Sie haben die Finanzkrise hinter sich gebracht, führen Prozesse, in denen es um Milliarden geht. In vielen Fällen wiesen Anwälte ihnen Falschberatung nach: Der Ruf etablierter Banken mag arg gelitten haben, ihre Marken aber haben sie noch nicht komplett ruiniert. Ob Deutsche Bank, Commerzbank oder Sparkassen: Bei den meisten Kunden stehen diese Namen nach wie vor dafür, dass Geld und Daten dort einigermaßen sicher sind. Während das Geschäft mit privaten Kunden nicht zuletzt durch neue Konkurrenten gerade ordentlich durcheinandergerät, stehen bekannte Marken für Verlässlichkeit.
Nun setzen die etablierten Institute auf die automatisierte Anlageberatung, ein noch junger Markt. So genannte Anlageroboter gehören zu den heißesten Themen der Geldanlage. Es ist eine neue Art der Online-Vermögensverwaltung, bei der die Anleger meist anhand von einigen Fragen ihre Risikoneigung und Sparziele ermitteln und dann Vorschläge für ein Portfolio erhalten. Vorreiter dabei sind eine ganze Reihe von Start-ups, Vorbild dafür ist der Markt in den USA, wo Anleger bereits viele Milliarden bei jungen Unternehmen investiert haben. In der Produktauswahl unterscheiden sich die Angebote nur gering: In der Regel setzen sie ausschließlich auf ETF, also auf börsengehandelte Indexfonds, wegen der niedrigen Gebühren und der simplen Risikostreuung.
Einige Start-ups dürften es mit der Konkurrenz durch klassische Banken schwer haben
Die großen Banken haben eine Weile gezögert - und drängen jetzt mit eigenen Konzepten auf den Markt. Nach mehr als einem Jahr Vorarbeit können sich die Kunden über ein Portal namens Anlagefinder auf dem Deutsche-Bank-Online-Broker MaxBlue ein Portfolio zusammenstellen lassen, aus preiswerten Indexfonds, aktiv verwalteten Publikumsfonds oder einzelnen Wertpapieren. Commerzbank, Union Investment und einige Sparkassen arbeiten ebenfalls an solchen Plattformen oder haben bereits eine im Angebot.
Bei der deutschen Bank werden die Anlagen laufend überwacht. Sobald sich die Marktlage ändert, erhalten die Kunden Vorschläge, wie sie ihr Portfolio anpassen können. Noch wirkt die Seite nicht sehr ausgereift. Erst im Frühjahr können Anleger auch vergleichen, wie andere Kunden mit ähnlichem Einkommen, Familienstand oder Alter ihr Geld anlegen oder welche Auswirkungen etwa schwindendes Wachstum in China auf die Geldanlage hätte. Außerdem müssen die Anleger ihre Fonds letztlich noch selbst auswählen.
Für einige Start-ups dürfte es mit der Konkurrenz durch etablierte Institute schwieriger werden. Denn trotz niedriger Kosten und ihrer Unabhängigkeit kämpfen Anbieter wie Vaamo aus Frankfurt oder Cashboard und Quirion aus Berlin vor allem um die Bekanntheit bei den Kunden. Die jungen Firmen haben bisher allenfalls einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag eingesammelt.
Die Deutsche Bank aber denkt in Milliarden und nicht in Millionen. Ihr Robo-Advisor soll am Ende nicht weniger als "führend" sein, sagt Markus Pertlwieser, Digital-Chef der Privatkundensparte der Deutschen Bank. "Fintechs haben in diesem Bereich natürlich noch keine starke Marke", sagt er. Mit dem Anlageroboter will Pertlwieser daher auch ganz neue Kunden anziehen. MaxBlue soll das derzeit verwaltete Vermögen von 13 Milliarden Euro in den kommenden Jahren verdoppeln. Den Anlageroboter will Pertlwieser voran treiben, selbst auf die Gefahr hin, dass er der hauseigenen Vermögensverwaltung Konkurrenz macht. Zunächst zahlen die Kunden transaktionsbasiert für das Angebot, wer viel handelt, muss daher aufpassen. Hinzu kommen laufende Fondsgebühren und Ausgabeaufschläge, die man allein für den Kauf des Fonds zahlt. Damit ist das Angebot teurer als das der Start-ups. Erst im kommenden Sommer wird es wie bei der Konkurrenz eine Flatrate-Gebühr für die Vermögensverwaltung geben.
Einschüchtern lässt sich die junge Konkurrenz indes nicht. "Ein Teil der Bevölkerung wird sich bewusst dafür entscheiden, lieber bei einem innovativen Fintech Kunde zu sein und nicht bei der Bank", sagt Lars Reiner, Gründer der Plattform Ginmon. Die Angebote der Banken seien im Grunde nur neue Vertriebskanäle, mit denen sie ihren alten Produkten einen modernen Anstrich zu geben versuchten.
Bisher sind die meisten jungen Firmen allerdings auch nur reine Vermittler. In diesen Wochen geht mit Scalable Capital das erste Start-up mit Bafin-Lizenz an den Markt. Vier ehemalige Goldman-Sachs-Banker haben es gegründet, ein Professor für Finanzökonometrie ist Gesellschafter. Das Konzept funktioniert auf den ersten Blick wie die anderen Robo-Advisor auch, das Geld der Kunden landet zur Verwaltung auf einem Konto bei der Baader Bank. "Wenn wir die Banken wirklich angreifen wollen, müssen wir aber nach den gleichen Spielregeln spielen", sagt Mitgründer Florian Prucker. Das hieß, zunächst eine Erlaubnis bei den Aufsichtsbehörden in Deutschland und Großbritannien zu beantragen. Verglichen mit den meisten anderen jungen Firmen ist Scalable damit im Vorteil. Das Unternehmen dürfte seine Kunden auch konkret beraten, es darf das Geld der Kunden direkt anlegen und verwalten. Bei dem Münchner Start-up kommen im Unterschied zur Konkurrenz noch Rohstoff- und Immobilien-ETFs hinzu, je nach Risikoneigung des Anlegers. Die Münchner versprechen auch, das Portfolio laufend so umzuschichten, dass es dem gewünschten Verlustrisiko des Anlegers entspricht. Bei Prucker überwiegt die Freude über den Markteintritt der Deutschen Bank: Es sei ein gutes Signal, wenn alteingesessene Institute jetzt einsteigen. "Wir konkurrieren lieber mit einer Deutschen Bank als mit Fintechs ohne Lizenz", sagt Prucker.