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Fiat: John Elkann rückt auf:Die Stunde des Enkels

Stabwechsel an der Firmenspitze von Fiat: John Elkan, der Enkel des Patriarchen Giovanni Agnelli, wird jüngster Präsident in der Geschichte des Autokonzerns.

Ulrike Sauer

Vor sieben Jahren stand John Elkann 20 Stunden am Sarg seines Großvaters Giovanni Agnelli. Der blasse 26-Jährige gab 100.000 Trauergästen die Hand. Schon damals war allen klar: In den Händen des in New York geborenen und in Frankreich erzogenen Lieblingsenkels des Fiat-Patriarchen liegt die Zukunft der Turiner Industriellendynastie und ihres Autokonzerns.

Nun ist die Stunde des Erben gekommen. Fiat-Präsident Luca di Montezemolo gab am Dienstag sein Übergangsmandat zurück und machte den Weg für Italiens berühmtesten Enkel frei. Mit 33 Jahren übernimmt John "Yaki" Elkann das Zepter bei Fiat als jüngster Präsident in der mehr als 100-jährigen Konzerngeschichte.

Renaissance eines abgeschriebenen Konzerns

Den klangvollen Nachnamen seines legendären Opas führt er nicht. Dafür trägt John Elkann die englische Version des großväterlichen Vornamens Giovanni. Frappierend ist die Ähnlichkeit der beiden: Dasselbe Lächeln auf den schmalen Lippen, das längliche Gesicht, die nach hinten gekämmten Locken, dasselbe weiche "R".

Es war, und bleibt wohl auch, schwer für den studierten Wirtschaftsingenieur, aus dem Schatten von Italiens Industrie-Idol zu treten. Seit 2004 hat er als Vizepräsident unter Montezemolo und Konzernretter Sergio Marchionne die Renaissance des abgeschriebenen Autokonzerns begleitet. Mit der Chrysler-Übernahme im Sommer 2009 begann eine neue Phase der Internationalisierung von Fiat. Seine Wachstumsstrategien bis 2014 will Fiat-Chef Marchionne am Mittwoch bei einem Treffen mit Investoren und Analysten vorstellen.

Die Ankündigung des Stabwechsels an der Konzernspitze überraschte. Dabei lag ein Rücktritt von Ferrari-Lenker Montezemolo in der Luft, seitdem in Turin vor einigen Monaten Spekulationen über eine Abspaltung der Autosparte aus dem Restkonzern mit seinen Beteiligungen in der Verlags-, Touristik- und Finanzbranche zu kursieren begannen.

Zurückhaltender Macher

Gewiss hat der junge Elkann in den vergangenen Jahren an Profil gewonnen. Die Rolle als Kronprinz war ihm bereits im Alter von 21 Jahren aufgebürdet worden. Als sein Onkel Giovannino Agnelli 1997 mit 33 an Krebs stirbt, wirft das die Nachfolgeplanung in der republikanischen Fiat-Monarchie über den Haufen. Der "Advokat" Agnelli ("Ich will dich in der Nähe haben") ruft Yaki nach Turin zum Studium. In den Semesterferien jobbt er unter falschem Namen in Fiat-Filialen in Großbritannien, Polen und Frankreich. Nach dem Diplom arbeitet er zwei Jahre in New York bei General Electric.

Das Milchbubengesicht ist weg, die Schüchternheit nicht. Dem Sohn der Agnelli-Tochter Margherita und des französischen Schriftstellers Alain Elkann fehlt jeder Anflug von Großspurigkeit. Er ist mit Lavinia Borromeo verheiratet, Spross eines uralten Mailänder Adelsgeschlechts, und inzwischen selbst Vater von zwei kleinen Söhnen.

Seine Zurückhaltung hielt Elkann nicht davon ab, Entscheidungen zu treffen. Er organisierte das Fiat-Reich neu. Die Familienschatullen Ifil und Ifi wurden in der Holding Exor zusammengelegt, deren Präsident er längst ist. Vor einem Jahr stellte sich der Agnelli-Enkel in Berlin voll hinter Marchionnes Pläne zur Opel-Rettung. Es sei besser "ein kleiner Aktionär einer größeren Einheit" zu werden, wenn dies die Zukunft sichere, argumentierte Elkann.

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SZ vom 21.04.2010/tob
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