisierungen bringen, ein kleiner Beitrag aus dem Subventionsabbau.

Gemeinsame Sprachregelung

Die Unionsspitze hatte sich bereits vor dem Auftritt von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanminister Hans Eichel (SPD) in Berlin auf eine gemeinsame Sprachregelung verständigt.

Stoiber und Merkel betonten ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer schnellen Steuersenkung, verlangten aber eine Finanzierung, die nicht zu Lasten von Ländern und Kommunen gehe. Merkel sprach von einer "Flucht in neue Schulden" und nannte Eichels Pläne "enttäuschend".

Schärfer äußerte sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der höhere Schulden zur Gegenfinanzierung komplett ablehnt. "Dafür kann die Bundesregierung meine Zustimmung nicht bekommen", sagte er.

Unions-Vorschläge ab Mitte August

Aus Unionskreisen verlautete, man werde allenfalls Mitte August eigene Vorschläge machen.

Schröder zeigte sich offen für Konsensgespräche, als er mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) das Konzept vorlegte. "Wenn die Union Vorschläge macht, die ökonomisch sinnvoll sind, dann sind wir gesprächsbereit", sagte der Kanzler.

Das Bundeskabinett werde die Pläne am 13.August beschließen und dann auch auf "Vorschläge der anderen Seite" warten. Der Bundeskanzler wies darauf hin, "dass es um die Finanzierung eines Betrages für ein Jahr geht". Für den Bundeshaushalt seien dies "etwas mehr als sieben Milliarden Euro".

Eichel: "Fragezeichen hinter Regierungsprognose"

Das Vorziehen der letzten Steuerreformstufe auf das Jahr 2004 werde die konjunkturelle Lage nicht nur stabilisieren, "sondern auch verbessern". Eichel räumte aber ein, dass die Fragezeichen hinter der Regierungsprognose von zwei Prozent Wachstum für das Jahr 2004 größer würden.

Trotz des Vorziehens der Steuerreform könne Deutschland im nächsten Jahr möglicherweise sogar die Maastricht-Kriterien einhalten. "Das ist unser Ziel", sagte Schröder. Eichel räumte aber ein, "dass wir uns darüber im Herbst noch einmal unterhalten müssen".

Darüber hinaus würden weitere Subventionen abgebaut. Die Finanzhilfen des Bundes sollen in den nächsten drei Jahren um jeweils fünf Prozent gekürzt werden. Als Beispiel nannte Schröder die Steinkohle. Im Jahr 2012 sollen nur noch 16 Millionen Tonnen gefördert werden statt heute 28 Millionen Tonnen.

Die Länder seien eingeladen, ihre eigene Arbeitsgruppe "zum Erfolg zu führen", sagte Eichel mit Blick auf die Gespräche von Hessen und Nordrhein-Westfalen zum Subventionsabbau. Da die Finanzhilfen nach Eichels Worten bereits auf 6,9 Milliarden Euro im nächsten Jahr reduziert wurden, handle es sich um weitere 350 Millionen Euro jedes Jahr.

Aufruf zur Kooperation

Bereits für den Haushalt verbucht sind Kürzungen bei Eigenheimzulage, und Pendlerpauschale. Schröder forderte die Union auf, auch an dieser Stelle zu kooperieren. Dadurch würden Länder und Kommunen entlastet und es stehe mehr Geld für Zukunftsaufgaben wie Forschung und Entwicklung oder oder die Betreuung von Kindern bereit.

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