Finanzbranche:Kabale und Gier

Bill Gross and Larry Fink Attend UCLA Alumni Discussion

Ihm gehe es bei dem Streit nur um seinen guten Ruf, sagt Bill Gross.

(Foto: Andrew Harrer/Bloomberg)

Börsen-Milliardär Bill Gross verklagt die von ihm selbst gegründete Firma auf 200 Millionen Dollar.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Bislang konnte man nur erahnen, was in einem Mann vorgeht, der vor 40 Jahren eine der erfolgreichsten Finanzfirmen der Welt gründete und schließlich nach eigenem Empfinden unberechtigt vor die eigene Tür gesetzt wurde. William Hunt Gross, 71, den alle Welt "Bill" ruft, macht aus der öffentlichen Ahnung nun eine Gewissheit: Der frühere Boss der Investmentfirma Pimco ist mordssauer.

Aus diesem Grund zieht er gegen seinen früheren Arbeitgeber vor Gericht. Der Vorwurf: Vertragsbruch. Es ist eine 19seitige Anklage, fein unterteilt in 110 Unterpunkte. "Mindestens" 200 Millionen Dollar fordert Bill Gross von der Allianz-Tochter Pimco. Dieser Betrag stünde ihm als Bonus für 2014 zu.

Schon die Lektüre der ersten Sätze in der Klageschrift macht den Hitzegrad der Verärgerung deutlich. Da ist von einer "Kabale" die Rede. Angetrieben von "Machtbesessenheit, Gier und dem Wunsch, die eigene finanzielle Lage auf Kosten der Investoren zu verbessern", habe das Management von Pimco "konspiriert, um den Gründer Bill Gross ohne Entschädigung hinauszudrängen".

Pimco gehört seit 1999 mehrheitlich der Allianz. Gross und die Mitgründer kassierten damals 3,3 Milliarden Dollar. Der Psychologe und Ökonom, der sein Studium in Las Vegas als Black-Jack-Spieler finanzierte, blieb nach dem Verkauf an der Spitze. Gross galt als Guru, denn immer wieder bewies er einen guten Riecher an den Börsen. Die Investoren trugen ihm das Geld hinterher. Gross managte lange Zeit den mit einem Volumen von über 230 Milliarden Dollar weltweit größten Rentenfonds. Doch ab 2012/2013 ging die Glückssträhne vorbei.

Der dominante Gross in seiner Funktion als oberster Entscheider darüber, wie das Geld der Kunden angelegt wird, und der nicht weniger selbstbewusste damalige Pimco-Boss Mohammed El-Erian gerieten 2013 in Streit, worauf El-Erian offiziell aus "familiären Gründen" zurücktrat. Er blieb als Berater beim Allianz-Konzern.

Der interne Streit führte dazu, dass Investoren misstrauisch wurden. Bill Gross geriet unter Druck, sein strenger Führungsstil wurde öffentlich kritisiert. Im Herbst 2014 musste er dann unfreiwillig gehen und wechselte zur kleinen Fondsgesellschaft Janus Capital. In der Folge zogen Investoren viele Milliarden Dollar aus den Pimco-Fonds ab.

In der Klageschrift legt Gross seine Sicht dar. Pimcos "unangemessenes, verlogenes und unethisches Verhalten muss jetzt aufgedeckt werden". Pimco nennt die Klage unbegründet und will sich erst vor Gericht äußern.

Gross wirft Pimco gezielte Indiskretionen vor, infolge derer in den Medien die Rolle von Gross ins negative und die Rolle von El-Erian ins positive Licht gerückt worden sei, und das trotz der "miserablen Leistung", die El-Erian mit seinem Pimco-Fonds ablieferte, während Gross "herausragende Profite" gemacht habe.

In der Klageschrift heißt es auch, Allianz-Chef Michael Diekmann habe sich im September 2014 mit Gross auf einen zeitlich gestreckten Ausstieg geeinigt, um die Firma nicht in Turbulenzen zu bringen. Die Pimco-Geschäftsführung habe sich aber nicht daran gehalten. Deshalb kommt jetzt der Rachefeldzug, auf dem Gross die hohen Gehälter seiner Ex-Kollegen verrät: Die hätten wie Hedgefondsmanager 20 Prozent der Profite aus den Anlagegeschäften kassiert und darüber hinaus zwei Prozent der Anlagegelder.

Gross selbst ist auch dank dieser Boni zum Milliardär geworden. Die 200 Millionen Dollar wolle er spenden, falls er den Prozess gewinne. Ihm geht es nur noch um seinen Ruf.

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