Wenn Bahnchef Rüdiger Grube über die neue digitale Welt ins Schwärmen gerät und darüber spricht, was diese für den Konzern bedeuten könnte, schwingt immer auch eine gewisse Besorgnis mit. So ist es auch an diesem Mittwoch im Bundesverkehrsministerium: Grube, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Verbandes der Bahnindustrie, Volker Schenk, sind hier zusammengekommen, um sich zu dritt auf eine "Strategie Schiene Digital zu verpflichten". Zweimal aber warnt Grube quasi vor dem eigenen Untergang: "Als Lohnkutscher können Sie heute kein Geld mehr verdienen".
Der Chef der Deutschen Bahn ist offenbar noch voller Erinnerungen von seiner jüngsten Reise ins Silicon Valley. Dort hat er auf dem Hauptsitz von Google das riesige Gerippe eines Dinosauriers gesehen. Das Skelett erinnert die Mitarbeiter des Internet-Konzerns täglich daran, dass Größe keineswegs Überleben und dauerhaften Erfolg garantiert. Grube treibt die Sorge um, dass es der Bahn so ähnlich wie den Dinos gehen könnte und zum Beispiel irgendein Dienstleister noch vor der Bahn per App auf dem Handy die Planung und Buchung für eine Fahrt von A nach B mit verschiedenen Verkehrsmitteln wie Bus, Bahn oder Mietwagen anbietet. Geben wird es so etwas sowieso, glaubt er. Dann aber sollte die Bahn mit ihrer eigenen neuen App Qixxit vorne dabei sein. Schnell und einfach solle es gehen, diese Devise müsse auch für die Bahn gelten, sagt der Konzernchef.
"Wenn wir es nicht machen, macht es jemand anderes"
Für die Kunden geht es manchmal aber nicht schnell und einfach, das gilt etwa für die Nutzung des Internets in den ICE-Zügen. Nun versprach Grube überraschend klar: Von Ende 2016 an sollen alle ICE-Züge auch in der zweiten Klasse einen kostenfreien Wlan-Zugang erhalten. Bis dahin "werden alle ICE umgerüstet". Im Februar hatten Bahn-Manager noch Zweifel geäußert, ob der drahtlose Internetzugang in den Hochgeschwindigkeitszügen technisch wirklich bis Jahresende gelingen wird. Zugleich kündigte Grube allerdings Obergrenzen für das neue Angebot an: "Von einem bestimmten Datenvolumen an werden wir dem Kunden sagen müssen: Entweder du gehst auf eine langsamere Geschwindigkeit, oder ab dem Punkt X muss man das dann auch berechnen".
Der kostenfreie Internetzugang, der von Ende 2016 an auch in mehr Bahnhöfen verfügbar sein soll, ist ein Teil des Fünf-Punkte-Programms "Strategie Schiene Digital", das die Vertreter von Bahn, Bund und Bahnindustrie in Berlin unterzeichneten. Insgesamt gibt es bei dem Staatskonzern derzeit etwa 260 Digitalisierungsprojekte. Dabei geht es zum Beispiel um Züge, die autonom ohne Lokomotivführer fahren, um Sensoren an Weichen, die frühzeitig signalisieren, wann ein Reparaturtrupp losgeschickt werden muss. Oder um den Bau von Brücken, bei dem jeder Schritt digital erfasst wird, so dass die beteiligten Akteure stets auf dem selben Informationsstand sind und Probleme frühzeitig zu erkennen sind.
Außerdem arbeitet der Konzern in Zukunftslaboren mit jungen IT-Entwicklern zusammen, um neue Techniken für die Mobilität von morgen möglichst vor potenziellen Konkurrenten auf den Markt bringen zu können. Für Bahnchef Grube steht jedenfalls fest: "Wenn wir es nicht machen, macht es jemand anderes."