Süddeutsche Zeitung

Finanzielles Analphabetentum:Die Aktien sind sicher

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Viele Deutsche wissen zu wenig über Geld. Das verleitet sie zu unbedarften Anlagen und zur mangelhaften Altersvorsorge, wie eine Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt.

Viele Menschen in Deutschland haben einer Umfrage zufolge große Wissenslücken beim Thema Finanzen. So halte jeder vierte Befragte Aktien für eine sichere Geldanlage gegen Wertverlust - den erheblichen Kurschwankungen der vergangenen Jahre zum Trotz. Dieser "finanzielle Analphabetismus" gefährde die politisch immer stärker geforderte private Vorsorge, ergab eine Studie der Bertelsmann Stiftung (Gütersloh). Für die Untersuchung waren 2002 insgesamt 2002 Menschen befragt worden, 1380 davon im vergangenen Jahr erneut.

Kuriose Umfrageergebnisse

Ein Drittel der Besserverdiener mit einem Bruttoeinkommen von mehr als 2500 Euro bezeichnete Aktien als sicher, bei den Befragten mit einem geringeren Einkommen bis 1500 Euro waren es nur 22,5 Prozent. Dagegen hielten nur 21,3 Prozent der Befragten in der höchsten Einkommensklasse ein Sparbuch für sicher, während es in der niedrigeren Einkommensklasse 31,1 Prozent waren.

Insgesamt bezeichneten 47,6 Prozent aller Befragten eine Kapital-Lebensversicherung als sicher. Allerdings wüssten nur zwei von drei Befragten, dass bei Kündigung einer solchen Versicherung in der Anfangsphase der Vertragslaufzeit verglichen mit anderen Anlageformen die höchsten Kündigungskosten entstehen.

Entscheidungen auf der langen Bank

Finanzielle "Analphabeten" fühlen sich den Angaben zufolge bei finanziellen Entscheidungen unsicher und schieben sie vor sich her. 61,8 Prozent der Befragten bezeichneten Finanzfragen als schwierig, 47,3 Prozent beschäftigen sich ungern damit und 50,2 Prozent schieben sie auf.

Es bestehe die Gefahr, dass es gar nicht erst zum Abschluss von Vorsorgeverträgen komme, hieß es in der Studie. Eine andere Gefahr seien der persönlichen Lage der Betroffenen unangemessene Verträge: Denn Finanzvermittler von Banken und Versicherungen seien etwa wegen Provisionssystemen interessengebunden.

Wenig Einkommen = Wenig Vorsorge

Die Zahl der vom Verbraucher selbst abgeschlossenen Versicherungen hänge stark vom persönlichen Bruttoeinkommen ab. Der Bildungsgrad habe nur geringe Auswirkungen. Während bei einem Einkommen bis 1500 Euro nur 48,9 Prozent der Befragten eine Lebensversicherung hatten, waren es bei einem Einkommen ab 2500 Euro schon 70,6 Prozent.

Angesichts der jüngsten Sozialreformen mit dem Ziel, mehr Eigenverantwortung statt staatlicher Absicherung zu erreichen, fehlten "begleitende Maßnahmen", kritisierte die Stiftung. Das Vorsorge-Angebot müsse transparenter werden, zudem müssten die Bürger besser im Themenfeld Finanzen ausgebildet werden.

Es sei fraglich, ob die Bürger unter den derzeitigen Rahmenbedingungen mit "angemessenen Entscheidungen reagieren" und die zunehmende Eigenverantwortung wahrnehmen könnten. (Siehe auch www.vorsorgestudien.de)

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