Finanzen:Bank in der Hosentasche

Die meisten erledigen ihre Geldgeschäfte inzwischen online - und immer mehr nutzen dafür ihr Mobiltelefon. Doch es lohnt sich, die Apps der Finanzanbieter zu prüfen.

Von Simone Boehringer

"Bankgeschäfte sind notwendig, Banken sind es nicht." Dieser Satz stammt von Microsoft-Gründer Bill Gates, aus den 90er-Jahren. Und hat heute mehr Aktualität denn je. Immer mehr Bankfilialen werden geschlossen, weil immer weniger Menschen sie aufsuchen. Längst buhlen die Geldhäuser im Netz um ihre Kunden. Da sind sie nämlich überwiegend zugange, 37 Millionen Kontobesitzer in Deutschland erledigen ihre Geldgeschäfte inzwischen online, mehr als ein Drittel davon wiederum macht dies nicht mal mehr am PC, sondern übers Handy.

Und das Mobiltelefon ist, vor allem für die jungen Kunden, zunehmend auch die eigene Bankfiliale, wie Zahlen des Digitalverbandes Bitkom bestätigen. Was liegt da näher, als nun diese Filiale bestmöglich einzurichten - also sie so zu programmieren, dass die Kunden immer wieder in ihre virtuelle Bank kommen, die zumeist in der Hand- oder der Hosentasche steckt. Mit wirklich guten Zinskonditionen können die Banken im Niedrigzinsumfeld ohnehin schon seit Jahren nicht mehr locken - aber mit Bequemlichkeit - convenience, wie das Schlagwort auf Englisch heißt.

The Wider Image: Phones and the city

Schnell mal unterwegs den Kontostand abrufen? Das ist bequem - aber birgt auch Risiken.

(Foto: Stefan Wermuth/Reuters)

Zu dieser Convenience gehört es auch, den Kunden einen Überblick zu verschaffen, nicht nur über ihr Girokonto und das angehängte Sparkonto bei Bank A, sondern auch über den Bausparer bei Bank B, dem Wohnungskredit beim Online-Anbieter C bis hin zum Wertpapierdepot beim Onlinebroker Z. Multibanken-App heißt das Produkt dazu, und es vergeht zurzeit kaum ein Monat, ohne dass nicht eine Bank, ein Broker oder auch eines der jungen Finanz-Start-ups, Fintechs genannt, eine neue oder überarbeitete Version einer solchen virtuellen Bankfiliale anbieten.

Eine gute Banken-App zu haben, die auch einen Überblick über Konten bei Fremdinstituten gibt, werde schon bald wieder Standard sein in dem jungen Markt, meint Andre Bajorat, seit 15 Jahren als IT-Berater im E-Banking tätig. "Jetzt geht es für die Wettbewerber darum, das wichtigste Portal zu werden, eine Art Check 24 der Branche." Bajorat hat einst die Einführung der ersten Apps der Sparkassengruppe verantwortet. Deren Angebote schneiden bei Verbrauchertests bis heute meist gut ab. Einige Großbanken sind inzwischen mit Multi-Banken-Apps am Start. Doch auch Fintechs wie Outbank oder Centralway Numbrs machen den etablierten Geldhäusern hier Konkurrenz - alleine, oder wie neu bei Centralway, gemeinsam mit Postbank und Norisbank. Doch ob und wer sich mit welcher Multibanken-App hier durchsetzt, entscheiden die Kunden. Und die sollten wissen: Der größte Unterschied zwischen Banken und Fintechs auf diesem Gebiet liegt in der Zielsetzung. "Fintechs verdienen daran, dass Kunden ihnen bei Nutzung der Software das Recht einräumen, dass ihr Nutzungsverhalten analysiert und die Daten verwendet werden können - oder klassisch durch transaktionenbasierte Gebühren", erklärt Marco Liesenjohann, Bereichsleiter für Banking und Fintechs beim Digitalverband Bitkom. Wer stattdessen lieber seiner Hausbank via App direkt seine Konten- und Vertragsdaten aus anderen Bankverbindungen gibt, darf gleichfalls damit rechnen, dass die eigene Bank einem in Zukunft ein alternatives Angebot zu der Anlage oder dem Kredit bei dem Fremdinstitut macht. Muss oder darf - "das ist eine Frage der Einstellung", meint Berater Bajorat. "Ich beschwere mich nicht darüber, wenn jemand mein Kaufverhalten analysiert und mir anhand dessen passende Werbung zukommen lässt."

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Eine Frage der Einstellung, aber auch des Datenschutzes. "Die Geschäfts- und Datenschutzbestimmungen müssen so geschrieben sein, dass Kunden auf Anhieb verstehen, wie die App-Anbieter damit umgehen. Sind die Angaben unklar und vage, sollten Nutzer diese Apps lieber nicht nutzen", so Bajorat. Darüber hinaus geben auch Bewertungen in App Stores einen Überblick, ob und wie ein Produkt am Markt angenommen wird.

App-Nutzer sollten sich durchaus auch die Frage stellen, für wie viel Convenience sie ihre Bankdaten hergeben. Geht es nur um den besseren Überblick und die ein oder andere Überweisung? Oder bietet einem die neue Multibanken-App eines Anbieters darüber hinaus auch Konditionenvergleiche aller Art und/oder eine effizientere Abwicklung von Bankgeschäften, beispielsweise durch Rechnungslese-Software wie Gini, mit der Rechnungen abfotografiert und automatisch in Überweisungsformulare eingelesen werden können? Je mehr Nutzwert die Kunden generieren, desto eher werden sie bereit sein, ihre Geschäfte über einen Anbieter laufen zu lassen, da sind sich die Experten einig.

Der beste Schutz vor Hackern ist die Nutzung von zwei Geräten

Die größte unmittelbare Erleichterung haben die Nutzer der Multi-Apps durch die Zusammenlegung der Passwörter. Ein Zugang für den Überblick auf alle Konten und ein System für die Transaktionsnummern, das ist das Ziel, aber dieses ist noch bei Weitem nicht überall realisiert. Daran angehängt stellt sich die Frage nach der Sicherheit. "Egal, ob Online-Banking vom PC oder vom Handy aus getätigt wird, der beste Schutz vor Hackern ist gegeben, wenn die Kunden zwei Geräte nutzen", erklärt Liesenjohann vom Digitalverband Bitkom. Das heißt: Läuft die eigentliche Transaktion über den PC, sollte die TAN am besten aktuell übers Handy kommen oder einen Chipgenerator. Beim Handybanking bleibt hier nur der Chipgenerator - oder eine zweite App auf demselben Gerät. "Wenn die App zur TAN-Generierung unabhängig ist von der Banking-Anwendung, ist das ein Zugewinn an Sicherheit, der Schutz einer Zwei-Geräte-Lösung wird jedoch nicht erreicht", meint Liesenjohann. Die mobilen Bankkunden schütze bislang auch die Tatsache, "dass der Markt für mobiles Online- und App-Banking noch jung und damit noch nicht so attraktiv für Betrüger ist", so der Bitkom-Experte.

Wie sicher und benutzerfreundlich das mobile Banking in Zukunft noch wird, hängt vor allem mit einer neuen europäischen Direktive zum Zahlungsverkehr zusammen, die bis 2018 umgesetzt werden muss. Sie gibt allen jungen Fintechs unabhängig von vorhandenen Kooperationen die Chance, direkt an der Schnittstelle zu den Banken ihre Mobile-Banking-Lösungen anzubieten. Der Wettbewerb also um die beste Bankfiliale in der Hosentasche ist voll entbrannt.

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