Finanz-Skandal:Vertrauliches mit dem Wirecard-Chef

Lesezeit: 2 Min.

Markus Braun, der ehemalige CEO der Wirecard AG. (Foto: Michael Dalder/Reuters)

Was hat Markus Braun an seinem 50. Geburtstag Ende 2019 mit Finanzstaatssekretär Jörg Kukies gesprochen? Der Inhalt soll geheim bleiben.

Von Klaus Ott

Am 5. November 2019 ist Markus Braun, damals noch Vorstandschef der Wirecard AG, 50 Jahre alt geworden. Zu seinen Gesprächspartnern am Geburtstag zählte auch ein einflussreicher Politiker aus der Bundesregierung: Staatssekretär Jörg Kukies aus dem Bundesfinanzministerium. Kukies ist zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrats der deutschen Finanzaufsicht Bafin, die sich seit langem auch um Wirecard kümmert. Und die sich heute dem Vorwurf ausgesetzt sieht, bei dem Skandalkonzern lange Zeit nicht genau genug hingeschaut zu haben.

Worüber Kukies und Braun an dessen 50. Geburtstag geredet haben, das war offenbar nicht nur belangloser Small-Talk. Sonst gäbe es schließlich auch keinen Grund, den Inhalt des Gesprächs geheim zu halten. Genau das aber macht das Bundesfinanzministerium. In einer Antwort auf eine umfassende Bundestagsanfrage der Grünen und der Linken zum Wirecard-Skandal teilte das Ministerium einerseits mit, dass es dieses Gespräch gegeben habe. Und weigerte sich andererseits, dessen Inhalt offenzulegen. Es bestünden "Geheimschutzinteressen".

So steht es in der Antwort des Ministeriums vom 10. Juli, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Zuerst hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung darüber berichtet.

Die Öffentlichkeit habe das Recht zu wissen, was Kukies mit dem damaligen Wirecard-Chef Braun an dessen Geburtstag besprochen habe, sagt der Abgeordnete Fabio De Masi von den Linken. "Die Bundesregierung muss außerdem offenlegen, was Staatssekretär Kukies und Braun im November besprochen haben." Der grüne Abgeordnete Danyal Bayaz kritisiert die "zu langsame Kontrolle" der Bafin im Fall Wirecard.

Kurz vor dem Gespräch zwischen Braun und Kukies am 5. November 2019 war Wirecard massiv unter Druck geraten. Die britische Zeitung Financial Times hatte im Oktober 2019 erneut und mit weiteren Details berichtet, der Zahlungs-Dienstleister habe Geschäfte erfunden und Bilanzen geschönt. Wirecard musste, um Geschäftspartner und Investoren zu beruhigen, eine Sonderprüfung bei der Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG in Auftrag geben.

Worüber der Wirecard-Chef bald danach mit dem Staatssekretär und Verwaltungsratschef der Bafin gesprochen hat, soll nach dem Willen des Finanzministeriums aber verborgen bleiben. Das Ministerium kündigte dem Bundestag an, weitere Angaben zu dem Gespräch würden mit der Einstufung "VS-Vertraulich" an die parlamentarische Geheimschutzstelle übersandt. Das gelte auch für den Inhalt eines Gesprächs von Kukies mit Braun bei einer Diskussionsrunde am 4. September 2019 zur Rolle Europas bei Finanzinnovationen. Grüne und Linke im Bundestag wollen sich damit nicht abfinden.

VS steht für Verschluss-Sache. Und was so eingestuft wird, muss unbedingt verborgen bleiben. Weil dies ansonsten nämlich "den Interessen oder dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder abträglich oder für einen fremden Staat von Vorteil sein könnte". So ist es hier nachlesbar, auf der Seite des Bundestags.

Das Finanzminiserium teilte am Sonntag auf Anfrage lediglich mit, die Bundesregierung werde den Bundestag "zügig und detailliert" informieren, nannte aber keine weiteren Details. Man arbeite an einer "umfassenden Aufklärung und Analyse der Vorkommnisse rund um die Wirecard AG".

Kukies war als Co-Chef Deutschland von Goldman Sachs einer der einflussreichsten Banker der Bundesrepublik und dann ins Finanzministerium gewechselt. Minister Olaf Scholz hat inzwischen Reformen bei der Finanzaufsicht angekündigt. Die Bafin hatte sich früh mit dem Fall Wirecard befasst, aber erst spät Strafanzeige wegen des Verdachts der Manipulation des Börsenkurses gegen den alten Konzernvorstand gestellt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWirecard
:Wie im Krimi

Firmen ohne Büros, gelöschte Verträge, Geschäftspartner, die auf einmal keine Geschäfte mehr machen - wie Wirtschaftsprüfer den Machenschaften bei dem Aschheimer Dax-Konzern auf die Schliche gekommen sind.

Von Christoph Giesen, Klaus Ott und Nicolas Richter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: