Süddeutsche Zeitung

Finanzen:Begehrte Landesbank

Die Commerzbank bietet überraschend für die Nord-LB in Hannover. Der Vorstoß könnte einen interessanten Hintergrund haben.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Commerzbank ist überraschend in das Rennen um die Nord-LB eingestiegen. Das Frankfurter Institut habe ein unverbindliches Angebot für die Landesbank aus Hannover abgegeben, sagte ein Insider und bestätigte damit einen Bericht des Handelsblatts. Die Commerzbank und die Nord-LB lehnten eine Stellungnahme ab. Die Nord-LB braucht angesichts der andauernden Schiffskrise dringend rund 3,5 Milliarden Euro Kapital und hat deshalb ein Bieterverfahren gestartet.

Es geht zunächst um einen Minderheitsanteil an der Bank. Das Land Niedersachsen will zunächst die Mehrheit von rund 60 Prozent behalten. Die Nord-LB und ihre Träger loten seit Monaten aus, wie sie die Kapitalpuffer der Landesbank stärken können und sondieren dabei auch den Einstieg externer Investoren. Anfang Oktober lief eine erste Runde des Bieterverfahrens ab. In die zweite Bieterrunde haben es mehrere Investoren geschafft, Insidern zufolge gehören dazu auch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und der angelsächsische Finanzinvestor Apollo. Der besagte Minderheitsanteil an der Bank wird auf rund 1 bis 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

Das Interesse der Commerzbank ist insofern erstaunlich, als dass die Bank ihre Schiffskredite selber erst mühsam abgebaut und damit Verluste verbucht hat. Zudem käme der Einstieg der privaten Commerzbank an einer staatlichen Landesbank einer Revolution auf dem deutschen Bankenmarkt gleich. Eigentlich sind Privatbanken auf der einen Seite und Landesbanken und Sparkassen auf der anderen Seite, also streng getrennt. Die Commerzbank dürfte sich daher in erster Linie für die Braunschweiger Sparkassentochter der Nord-LB interessieren. Seit mehr als zehn Jahren ist es das erklärte aber nie erreichte Ziel der Commerzbank, eine Sparkasse zu kaufen und damit den öffentlich-rechtlichen Bankensektor gleichsam aufzubrechen. 2006 war die Commerzbank damit abgeblitzt, die Berliner Sparkasse zu kaufen. Der Sparkassenverband DSGV wollte den wertvollen Markennamen damals auf keinen Fall aus der Hand geben.

Der Vorstoß könnte daher auch einen anderen, nicht weniger interessanten Hintergrund haben. Dem Vernehmen nach dringt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) auf eine Fusion unter den Landesbanken. Ihm schwebt möglicherweise ein Zusammenschluss aus Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Helaba und Nord-LB vor. Indem er nun Druck auf die Commerzbank ausübt, sich an dem Bieterverfahren in Hannover zu beteiligen, zwingt er Helaba und LBBW eventuell zum Handeln. Die LBBW hatte sich eigentlich aus dem Verfahren zurückgezogen. Auf die Landesbank hat Scholz keinen direkten Einfluss, wohl aber auf die Commerzbank, an welcher der Bund 15 Prozent hält.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2018
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