Finanzbranche:Degradiert zum einfachen Zulieferer

Den Banken droht das gleiche Schicksal wie den Einzelhändlern: dass Plattformen wie Amazon sie zu Zulieferern deklassieren. Die Deutsche Bank stemmt sich nun mit einem neuen Angebot gegen diese Gefahr.

Von Meike Schreiber

Jahrelang hatten sich viele in der Finanzbranche der Hoffnung hingegeben, wonach die großen Technologiekonzerne eigentlich gar kein Interesse hätten ins Bankgeschäft vorzudringen - schlichtweg, weil sie die strenge Regulierung scheuten. Das freilich war trügerisch: Denn längst verdienen Techkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon ihr Geld auch im Bankgeschäft. Erst breiteten sie sich im Zahlungsverkehr aus, nun auch zunehmend im angestammten Kreditgeschäft.

Seither wächst bei vielen Banken die Sorge, den direkten Kontakt zu den Kunden zu verlieren, weil diese Finanzdienstleistungen bald womöglich nur noch über die Plattformen der Tech-Konzerne erwerben und nicht mehr über die Hausbank. Einige Kreditinstitute wollen die Tech-Konzerne daher mit deren eigenen Mitteln schlagen: sie versuchen, selbst zu einer dominierenden Plattform zu werden. Damit sie - und nicht andere die Bedingungen diktieren.

Kaum ein Unternehmen in der deutschen Finanzbranche trägt dieses Mantra inzwischen so sehr vor sich her wie die Deutsche Bank: "Entweder wir werden ein ziemlich austauschbarer Anbieter von Finanzprodukten, die auf großen Plattformen verkauft werden - einer von vielen Zulieferern in einem digitalen Supermarkt", sagt Vorstandschef Christian Sewing. "Oder wir wollen diejenigen sein, die das Regal gestalten, weil wir wissen, was die Kunden wollen." Das Geldhaus bietet daher seit 2017 eine Plattform für Festgelder an, auf der die Anleger auch Angebote anderer Häuser finden. Jüngst kam ein Firmenkundenportal hinzu, an das die Angebote von Finanz-Start-ups angebunden sind. Außerdem können Kunden Konten anderer Banken über die App der Deutschen Bank steuern.

Nun schicken die Frankfurter auch noch eine App ins Rennen, mit der die Kunden Bonusprogramme wie Payback, Bahn Bonus oder Miles & More verwalten können. So etwas gibt es bereits, sukzessive aber soll die App namens Yunar auch zu einer mobilen Geldbörse ausgeweitet werden. Hinter Yunar steht ein eigenes Unternehmen, eine hundertprozentige Tochter der Bank, mit eigenem Management, eigener IT und rund 80 Mitarbeitern. Die Tochter startet wie viele Finanz-Start-ups zunächst ohne Banklizenz. Mittelfristig soll sie rund 500 000 Nutzer anlocken. Die Bank investiert zwar einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag, will mit der App zunächst aber weder Geld verdienen noch kann sie aus regulatorischen Gründen die Daten der Kunden für das Bankgeschäft nutzen. Es ginge vielmehr darum, viele Kunden überhaupt erst wieder an die Bank zu binden.

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