Süddeutsche Zeitung

Salmonellen:Böse Überraschung für Ferrero

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Kurz vor Ostern schreckt der Süßwarenunternehmen Eltern mit einem Rückruf auf. Wie gefährlich ist der Salmonellenfund in Schokolade für Kinder und den Konzern?

Von Helena Ott und Ulrike Sauer

Für viele Eltern sind sie die Endgegner am Kassenband, an denen sie ihre Kinder unbemerkt vorbeilotsen müssen. Für Menschen ohne Kinder sind sie ein zuverlässiger Flashback: die weiß-rote Alufolie runterfieseln und mit klebrigen Händen, das viel zu schnell schmelzende Schokoladenei öffnen. Hoffen, dass man richtig geschüttelt hat und wirklich etwas zum Zusammenbauen in der gelben Kapsel versteckt ist, nicht eine dämlich grinsende Nilpferdfigur oder so. Überraschungseier - 48 Jahre begleiten sie schon den kindlichen Schoko-Konsum.

Aber gerade jetzt, kurz vor Ostern schreckt viele Eltern ein Rückruf im Naschregal auf. Ausgerechnet Überraschungseier, Schoko-Bons und andere rundliche Produkte der Marke "Kinder" wurden vom italienischen Süßwaren-Mutter-Konzern Ferrero zurückgerufen. In mehreren europäischen Ländern infizierten sich Menschen, darunter viele Kinder, nach Schokoladenverzehr mit Salmonellen. Also mit jenen Bakterien, die eine Magen-Darm-Infektion hervorrufen können. Bis Donnerstag wurden EU-weit 105 bestätigte Fälle gemeldet. Darunter auch vier in Deutschland.

Die einzeln verpackten Überraschungseier seien laut Ferrero nicht von den Rückruf-Aktion betroffen, sondern lediglich die in Dreierpacks oder Varianten, wie das 100g Maxi Rosa Ei, oder Schoko-Bons. Online hat Ferrero eine Liste mit allen betroffenen Produkten und der relevanten Mindesthaltbarkeitsdaten veröffentlicht.

Unter den Infizierten sind viele Kinder

Die europäische Lebensmittelaufsicht EFSA gab am Mittwoch bekannt, dass bei dem jüngsten Salmonellen-Ausbruch in mehreren europäischen Ländern ein "ungewöhnlich hoher Anteil von Kindern" betroffen sei. Erste epidemiologische Befragungen der Erkrankten deuteten zudem auf "bestimmte Schokoladenprodukte" als Infektionsquelle hin, heißt es in der Mitteilung der EFSA.

Der Verdacht fiel auf Ferrero, weil es bereits im Dezember in einem belgischen Werk in Arlon einen Produktionsstopp gab. Dort musste der Betrieb der Fabrikanlagen wegen eines Salmonellenfundes stillgelegt werden. Nach der Desinfektion nahm das belgische Werk seine Arbeit wieder auf. Nun gleichen die europäischen Behörden den Genotyp der Bakterie aus Arlon mit dem der aktuellen Salmonellen-Infektionen ab.

Bei Ferrero rechnet man nun mit einer raschen Klärung in den kommenden Tagen. Es sind eben die Produkte, die in Belgien vom Fließband gingen, die nun auch von der EU-weiten Rückrufaktion betroffen sind. Der Großteil der Süßigkeiten der Marke "Kinder" für den deutschen Markt wird aber im hessischen Stadtallendorf produziert.

Verbraucherschützer rät mit dem Verzehr von "Kinder"-Produkten abzuwarten

Bei der Verbraucherzentrale in Hamburg kritisiert Armin Valet die zurückhaltende Kommunikation von Ferrero: "Der Konzern spricht öffentlich nicht über die Ursachen des Ausbruchs und wie jetzt genau geprüft wird, das stößt uns auf". Der Lebensmittelchemiker rät dazu, Produkte der Marke "Kinder" vorerst nicht zu verzehren, bis zweifelsfrei geklärt sei, woran sich Betroffene infiziert haben. "Es ist nicht ungewöhnlich bei Lebensmittelverunreinigungen, dass die tatsächlichen Ausmaße erst scheibchenweise bekannt werden", sagt Valet.

Heikel sei zudem, dass anders als bei Ausbrüchen mit Geflügelfleisch oder Eiern nun ein Produkt betroffen sei, dass sich vorwiegend an Kinder richtet. Bei Salmonellen sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Kinder und alte Menschen stärker von einem schweren Krankheitsverlauf gefährdet. Einzelne infizierte Kinder müssten im Krankenhaus behandelt werden und hatten Symptome wie blutigen Durchfall gezeigt, teilt die EFSA mit.

Bei der Verbraucherzentrale sei gerade "die Hölle los" sagt Armin Valet, "das habe ich so auch noch nicht erlebt". Am Telefon, per Mail, aber hauptsächlich über Social-Media-Kanäle meldeten sich besorgte Eltern mit ihren Fragen. "Keine Panik, aber erhöhte Vorsicht" sei aktuell geboten, wenn Kinder Durchfall, Erbrechen oder Fieber bekämen. Anders als das Coronavirus könnten Haus- und Kinderärzte Salmonellen mit einem Stuhlabstrich aber zweifelsfrei feststellen.

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