Nicht nur den Banken und Hedgefonds in Amerika geht das Geld aus, sondern auch den Gaunern. Und so fördert die Finanzkrise ständig neue Betrugsfälle zu Tage. Der 50-Milliarden-Dollar-Schwindler Bernard Madoff machte im Dezember weltweit Schlagzeilen. In den vergangenen Tagen verursachten zwei weitere mutmaßliche Finanz-Scharlatane Wirbel: Arthur Nadel, ein 75 Jahre alter Hedgefonds-Manager aus Florida, der seine Klienten um einen dreistelligen Millionenbetrag gebracht haben soll, und Nicholas Cosmo, Inhaber einer Investmentfirma auf Long Island, vermuteter Schaden: fast 370 Millionen Dollar.
Schneeballsysteme brechen zusammen
Es ist kein Zufall, dass sich in der Krise die Zahl der ertappten Schwindler häuft. Ihre Maschen beruhen auf dem gleichen Trick. Sie sind Schnellballsysteme, bei denen die versprochenen Gewinnausschüttungen mit dem Geld von neu angeworbenen Investoren finanziert werden. Doch zur Zeit sind viel weniger Anleger bereit, ihre Ersparnisse Vermögensverwaltern zu überlassen - erst recht, wenn sie wie Cosmo Traumrenditen von 40 bis 80 Prozent versprechen. Der Absturz der Börsen hat viele Anleger misstrauisch werden lassen. So trocknet der Geldstrom aus, und die Schneeballsysteme fliegen auf.
Der Name Cosmo steht für besondere Dreistigkeit. Der 37-Jährige ist offenbar Wiederholungstäter. Schon 1999 wurde er wegen Anlagebetrugs verhaftet. Damals bekannte sich Cosmo für schuldig und verbrachte 21 Monate im Gefängnis. Dieses Mal soll die Strafe wesentlich härter ausfallen. So fordert es die zuständige Staatsanwältin Grace Cucchissi: "Die Größe und Reichweite des Falles und die Tatsache, dass Cosmo gleich nach seiner ersten Haftstrafe den Betrug fortsetzte und ihn weiterführte, nachdem unsere Ermittlungen gegen ihn begannen, zeigen, dass er ganz klar eine ernsthafte ökonomische Gefahr für die Gesellschaft darstellt."
Cosmo drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis, wenn sich bewahrheitet, was Cucchissi ihm vorwirft. Cosmo soll vorgegeben haben, mit dem Geld seiner Klienten Kurzzeit- und Überbrückungskredite an Unternehmen zu finanzieren. Tatsächlich verlieh er nach Angaben der Staatsanwaltschaft hin und wieder Teile der ihm anvertrauten Summen. Die Gewinne, die er auszahlte, beruhten jedoch fast ausschließlich auf Zuflüssen, die er und seine Mitarbeit bei anderen Klienten eingetrieben hatten. Für seine Angestellten lohnten sich die Mühen der Investorensuche. 55 Millionen Dollar soll Cosmo ihnen überwiesen haben. Insgesamt hatte Cosmo etwa 1500 Klienten, die ihm zwischen Januar 2006 und November 2008 mehr als 370 Millionen Dollar überließen. Inzwischen haben die Strafverfolger Cosmos Konten und die seiner Firma Agape einfrieren lassen. Gerade einmal 1,5 Millionen Dollar konnten sie bisher sicherstellen.
Eine Woche lang auf der Flucht
Anders als Cosmo versuchte Hedgefonds-Manager Nadel unterzutauchen, als die Ermittler ihm auf die Schliche kamen. Eine Woche war er auf der Flucht, bevor es sich am Dienstag in Tampa den Behörden stellte. Ihm wird vorgeworfen, die Angaben über das Vermögen seiner Fonds um bis zu 300 Millionen Dollar (227 Millionen Euro) zu hoch dargestellt zu haben. Außerdem soll er 1,25 Millionen Dollar hinterzogen haben.
Die Börsenaufsicht SEC zählt die Betrügereien auf Schnellball-Basis nicht offiziell. Im vergangenen Jahr brachte sie jedoch 23 Fälle zur Anklage, vier sind es bereits in den ersten Wochen 2009. Zum Vergleich: 2007 waren es insgesamt nur 15 Fälle. Nicht enthalten in diesen Zahlen sind Ermittlungen auf Ebene der Bundesstaaten. Doch auch dort kommen in letzter Zeit regelmäßig Schnellball-Systeme ans Licht. So gehen die Behörden in Idaho derzeit dem Verdacht nach, dass der Vermögensmanager Daren Palmer das Vertrauen seiner Kunden ausgenutzt und ihnen 100 Millionen Dollar abgeknüpft hat.
Die Finanzkrise mag die Kapitalmärkte eingefroren haben, den Schneeball-Betrügern in Amerika hat sie ein Tauwetter beschert.