Finanzbranche:Schäuble bremst bei Finanztransaktionsteuer

  • Elf Euro-Länder wollen die Finanztransaktionsteuer bis Jahresende verwirklichen.
  • Doch nun weicht offenbar ausgerechnet Deutschland die Abgabe wieder auf.
  • Ziel ist wohl eine Zwei-Klassen-Steuer, die nicht für alle Transaktionen gleichermaßen gelten würde.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Für Pierre Moscovici ist das Ziel klar. Der EU-Steuerkommissar arbeitet daran, dass es bis Ende des Jahres eine Vereinbarung gibt - und dann soll sie auch endlich kommen: die Finanztransaktionsteuer. Elf Euro-Länder haben sich zusammengefunden, um die Abgabe zu verwirklichen, darunter Deutschland. Doch nun zeigt ein Diskussionspapier, dass es Berlin offenbar doch nicht so ernst meint mit einer umfassenden Besteuerung von Börsengeschäften.

In einem sogenannten "Room Document", das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, finden sich starke Bedenken gegen die Steuer. Die Verfasser aus Deutschland, Belgien, Spanien und Portugal wollen "unbeabsichtigte Effekte auf die Realwirtschaft vermeiden". So würden etwa Unternehmen, die ihre Risiken über den Finanzmarkt absichern, durch eine Börsensteuer sehr hoch belastet. Und das, obwohl sie "wahre Werte" absichern - und nicht an der Börse spekulieren. Das Ziel der Transaktionsteuer sei aber, so heißt es in dem Papier, dass die Finanzbranche ihren Beitrag leiste, um die Kosten einer Finanzkrise decken zu können. Die Frage sei also, ob es eine Möglichkeit gebe, Transaktionen zu identifizieren, die lediglich der Risikoabsicherung eines Unternehmens dienten. Falls dem so sei, hätte man eine Möglichkeit, diese Transaktionen unterschiedlich zu behandeln - sprich: sie würden nicht besteuert.

In einem weiteren Papier geht es um die Frage, wie man mit Altersvorsorge-Produkten umgeht. Auch hier ist sich Deutschland mit anderen Ländern einig: Sie stellen die Frage, ob Pensionsfonds und Lebensversicherungen nicht besser von der Steuer befreit werden sollten. Würde das so kommen, wäre die Finanztransaktionsteuer eine Zwei-Klassen-Steuer, sie würde nicht für alle gleichermaßen gelten.

Sven Giegold, Grünen-Abgeordneter im Europaparlament, kritisiert die deutsche Haltung: "In einer unheiligen Allianz betreibt Finanzminister Schäuble damit das Geschäft der Gegner der Finanztransaktionsteuer." Wer Pensionsfonds und Versicherungen ausnehme, schaffe unfairen Wettbewerb zwischen verschiedenen Finanzdienstleistern und zerstöre so die Idee der Steuer. Schäuble hatte jedenfalls schon beim letzten informellen Treffen der EU-Finanzminister in Luxemburg klar gemacht: Die Börsensteuer sei "ein kompliziertes Ding" und niemand solle "die große Lösung" erwarten.

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