Zukunftsweisende Nachrichten gingen zuletzt eher unter bei der Deutschen Bank. Drehte sich doch alles um Altlasten aus der Krise, Strafzahlungen oder zuletzt die schmerzhafte Suche nach einer neuen Strategie - den Verkauf der Postbank, die Schließung von 200 Filialen.
Tatsächlich gibt es bei Deutschlands größtem Kreditinstitut aber auch so etwas wie Zukunftsplanung. Ab Herbst will die Bank gleich an drei Standorten, in Berlin, London und im Silicon Valley Innovationszentren eröffnen und dort den engeren Austausch mit Fintechs suchen - jener Armada an Start-ups, die weltweit ins Geldgeschäft drängen. Sie sollen der Bank helfen, neue Produkte zu entwickeln, zum Beispiel bessere Apps für die Kontoführung und Vermögensverwaltung von Privat- und Firmenkunden oder neue Technologien, welche die digitalen Abläufe innerhalb der Bank verbessern. Laut einer aktuellen Studie von McKinsey gibt es inzwischen weltweit mehr als 12 000 solcher Fintechs, sie sitzen in London, im Silicon Valley, manchmal auch in Berlin.
Dass diese oft bessere Ideen haben, wissen die Banken längst, genauso wie inzwischen klar ist, dass der klassische Vertriebskanal Filiale bald weniger Kunden anlocken wird. Mehr noch: Die IT-Systeme vieler Häuser sind veraltet, vieles wird noch händisch erledigt.
Das Ringen um die beste App für die Kontoführung hat längst begonnen
Seit einiger Zeit herrscht daher große Betriebsamkeit bei den Banken. Längst läuft ein Rennen darum, wer die beste Kontoführungs-App bieten kann oder die smarteste Methode für Überweisungen. Die interne Maßgabe in vielen Häusern: Die Fintechs mögen die besseren Ideen haben, technologisch aber gehören sie endlich überrundet oder zumindest eingebunden. Ein Pfund, mit dem die klassischen Banken schließlich immer noch wuchern können, ist ihre große Kundenbasis.
"Die Labore bilden eine Brücke zwischen Start-ups und den verschiedenen Geschäftsbereichen der Bank", sagt Henry Ritchotte, seit vergangenem Jahr Digital-Vorstand der Deutschen Bank. Dafür hat er sich große Ziele gesteckt: Einschließlich 2015 will die Bank in den Zentren jedes Jahr 500 Start-up-Ideen bewerten. Am Ende können Kooperationen stehen, vereinzelt auch Übernahmen von jungen Firmen.
Weit vorne ist die Deutsche Bank damit jedoch nicht. Während solche Innovationszentren in anderen Branchen wie der Telekom- oder IT-Branche seit Jahren Alltag sind, richteten in den vergangenen ein bis zwei Jahren weltweit zahlreiche Kreditinstitute Innovationslabore ein oder legten Fonds auf, die in Fintechs investieren: Als einer der profiliertesten Fintech-Investoren gilt etwa Spaniens Großbank BBVA. Immer wieder genannt werden auch die britischen Bankkonzerne HSBC und Barclays.
In Deutschland investiert auch die Commerzbank seit rund einem Jahr über eine Art Brutkasten für Start-ups und einen Wagniskapitalfonds gezielt in junge Fintech-Firmen. Etwas zögerlicher sind noch die Sparkassen, die zwar auch ein Innovationslabor ins Leben gerufen haben, das aber wegen noch ausstehender Beschlüsse erst 2016 richtig an den Start gehen kann.
Was die Deutsche Bank nun genau plant, ist noch etwas vage. Wer die Zentren leiten wird, sagte sie noch nicht, auch nicht, wie viel sie genau dafür investieren wird. Unterstützung für die Zentren holt sich das Institut nicht bei Wagniskapitalgebern, sondern bei großen Technologieunternehmen wie Microsoft, dem indischen IT-Dienstleister HCL und IBM.
Bei den Start-ups wird die Betriebsamkeit der Banken begrüßt, viele sind aber auch skeptisch. "In der Tat findet gerade ein Wandel statt. Die Banken gehen wirklich auf die Ideen der Fintechs ein und suchen bewusste Kooperationen. Wenn sie es gut machen, kann daraus etwas werden", sagt André Bajorat, Geschäftsführer des digitalen Bankdiensleisters Figo.
Oliver Vins, Gründer der Frankfurter Vermögensverwaltungs-Plattform Vaamo, sagt: "Die Initiative ist bestimmt ernst gemeint, klingt aber trotzdem noch recht unverbindlich. Da frage ich mich natürlich: was ist drin für die Start-ups? Warum sollten sie denn in den Laboren mit der Bank zusammenarbeiten?".
"Es gibt bald mehr Banken, die Start-ups suchen als umgekehrt", sagt ein Experte
Ein weiteres Problem: "Durch die inflationäre Zunahme dieser Abteilung gibt es bald mehr Banken, die Start-ups suchen als umgekehrt", sagt der Schweizer Fintech-Experte Marc Bernegger, der für den Fonds Orange Growth Capital selbst in Banken-Start-ups investiert. Das führe auch dazu, dass viele Newcomer gar nicht mehr so interessiert seien, denn eigentlich wollten sie ja mit ihren Ideen selbst erfolgreich durchstarten, sagt Bernegger.
Immerhin aber kann die Deutsche Bank mit einem schönen Standort locken. So wird zumindest das Berliner Zentrum nicht in einem schnöden Industriegebiet untergebracht, sondern auf immerhin 550 Quadratmetern in Berlin-Mitte am Hackeschen Markt.