Finanzen kompakt:Hoppla, Tempoverlust

Die Bundesbank prophezeit der Wirtschaft einen holprigen Start ins neue Jahr, das DIW will Reiche schröpfen und der ehemalige Finanzminister Steinbrück sagt in der Causa HSH aus - das Wichtigste in Kürze.

Der deutschen Wirtschaft droht der Bundesbank zufolge ein holpriger Start ins neue Jahr. Für das zu Ende gehende vierte Quartal sei noch "mit einer weiteren kräftigen Expansion" zu rechnen, schrieben die Notenbanker in ihrem Monatsbericht. "Für das erste Quartal 2011 deutet sich hingegen nach den bisher vorliegenden Informationen ein spürbarer konjunktureller Tempoverlust an." Grund dafür sei vor allem die schwächere Nachfrage nach Industriegütern, die eine Konjunkturabkühlung signalisiere.

IWH: Aufschwung stockt im Osten Deutschlands

Derzeit überschlagen sich noch die Optimisten in Sachen Konjunktur 2010, doch für den Beginn des neuen Jahres malt die Bundesbank schon mal ein bisschen schwarz.

(Foto: dpa)

Trotz der erwarteten Delle hob das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) seine Prognose für das kommende Jahr von 2,2 auf 2,5 Prozent an. Die Bundesregierung rechnet dagegen nur mit einem Plus von 1,8 Prozent. "Der Aufschwung geht 2011 weiter, wird aber schwächer", schrieben die Forscher, die ihre Prognose für 2010 zugleich von 3,4 auf 3,7 Prozent erhöhten. Während die Exporte wegen der langsamer wachsenden Weltwirtschaft nicht mehr so stark zulegen dürften, rechnet das RWI wegen der stark sinkenden Arbeitslosigkeit mit einem Anspringen des privaten Konsums.

Das Sparpaket der Bundesregierung und steigende Beiträge zur Sozialversicherung verhindern jedoch einen kräftigeren Aufschwung. Die Arbeitnehmer hätten zwar dank der guten Lage am Arbeitsmarkt und steigender Einkommen mehr Geld in der Tasche. Doch zugleich bremsten die höheren Ausgaben für die Arbeitslosen- und Krankenversicherungen die Konjunktur. Größtes Konjunkturrisiko ist dem RWI zufolge die Euro-Schuldenkrise: Sollten nach Griechenland und Irland weitere Länder unter den Rettungsschirm schlüpfen, könnte das die Stabilität des Währungsraumes gefährden und die Konjunktur dämpfen, weil weitere Sparpakete nötig würden.

Die meisten Experten trauen der deutschen Wirtschaft zu, dass sie am Jahresende etwa genauso schnell wächst wie im dritten Quartal mit 0,7 Prozent. Damit ginge sie mit großem Tempo in das neue Jahr. Mehr als die Hälfte des für 2011 vorhergesagten Wachstums sei auf statistische Effekte zurückzuführen, die mit dem kräftigen Aufschwung am Ende dieses Jahres beruhten, schrieben die RWI-Forscher.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin schlägt eine stärkere Abschöpfung von privaten Vermögen vor, um die wachsende Staatsverschuldung in Deutschland in den Griff zu bekommen. Das geht nach Angaben der Saarbrücker Zeitung aus dem neuesten DIW-Wochenbericht hervor, der an diesem Mittwoch offiziell erscheint.

Darin heißt es nach Angaben des Blatts: Neben der Notwendigkeit eines mittelfristigen Konsolidierungsprogramms mit einem ausgewogenen Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen könne man die höheren Einkommen und Vermögen belasten, die in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen hätten. Hintergrund der Überlegung sei die Erkenntnis, dass die deutsche Staatsverschuldung durch die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Ende 2010 bei etwa 75,5 Prozent liegen werde. Vor drei Jahren seien es noch 65 Prozent gewesen.

Zugleich hätten sich die Vermögen der privaten Haushalte seit 1991 um 99 Prozentpunkte gemessen am Bruttoinlandsprodukt erhöht. Vor diesem Hintergrund empfiehlt das DIW eine Reform der Erbschaftsteuer beziehungsweise eine einmalige Vermögensabgabe.

OECD macht Druck beim Schuldenabbau

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) fordert in den Eurostaaten klare Vorgaben für den Schuldenabbau. Um die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren, seien "detaillierte und glaubwürdige" Haushaltsentwürfe über mehrere Jahre nötig, heißt es im OECD-Wirtschaftsbericht für den Euroraum. Für die kommenden Jahre rechnet die OECD mit einem weiteren Anstieg der Staatsverschuldung.

Nach einer Gesamtschuldenquote von 84 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in diesem Jahr werde diese 2011 auf 87 Prozent und 2012 auf 89 Prozent steigen. Der Euro-Stabilitätspakt schreibt eine Schuldenobergrenze von 60 Prozent des BIP vor. Die OECD unterstützt außerdem die Forderung der Bundesregierung nach einem dauerhaften Krisenmechanismus, um den Euro zu stabilisieren. Dieser Mechanismus soll nach 2013 die Rettungsschirme für Griechenland und andere Eurostaaten ersetzen. Umstritten ist noch, ob daran auch private Gläubiger beteiligt werden sollen. Die OECD-Experten sprechen sich auch für eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes aus. Dazu sollten frühzeitig "quasi automatische" Sanktionen verhängt werden können.

Steinbrück vor HSH-Untersuchungsausschuss

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat die Milliardenhilfen von Schleswig-Holstein und Hamburg zur Rettung der HSH Nordbank als alternativlos bezeichnet. Die zehn Milliarden Euro zusätzliche Garantien der Haupteigentümer deckten Risiken der Vergangenheit, die wären nicht vom Bankenrettungsfonds Soffin übernommen worden, sagte Steinbrück, der bis 1998 Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein war, vor dem Kieler Untersuchungsausschuss.

Auch die Kapitalerhöhung von drei Milliarden Euro sei notwendig gewesen. Die Schleswig-Holsteiner seien - was die Altrisiken angeht - auf jeden Fall als Steuerzahler an der Rettung der HSH Bank beteiligt. Der Ausschuss geht der Frage nach, weshalb die Bank im Zuge der globalen Finanzkrise in eine existenzgefährdende Schieflage geraten war. "Definitiv nein", sagte Steinbrück, die Bank hätte nicht komplett dem Soffin unterstellt werden können. Für die Altlasten müssten nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz die Alteigentümer einstehen. "Warum sollte der Bund die aus der Verantwortung lassen, dann wäre er ja verrückt." Er wäre als Bundesfinanzminister ans Kreuz genagelt worden, denn dafür hätte er die Kredite des Bundes erhöhen müssen und die Verantwortlichen wären vollständig entlastet worden. "Kann mir jemand sagen, warum der Bund das hätte tun sollen? Nein!", rief er in die Runde. Dennoch hätte es mehr Geld vom Soffin geben können, wenn das Geldinstitut in eine eigenständige Abbaubank und eine Kernbank gespalten worden wäre, machte Steinbrück deutlich.

Mit dem Geld hätte die Kernbank rekapitalisiert werden können. Die Bank und die Anteilseigner haben sich aber dagegen entschieden und zum Dezember 2009 eine interne Abbaubank gestartet. Ob diese Entscheidung richtig oder falsch sei, stehe ihm nicht zu zu beurteilen, sagte Steinbrück.

Die Bank hatte 2008 Milliardenverluste geschrieben und wurde seit dem Amtsantritt von Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher vor zwei Jahren von Intrigen und Affären erschüttert. Am 9. November hatten Hamburg und Schleswig-Holstein den Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper aufgefordert, Nonnenmacher abzulösen. Ausschlaggebend dafür war letztlich eine Bespitzelungsaffäre.

An diesem Mittwoch soll der Aufsichtsrat der Bank nun zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreten, um über die Nachfolge von Nonnenmacher zu entscheiden. Diesem kann trotz aller Kritik zugute gehalten werden, dass das Institut nach dem Milliardendesaster mit einem Verlust von 2,8 Milliarden Euro 2008 in den ersten neun Monaten 2010 - ohne die Kosten der Restrukturierung - wieder ins Plus (101 Millionen Euro) kam.

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