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Finanzen - Potsdam:Rechnungshof wirft Regierung Millionenschäden vor

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Potsdam (dpa/bb) - Die Brandenburger Landesregierung hat nach Auffassung des Landesrechnungshofes in den vergangenen Jahren durch Mängel und Versäumnisse finanzielle Schäden in Millionenhöhe verursacht. Dazu gehören entgangene Einnahmen für Abgaben, Kosten für die Verwahrung von Beweismitteln und Ausgaben für Finanzgeschäfte. Der Landesrechnungshof nimmt in seinem Bericht mehrere Fälle in Ministerien - noch unter der rot-roten Regierung - kritisch unter die Lupe. Eine Auswahl:

DERIVATGESCHÄFTE: "Hier geht es wirklich um Millionenbeträge", sagte Präsident Christoph Weiser am Montag bei Vorstellung des Berichts. Das Finanzministerium ordnete 2017 nach Angaben des Rechnungshofs Geschäfte mit Derivaten neu. Zu diesen Finanzinstrumenten zählen sogenannte Swaps - so etwas wie riskante Zinswetten. Die Prüfer kritisieren nun, dass Zinssätze für zwei Swaps mit Laufzeiten von 20 und 30 Jahren auch nach der Neuordnung höher als am Markt waren. Insgesamt gab es 27,5 Millionen Euro höhere Ausgaben. Noch größer war die Ausgabe mit 42,9 Millionen Euro, um einen 2008 abgeschlossenen Swap wegen des Risikos steigender Zinszahlungen vorzeitig aufzulösen. Das Ministerium löste jedoch drei andere Swaps auf und konnte 17,9 Millionen Euro kompensieren. Finanzministerin Katrin Lange (SPD) erklärte, die Derivate könnten nicht einfach verglichen werden. Die Zinslandschaft 2008 sei durch ein deutlich höheres Zinsniveau im Vergleich zu 2017 charakterisiert.

GEBÜHREN: Das Landesamt für Umwelt verzichtete nach Angaben der Prüfer auf Gebühren. Dem Land seien Einnahmen von 650 000 Euro entgangen, weil das Landesamt bei einem bedeutenden Schuldner die Abgabe für Niederschlagswasser erst 2016 rückwirkend für 2000 bis 2015 festgesetzt habe - als schon Verjährung eingetreten sei. Säumniszuschläge seien teils mit Verzögerung errechnet worden, das habe 30 000 Euro Einnahmeverlust für die Landeskasse bedeutet.

BEWEISSTÜCKE: Die Verwaltung von Beweisstücken bei der Polizei funktioniert laut Landesrechnungshof nicht richtig. So kostete die Verwahrung von drei Kinder-Quads 20 000 Euro, weil diese fast drei Jahre bei einem externen Dienstleister gelagert wurden. Der Wert der Fahrzeuge habe nur bei unter einem Vierzehntel der Summe gelegen. Hinzu kommt: Drogen wurden nicht so gelagert wie es sein soll - sie sollen teils in Büroschränken der Polizei aufbewahrt worden sein. "Natürlich sind die Prüfer keine Spürhunde, aber sie haben es zumindest wahrgenommen", sagte Thomas Kersting vom Rechnungshof.

AUFTRAGSVERGABE: Der Landesforstbetrieb vergibt Aufträge dezentral. Der Rechnungshof wirft ihm vor, dass es gravierende Mängel bei der Vergabe von Aufträgen in den Jahren 2015 und 2016 gab. Alle 124 geprüften Vergaben hätten Fehler gehabt. Über 60 Prozent der Vergaben seien ohne formelle Ausschreibung gewesen. Bei einem Vertrag für arbeitsmedizinische Leistungen habe Landesforsten wegen einer fehlenden Ausschreibung Mehrkosten von 19 000 Euro gehabt.

MIETWOHNUNGEN: Das Infrastrukturministerium wollte zwischen 2016 und 2019 den Neubau von 2000 Wohnungen fördern. Das Ziel sei Ende 2018 erst zu einem Drittel erreicht worden, in den drei Jahren seien nur 59 Wohnungen tatsächlich fertig geworden, sagte Vizepräsidentin Sieglinde Reinhardt. "Das ist natürlich schon dramatisch." Sie schlug vor, individuelle Förderbedingungen mit Investoren zu vereinbaren.

LANDESSTRASSEN: Die Prüfer haben auch eine Zwischenbilanz des 100-Millionen-Euro-Sanierungsprogramms für Landesstraßen gezogen, das 2015 aufgelegt wurde. Das Ziel werde nicht erreicht, sagte die Vizepräsidentin. Bis Mitte 2018 seien von geplanten 78 Straßenkilometern 33 fertig gewesen. Sie warf dem Ministerium Defizite in der Steuerung des Programms vor.

MILLIARDENKREDIT: Die Prüfer gehen auch auf den geplanten Kredit der neuen Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen von einer Milliarde Euro für Zukunftsinvestitionen in den kommenden zehn Jahren ein. Der Altschuldenabbau der vergangenen Jahre werde mit einem Schlag hinfällig, sagte Weiser. "Die Altschulden werden sogar noch erhöht und würden - wenn es beschlossen wird - dann auf den höchsten Stand der Geschichte des Landes Brandenburg kommen." Finanzministerin Lange verteidigte das geplante Sondervermögen: Bei jeder Kreditaufnahme gebe es Risiken, sagte Lange. Aber: "Die Landesregierung hat sich vorgenommen, gezielt in Infrastruktur, Zukunftstechnologien und in die Regionen des Landes zu investieren."

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