Finanzdienstleister:Unbekannte sollen Geld für schlechte Wirecard-Presse geboten haben

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  • Als die Finanzaufsicht zuletzt erklärte, dass Aktien des Zahlungsdienstleisters Wirecard nicht mehr leer verkauft werden dürfen, sorgte das für viel Verwunderung.
  • In diese Entscheidung soll eine Information der Staatsanwalt in München eingeflossen sein, wonach mehrere Personen eine weitere Leerverkaufs-Attacke gegen Wirecard geplant hatten.

Von Nils Wischmeyer

Es war eine spektakuläre Entscheidung, die die Finanzaufsicht Bafin in der vergangenen Woche traf. Ab sofort, so erklärte die Behörde, dürfen die Aktien des Zahlungsdienstleisters Wirecard nicht mehr leer verkauft werden - sprich, es darf nicht mehr auf einen fallenden Kurs der Aktie spekuliert werden.

Begründet hatte die Finanzaufsicht das mit gefährdetem Marktvertrauen. Immerhin schwankte die Aktie von Wirecard nach drei Berichten der Financial Times (FT) über einen möglichen Bilanzskandal stark, brach teils um 30 Prozent ein. Dem Handelsblatt zufolge ist in die Entscheidung aber noch eine Information der Staatsanwalt in München eingeflossen, die, sofern sie denn zutrifft, mehr als brisant wäre.

So sollen mehrere Personen eine weitere Leerverkaufs-Attacke gegen Wirecard geplant haben. Zusätzlich soll mindestens eine Person mit "einem Millionenbetrag" versucht haben, Journalisten zu bestechen und so eine schlechte Berichterstattung über Wirecard zu erreichen. Gleichzeitig hätte die Person angeboten, die Berichterstattung zu verhindern, wenn Wirecard einen hohen Geldbetrag zahlen würde.

Diese Informationen hatte Wirecard vor nunmehr zwei Wochen an die Staatsanwaltschaft in München weitergegeben. Diese hatte sie als "ernstzunehmend" eingestuft und an die Bafin weitergegeben. Das Leerverkaufs-Verbot stützte sich aber den Angaben zufolge nicht nur auf diesen Hinweis. "Wir haben ausführlich begründet, warum wir das Verbot eingeführt haben und der Hinweis der Staatsanwaltschaft war nur ein Faktor, den wir berücksichtigt haben", sagte eine Sprecherin der Bafin. Sie betonte dabei, dass "ein". Inwieweit die Informationen allerdings korrekt seien, könne man nicht beurteilen. Diese Aufgabe liege bei der Staatsanwaltschaft in München. Zudem habe es viele weitere Gründe gegeben, etwa einen starken Anstieg an Leerverkaufspositionen. Wirecard selbst wollte laufende Ermittlungen nicht kommentieren. Man gebe aber alle Informationen, die man habe, selbstverständlich an die Staatsanwaltschaft weiter.

Ergebnis der Untersuchung in Singapur unklar

Wären die Hinweise korrekt und hätte es tatsächlich Bestechungs- wie auch Erpressungsversuche gegenüber Journalisten und Wirecard gegeben, wäre das eine neue Wendung im Fall Wirecard. Allerdings bleiben wichtige Fragen offen: Wurde das Geld tatsächlich angeboten? Und falls ja: Wer ist der Mittelsmann? Und vor allem: Wer sollte das Geld annehmen und dann auch noch einen Artikel veröffentlichen, der den Aktienkurs bewegt? Es ist kaum denkbar, dass herausragende Medien wie etwa der Guardian oder die Financial Times Geld für Berichterstattung annehmen würden.

Weiterhin offen ist zudem der Ausgang einer anwaltlichen Untersuchung, die prüfen soll, was am potenziellen Bilanzskandal von Wirecard in Singapur dran ist. Dort sollen mehrere Mitarbeiter Verträge gefälscht und zurückdatiert haben, um so einen höheren Umsatz zu simulieren. Das berichtete die Financial Times in insgesamt drei Berichten, die die Wirecard-Aktie um zwischenzeitlich mehr als 30 Prozent abstürzen ließen. Der Zahlungsdienstleister dementiert diese Aussage und wirft der FT falsche Berichterstattung vor. Bisher habe die beauftragte Anwaltskanzlei keine Hinweise auf ein Vergehen gefunden, heißt es. Der finale Bericht wird in den kommenden Wochen erwartet.

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