Finanzen - Kiel:Grünen-Fraktionschef für neuen Kurs in der Finanzpolitik

Finanzen - Kiel: Lasse Petersdotter (Bündnis 90/Die Grünen) spricht. Foto: Markus Scholz/dpa/Archivbild
Lasse Petersdotter (Bündnis 90/Die Grünen) spricht. Foto: Markus Scholz/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Grünen-Landtagsfraktionschef Lasse Petersdotter hat vor den Folgen der Inflation für Schleswig-Holsteins Haushalt gewarnt. "Unterm Strich könnte das Land trotz inflationsbedingt steigender Einnahmen weniger Geld zur Verfügung haben und deshalb trotzdem kürzen müssen", sagte Petersdotter der Deutschen Presse-Agentur. Grund seien die Regelungen des 2020 vom Landtag während der Corona-Pandemie bewilligten Notkredites über 5,5 Milliarden Euro.

Das Land müsse strukturelle Mehreinnahmen rechtlich unmittelbar in die Tilgung des Notkredits fließen lassen, sagte Petersdotter. "Das ist eine große Gefahr, weil diese ganze Logik zusammen mit der Schuldenbremse nicht darauf ausgelegt war, eine Inflation und Wirtschaftskrise zusätzlich zu schultern." Deshalb werde das Land - Stand jetzt - nichts von inflationsbedingten Mehreinnahmen beispielsweise durch Lohnsteigerungen haben.

Nach Ansicht von Petersdotter sind die Regelungen der Schuldenbremse und auch der Landes-Notkredite veraltet. "Eigentlich müsste alles, was durch Inflation an Mehreinnahmen reinkommt, konjunkturell sein", sagte der 32-Jährige. Teile davon würden jedoch als strukturell gelten. "Wenn die Bundesregierung beispielsweise mit steuerrechtlichen Änderungen auf die Inflation reagiert, sind das strukturelle Maßnahmen, von denen der Landeshaushalt gar nicht profitieren würde."

Schleswig-Holstein werde zusätzliches Geld nicht nur nicht ausgeben können, sondern müsse womöglich auch bestehende Ausgaben kürzen, sagte Petersdotter. Die mittelfristige Finanzplanung weise in den kommenden Jahren Finanzlücken von jeweils 300 Millionen Euro und mehr aus. Nach der November-Steuerschätzung müsse beraten werden, ob die Regelungen der Notkredite geändert werden müssen. "Denn alle sollten großes Interesse haben, dieses Land nicht in einer Krise noch in einen Sparzwang zu führen."

Innerhalb der schwarz-grünen Koalition rechnet Petersdotter vor allem mit Konflikten in der Verkehrspolitik. "Die CDU schaut stärker auf die Straßen, wir stärker auf die Schiene." Er setze auf den konstruktiven Umgang von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). "Wir sollten nicht Konflikte mit Geld zukleistern, aber wir sollten natürlich zusehen, dass sich beide Koalitionspartner auch im Handeln wiedererkennen. Und das Handeln braucht meistens Geld."

Schuldenabbau sei in derzeitiger Lage des Landes nicht wichtig, sagte Petersdotter. Entscheidend sei das Verhältnis zwischen Verschuldung und Wirtschaftskraft. "Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen in diesem Land ein gutes Leben haben, auf gut ausgestattete Schulen gehen."

Sorgen machen Petersdotter angesichts von mehr als 34 Milliarden Euro Schulden die Zinsen. "Ein steigender Zinssatz hat auf ein überdurchschnittlich verschuldetes Land starke Auswirkungen." Das Zinsmanagement des Finanzministeriums sei dafür aber gerüstet. "Es hat in der Zeit der Niedrigzinsen zwar mehr Kosten verursacht als vielleicht notwendig, in Zeiten steigender Zinsen ist Schleswig-Holstein dadurch aber besser abgesichert."

Scharfe Kritik kam von der FDP. "Die Grünen läuten das Ende der generationengerechten Haushaltspolitik ein", sagte die Finanzpolitikerin Annabell Krämer. "Und das nicht aus einer finanziellen Notlage heraus, sondern weil Lasse Petersdotter Konflikte zwischen den Koalitionspartnern vermeiden möchte." Wenn jeder seine politischen Wünsche bezahlt bekomme, gebe es keinen Streit unter den Koalitionspartnern. "Die Zeche zahlen am Ende die Steuerzahler, und zwar auch diejenigen, die heute noch gar nicht geboren sind." Zu Zeiten knapper Kassen und großer Krisen sei dies grob fahrlässig.

© dpa-infocom, dpa:220805-99-281288/5

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