Fiat:Marchionne veredelt Angebot für Opel

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Bei seiner Übernahmeofferte für Opel hatte Sergio Marchionne erst keine Gewähr für das Werk Kaiserslautern abgegeben. Doch nun legt der Fiat-Chef überraschend nach.

Der italienische Fiat-Konzern will alle vier deutschen Opel-Werke nach einer möglichen Fusion mit dem Rüsselsheimer Autobauer erhalten. In einem Interview mit der Bild-Zeitung sagte Fiat-Vorstandschef Sergio Marchionne: "Wir wollen keines der vier Opel-Werke in Deutschland schließen. Ich brauche die Werke in der Zukunft, um genügend Autos zu bauen. Aber natürlich müssen die Belegschaften verkleinert werden. Das wird niemand ändern können."

Fiat-Chef Sergio Marchionne: "Magna will mit russischer Hilfe bei Opel einsteigen. Wenn die deutsche Regierung das für eine gute Lösung hält, würde mich das überraschen." (Foto: Foto: ddp)

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte am Montag nach einem Gespräch mit Marchionne erklärt, Fiat habe für den Fall einer Beteiligung an Opel keine Garantie für das Kaiserslauterer Werk gegeben.

Auf eine genaue Zahl beim Abbau von Arbeitsplätzen wollte sich der Fiat-Chef allerdings nicht festlegen: "Ich kann Ihnen heute aber noch nicht sagen, wie viele Mitarbeiter wir brauchen. Aber es werden weniger sein. Bitte vergessen Sie nicht: Der erste Rettungsplan von Opel selbst sah die Schließung von zwei Werken vor."

"So ist die Realität"

Zu den Bedenken des Opel-Betriebsrates und der Gewerkschaften zu einem möglichen Fiat-Einstieg sagte Marchionne: "Opel kann in seiner jetzigen Größe niemals Geld verdienen, und wenn man kein Geld verdient, kann man nicht überleben. Ich verstehe die Ängste der Gewerkschaften - aber so ist die Realität."

Marchionne hält es für möglich, dass die Zentrale des neuen Fiat-Opel-Konzerns in zwei Ländern ist: "Wir sind ein internationales Unternehmen mit Sitz in Italien. Und ich hätte kein Problem damit, wenn die Zentrale des neuen Fiat-Opel-Konzerns in Deutschland und in Italien ist."

Mögliche Staatsbürgschaften wolle Fiat nach drei Jahren zurückzahlen. "Opel verbrennt derzeit Geld, deswegen haben sie um Staatshilfe gebeten. Deshalb muss der Staat mit Bürgschaften einsteigen. Das darf aber nicht zu lange dauern. Der Staat hat bei Opel auf Dauer nichts verloren. Wir müssen es ohne Steuergelder schaffen. Deshalb wollen wir die Bürgschaften in spätestens drei Jahren zurückzahlen."

Über den anderen Opel-Interessenten Magna sagte der Fiat-Chef: "Magna will mit russischer Hilfe bei Opel einsteigen. Wenn die deutsche Regierung das für eine gute Lösung hält, würde mich das überraschen. Unser Plan steht: Wir wollen einen echten europäischen Automobilkonzern bilden, der weltweit erfolgreich sein wird: Die Autosparte von Fiat geht zusammen mit Opel und Chrysler. Damit sind wir der zweitgrößte Autokonzern der Welt hinter Toyota."

Das mache Arbeitsplätze weltweit und in Deutschland zukunftssicher, fügte Marchionne hinzu.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie die Reaktionen in Deutschland auf Marchionnes Konzept ausfielen.

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Kapitän, Kadett, Commodore - der Name Opel weckt Erinnerungen. Wie sehr sich das Unternehmen im Laufe der Zeit wandelte, verrät auch ein Blick auf die Werbung des Unternehmens.

Marchionnes Pläne wurden in Deutschland mit Skepsis aufgenommen. Es werde sich zeigen, ob das Konzept tragfähig sei, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Montagabend in der ARD-Sendung "Beckmann".

Mit Blick auf den von Fiat geplanten Superkonzern mit Chrysler und Opel sagte Rüttgers: "Es gibt eine alte Erfahrung: Größe allein ist kein Wert." Vor allem der Nutzen der beabsichtigten Übernahme des US-Autobauers Chrysler durch Fiat sei ihm unklar. "Das war ja bisher, um es vorsichtig zu sagen, nicht die beste Adresse", ergänzte der Ministerpräsident, in dessen Bundesland das Opel-Werk Bochum liegt.

"Unsere Skepsis ist noch nicht ausgeräumt"

Der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel reagierte ebenfalls zurückhaltend. "Unsere Skepsis ist noch nicht ausgeräumt", sagte er der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Es blieben entscheidende Fragen ungeklärt. Der Betriebsrat kritisierte, dass der Fiat-Chef die Motorenfertigung in Kaiserslautern in Frage stelle. Von der Getriebeproduktion hingen auch in Bochum rund 600 Arbeitsplätze ab, warnte Einenkel.

Guttenberg drang unterdessen auf eine schnelle Entscheidung über die Zukunft Opels. Dies dürfe nicht auf ewig hinausgeschoben werden, sagte er am Montagabend im "heute journal" des ZDF.

Der Wirtschaftsminister hielt auch eine Entscheidung noch in diesem Monat für möglich. Die Bundesregierung habe nach den Gesprächen mit Fiat-Chef Sergio Marchionne keinerlei Vorfestlegung getroffen, betonte Guttenberg. Er sei "gespannt" auf das Konzept des österreichisch-kanadischen Autozulieferers Magna, der sich ebenfalls für Opel interessiert.

Magna bestätigte inzwischen sein Interesse an einer Partnerschaft mit Opel. Es gehe um potenzielle Alternativen für die Zukunft von Opel, einschließlich der möglichen Übernahme einer Minderheitsbeteiligung, teilte der kanadisch- österreichische Konzern am Dienstagmorgen mit.

Der kanadisch-österreichische Autozulieferer will jedoch lediglich eine Minderheitsbeteiligung übernehmen. Anvisiert werde ein Anteil von 20 Prozent oder weniger an der GM-Tochter, zitierte die kanadische Zeitung Globe and MailKonzernchef Frank Stronach. Er erklärte, entsprechende Gespräche mit deutschen Politikern zu dem Thema geführt zu haben. "Sie haben ein Interesse, sie wissen wir sind einer der führenden Zulieferer, sie wissen wir bauen Autos und deshalb wollen sie die beste Lösung für Deutschland", sagte Stronach.

© sueddeutsche.de/Reuters/AFP/pak/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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