Finanzen kompakt:JP Morgan - der Maßstab für die Wall Street

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Mehr verdient als erwartet: Die US-Bank JP Morgan überrascht mit einem Milliardengewinn. Außerdem: AIG verkauft Flugzeuge für zwei Milliarden Dollar.

Die Bilanzsaison bei den US-Banken beginnt mit einer dicken Überraschung: Der führende Finanzkonzern JP Morgan Chase hat im ersten Quartal weit mehr verdient als erwartet. Der Gewinn lag unterm Strich bei 3,3 Milliarden Dollar. Im Vorjahreszeitraum hatte JP Morgan 2,1 Milliarden Dollar eingenommen.

Bankchef Jamie Dimon zeigte sich am Mittwoch ungewohnt optimistisch: "Wir glauben, die Erholung wird anhalten." Die Aktie sprang vorbörslich um zwei Prozent nach oben.

JP Morgan gehört zu den Gewinnern der Finanzkrise. In einer Zeit, in der anderen Instituten reihenweise das Geld ausging, schrieb der weit verzweigte Konzern noch solide Gewinne. Er kaufte die angeschlagene Investmentbank Bear Stearns sowie die zusammengebrochene Sparkasse Washington Mutual und stieg so zur unangefochtenen Nummer eins an der Wall Street auf. Auch jetzt war es wieder das Investmentbanking, das die Gewinne lieferte.

Damit setzt JP Morgan die Maßstäbe für die anderen Institute. Am Freitag zieht die Bank of America Bilanz, in der Woche darauf folgen unter anderem die Citigroup, Goldman Sachs und Wells Fargo. Die Börsianer schauen vor allem darauf, wie sehr die Kreditausfälle die Banken belasten. Denn viele Schuldner bleiben wegen der Krise ihre Raten schuldig. Auch JP Morgan musste hier kräftig einstecken.

AIG verscherbelt Flugzeuge

AIG setzt seinen Ausverkauf fort: Aus dem Bestand der Flugzeug-Leasingeinheit des staatlich kontrollierten US-Versicherers wurden 53 Passagierjets für zwei Milliarden Dollar in bar veräußert, wie das Unternehmen mitteilte.

Käufer ist die australische Investmentbank Macquarie, die die Wirtschaftskrise nutzt, um günstig Vermögenswerte einzusammeln.

AIG hat die Flugzeuge 300 Millionen Dollar unter ihrem Buchwert abgegeben. Mit dem Deal weitet Macquarie ihr Flugzeug-Portfolio um 40 Prozent aus.

Eigentlich sollte die Flugzeug-Leasingsparte des einst weltgrößten Versicherers, der in der Finanzkrise kurz vor dem Kollaps stand und mit Staatshilfen von 182 Milliarden Dollar gerettet werden musste, ganz verkauft werden. Das gelang aber nicht.

AIG trennt sich seit Monaten von zahlreichen Unternehmenteilen, um die Hilfen zurückzahlen zu können.

Zum Beispiel wurden die Kronjuwelen, das asiatische Versicherungsgeschäft, für mehr als 35 Milliarden Dollar an den britischen Versicherer Prudential abgegeben. Es ist die größte Transaktion in der Branche.

Prudential teilte am Mittwoch mit, Rob Devey werde die Integration der übernommenen AIG-Sparte verantworten. Er war bisher für die europäischen Aktivitäten von Prudential zuständig.

Britischer Premier gesteht Mitschuld an Bankenkrise

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown hat eine Mitschuld an der Bankenkrise eingestanden. In seiner Zeit als Finanzminister von 1997 bis 2007 habe er es versäumt, die Banken mit strengeren Regeln zu kontrollieren, sagte der Chef der sozialdemokratischen Labour-Partei in einem Interview mit dem Sender ITV 1.

In den 90er Jahren hätten die Banken ständig nach weniger Regulierung gerufen. "Die Wahrheit ist, wir hätten sie global und national stärker regulieren sollen." Zum Höhepunkt der Wirtschaftskrise mussten mehrere britische Banken vom Staat gerettet werden.

Er habe aus seinen Fehlern gelernt, sagte Brown, der derzeit mitten im Wahlkampf steckt. Am 6. Mai wird in Großbritannien ein neues Parlament gewählt. Brown, der bei öffentlichen Auftritten häufig eher steif wirkt, bezeichnete sich als schüchternen Menschen. Bei der Präsentation seiner Politik sei er nicht besonders gut.

Browns konservativer Herausforderer David Cameron hat früher in der PR-Branche gearbeitet und gilt als besserer Redner.

Immobilienfonds von Morgan Stanley vor Rekordverlust

Ein Immobilien-Fonds der US-Großbank Morgan Stanley hat wegen misslungener Investments wahrscheinlich rund zwei Drittel des Geldes oder 5,4 Milliarden Dollar verloren.

Morgan Stanley habe dies Investoren anvertraut, berichtete das Wall Street Journal, das den Angaben nach Fonds-Unterlagen durchsehen konnte. Den Quartalsberichten zufolge wurden die Verluste bereits bis Mitte 2009 abgeschrieben.

Der Fonds hat dem Blatt zufolge ein Volumen von 8,8 Milliarden Dollar. Mit einem Minus von 5,4 Milliarden Dollar wäre es der Zeitung zufolge der größte je realisierte Verlust bei einem Private-Equity-Investment in Immobilien.

Morgan Stanley lehnte einen Kommentar dazu ab. Das Unternehmen will am 21. April seine Bilanz für das erste Quartal vorlegen. Im Sommer hatte Morgan Stanley in Deutschland seinen offenen Immobilienfonds P2 Value um knapp 14 Prozent abgewertet und damit für erhebliche Unruhe unter Investoren gesorgt.

Die Immobilienkrise hat seit 2008 zu rapide sinkenden Mieteinnahmen weltweit geführt. Viele Fondsanbieter gerieten in Liquiditätsnöte und setzten die Rücknahme von Anteilsscheinen aus. Es sind immer noch einige Fonds eingefroren.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/pak/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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