Finanzaufsicht:Im eigenen Haus erblindet

Jochen Sanio hat ein Problem: Weil in seiner Behörde Bafin bestimmte Grundsätze verletzt wurden, hat es einen dreisten Korruptionsfall gegeben. Die Glaubwürdigkeit des obersten deutschen Finanzkontrolleurs ist beschädigt.

Helga Einecke

Bei der Kontrolle von Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel gilt Deutschland als fortschrittlich. Seit vier Jahren beaufsichtigt eine einzige Institution den gesamten Finanzapparat, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin genannt.

Finanzaufsicht: Steht unter Druck: Bafin-Chef Jochen Sanio.

Steht unter Druck: Bafin-Chef Jochen Sanio.

(Foto: Foto: dpa)

Der starke Mann an ihrer Spitze heißt Jochen Sanio. Er hat sich einen Namen als harter Hund gemacht, mit Vorständen klammer Banken angelegt, den mächtigen Rating-Agenturen Zugeständnisse abgepresst, im Ringen um die neuen Eigenkapitalvorschriften für die Banken (Basel II) und im Kampf gegen die Geldwäsche internationale Reputation erlangt.

Wichtige Grundsätze missachtet

Ihn muss der Korruptionsskandal im eigenen Haus treffen, und mehr noch das, was ihm unabhängige Gutachter bescheinigen. Er soll seine eigene Verwaltung nicht ordentlich beaufsichtigt und wichtige Grundsätze missachtet haben, die bei Bankgeschäften als unerlässlich gelten.

Er selbst schweigt zu den Vorwürfen, hat bislang keine Konsequenzen gezogen. Sitzt er die Affäre aus, ist sein Ruf beschädigt. Sanio muss sich dann den Vorwurf gefallen lassen, er teile nur nach außen aus, handele aber im eigenen Laden lax.

In der Zwickmühle

Die Kontrolleure des dem Bundesfinanzministerium unterstellten Bafin, Beamte des Ministeriums, Bundestagsabgeordnete und Bankiers, stecken in der Zwickmühle.

Sollen sie den Mann halten, weil sie so schnell weit und breit keinen besseren finden? Sollen sie in Kauf nehmen, dass der Ruf der Behörde und des Finanzplatzes Deutschland Schaden nimmt? Sollen sie seinen Stellvertreter als Bauernopfer vorschieben? Politisch korrekt wäre das nicht.

Leider ist die Bafin kein Einzelfall im deutschen Behördenwesen, wo die Korruption seit Jahren wuchert. In Bauämtern und anderen Verwaltungen scheint das Bakschisch, das früher einmal in den Orient gehörte, eine willkommene Morgengabe zu sein. Es fehlt vor allem an Unrechtsbewusstsein.

Fall selbst angezeigt

Für Sanio spricht, dass er den Fall selbst angezeigt hat und nichts unter den Teppich kehrte. Als weitere mildernde Umstände können die schwierigen Bedingungen gelten, unter denen er drei ehemals getrennte Behörden zusammenschweißte.

Die Motivation seiner Mitarbeiter leidet zum Beispiel darunter, dass sie deutlich schlechter bezahlt werden als die Angestellten der zu beaufsichtigenden Banken. Sanio musste betteln, um Zuschläge für seine Leute und eine angemessene finanzielle Ausstattung zu bekommen. Eine weitere Crux der Behörde ist ihr zweigeteilter Sitz in Bonn und Frankfurt, der die Nähe zum Finanzplatz verhindert.

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