Süddeutsche Zeitung

Federal Reserve: Bernanke:Obama ringt um seinen Notenbank-Chef

15 Senatoren verweigern Notenbank-Chef Bernanke die Zustimmung. Das schadet US-Präsident Obama und verunsichert die Märkte.

Nikolaus Piper, New York

Die Wut in der amerikanischen Öffentlichkeit auf Regierung und Wall Street hat Konsequenzen für den Chef der Notenbank Federal Reserve, Ben Bernanke. Zwei einflussreiche Senatoren der Demokratischen Partei entzogen ihm am Wochenende ihre Unterstützung. Bernankes Amtszeit endet am 31. Januar. Die Unsicherheit über die Führung der Fed dürfte die Märkte in dieser Woche belasten.

Seit Gründung der Federal Reserve 1913 wurde noch nie ein Kandidat, den der Präsident vorgeschlagen hatte, vom Senat abgelehnt. Präsident Barack Obama hatte Bernanke zwar für eine zweite Fünf-Jahres-Periode nominiert, der Senat hat den Termin für die Bestätigung aber noch nicht festgelegt. Nach Berichten amerikanischer Medien haben sich bisher 22 Senatoren für Bernanke ausgesprochen, 15 gegen ihn; 16 sind unentschieden, die Übrigen haben sich noch nicht zu dem Thema geäußert. Insgesamt braucht Bernanke 60 Stimmen, um sein Amt fortführen zu können.

"Zeit für einen klaren Bruch mit der Vergangenheit"

Es gilt zwar als wahrscheinlich, dass Bernanke letztlich doch seine Mehrheit bekommt. Sie wird aber viel dünner ausfallen, als noch bis vor kurzem erwartet, und dies dürfte seine Position in den kommenden Jahren schwächen.

Der Widerstand gegen den Fed-Chef kommt sowohl von konservativen Republikanern als auch vom linken Flügel der Demokraten. Zuletzt erklärten die demokratischen Senatoren Barbara Boxer aus Kalifornien und Russ Feingold aus Wisconsin ihr Nein zu einer zweiten Amtszeit. "Bernanke spielte eine führende Rolle bei der Formulierung der Wirtschaftspolitik der Bush-Regierung, die uns in die gegenwärtige Wirtschaftskrise gebracht hat", erklärte Boxer. Es sei "Zeit für einen klaren Bruch mit der gescheiterten Politik der Vergangenheit".

In einer Erklärung Feingolds hieß es: "Unter den Augen von Bernanke hat die Federal Reserve in großem Umfang verantwortungslose Finanzpraktiken zugelassen, die in die schwerste Finanzkrise seit der Großen Depression geführt haben."

Auch Konservative werfen dem Notenbank-Chef vor, zu eng der Wall Street verbunden zu sein und zu wenig auf die Stimmen normaler Amerikaner zu hören. Deshalb kündigte der ranghöchste Republikaner im Finanzausschuss des Senats, Richard Shelby, an, gegen den Amtsinhaber stimmen zu wollen.

Obama stellte sich hinter den angeschlagenen Kandidaten. "Der Präsident hat sehr viel Vertrauen in das, was Bernanke getan hat, um unsere Wirtschaft vom Abgrund wegzuführen", sagte sein Sprecher. "Er glaubt weiter, dass Bernanke der Beste für den Job ist und dass er vom Senat der Vereinigten Staaten bestätigt wird." Der demokratische Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat, Christopher Dodd, warnte vor den "riesigen wirtschaftlichen Konsequenzen", die eine Ablehnung Bernankes hätte.

"Wenn man das schlimmste Signal an die Märkte senden und einen Abwärtsstrudel auslösen möchte, dann muss man diese Nominierung ablehnen." Hier gehe es "nicht um irgendeinen Staatssekretär, sondern um den wichtigsten Zentralbankchef der Welt", sagte er.

Die Auseinandersetzungen um Bernankes Zukunft fallen in eine Zeit wachsender Unsicherheit in den USA. Am Dienstag hatten die Demokraten eine wichtige Nachwahl zum Senat in ihrem Stammland Massachusetts verloren. Dadurch wird Präsident Obama sein wirtschaftspolitisches Programm nur mit großen Schwierigkeiten durch den Kongress bringen. Der Präsident kündigte darüber hinaus eine Verschärfung seines Kurses gegenüber den großen Banken an.

Kongress soll die Geldpolitik der Fed überwachen

Der Konflikt um die Notenbank-Führung dürfte die Aktienkurse zunächst einmal drücken. Bernanke wird von den Märkten als positiv für die US-Wirtschaft gesehen und die Unsicherheit über seine neue Bestätigung habe die Verkaufswelle beschleunigt, sagte Michael Holland, Inhaber einer Vermögensverwaltung, der Agentur Bloomberg.

Unabhängig von der Person Bernankes nimmt der Druck auch auf die Federal Reserve als Institution zu. Das Repräsentantenhaus beschloss ein Gesetz, wonach der Kongress die Geldpolitik der Fed überwachen soll. Dies wird als Angriff auf deren Unabhängigkeit gesehen. Mitten in der allgemeinen Unsicherheit tritt am Dienstag der Offenmarktausschuss der Fed zu einer zweitägigen Sitzung zusammen, um über den weiteren Kurs der Geldpolitik zu beraten.

Sollte Bernanke bis zum 31. Januar nicht bestätigt werden, würde er als einfaches Mitglied im Gouverneursrat der Fed bleiben. Sein bisheriger Stellvertreter Donald Kohn würde dann Interims-Chef.

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SZ vom 25.01.2010/afis
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