Süddeutsche Zeitung

Fed verspricht mehr Transparenz:Kleine Revolution bei der US-Notenbank

Die US-Notenbank Fed will künftig mehr über ihre Ziele verraten. Mit seine Vorstoß für mehr Transparenz geht Fed-Chef Ben Bernanke einen vollkommen anderen Weg als sein legendärer Vorgänger Alan Greenspan, der die Märkte absichtlich im Unwissen ließ. Und er verfolgt noch ein weiteres Ziel.

Hans von der Hagen

Einst war die Finanzwelt seltsam kompliziert. Heerscharen von Ökonomen mühten sich, die Äußerungen des früheren Notenbankpräsidenten Alan Greenspan zu entschlüsseln. Der liebte nichts mehr, als die Märkte in Ungewissheit zu lassen. Er ließ dieses Spiel gar in dem Zitat gipfeln: "Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, habe ich mich nicht unverständlich genug ausgedrückt."

Die Treffen des für die Zinsentscheidungen in den Vereinigten Staaten zuständigen Offenmarktausschusses gerieten zu einem sakralen Ereignis - Experten versuchten, selbst aus dem Umfang von Greenspans Aktentasche beim Betreten des Fed-Gebäudes am Entscheidungstag herauszulesen, welche Richtung die Zinsen nehmen könnten.

Damit soll nun endgültig Schluss sein. Die US-Notenbank hatte sich schon in den vergangenen Jahren um mehr Offenheit bemüht, jetzt aber holt sie zum großen Schlag aus: Greenspan-Nachfolger Ben Bernanke will gar die internen Prognosen für die erwartete Entwicklung des Zinssatzes offenlegen, zu dem sich US-Banken dann untereinander Geld leihen können. Das Vorhaben ist ein entscheidender Schritt im Bemühen Bernankes, das Handeln der Zentralbank für die Öffentlichkeit und die Finanzmärkte transparenter zu machen.

Gefährliche Sicherheit

Der erste Ausblick der Notenbanker für die Entwicklung dieser sogenannten Federal Funds Target Rate, soll nach der Fed-Sitzung am 24. und 25. Januar veröffentlicht werden. In den USA ist der Leitzins nicht fix, sondern nur ein Zielzinssatz. Dies geht aus dem jetzt veröffentlichten Protokoll der Sitzung des Offenmarktausschusses Mitte Dezember hervor. Zudem soll dargestellt werden, wann die Notenbanker mit einer Zinserhöhung rechnen.

Möglicherweise wird Ende Januar dann offensichtlich, dass die derzeit so niedrigen Zinsen von null bis 0,25 Prozent noch über Mitte 2013 hinaus Bestand haben könnten. Gemäß dem Protokoll halten eine Reihe von Fed-Vertretern eine weitere Lockerung der Geldpolitik angesichts der wirtschaftlichen Bedingungen für gerechtfertigt.

Eine offenere Kommunikation könnte einen solchen Schritt noch effektiver machen, weil die Märkte dann wissen, worauf sie sich langfristig einzustellen haben.

Jedoch wurden in der Sitzung auch Argumente gegen weitere Stimulierungsmaßnahmen für die Konjunktur laut - ein Zeichen für den anhaltenden Streit über das richtige Vorgehen innerhalb der Notenbank.

Die Zentralbank hatte den Leitzins zuletzt unverändert gelassen, sich bei ihrer Zinsentscheidung Mitte Dezember angesichts der weltweiten Konjunkturabkühlung und der Marktturbulenzen wegen der Euro-Schuldenkrise aber alle Optionen offengehalten. In der Erklärung des Offenmarktausschusses (FOMC) zum Zinsbeschluss hatte es damals geheißen: "Der Ausschuss ist darauf vorbereit, seine Instrumente zur Förderung einer stärkeren wirtschaftlichen Erholung im Zusammenspiel mit Preisstabilität einzusetzen." Beobachter hatten aus dieser Wortwahl geschlossen, dass Bernanke notfalls noch mehr Staatsanleihen kaufen könnte, um der Wirtschaft auf diese Weise per Notenpresse Geld zur Verfügung zu stellen.

Die neue Transparenz der US-Notenbank birgt allerdings nicht nur Vorteile. Kritiker weisen darauf hin, dass langfristige Zinsprognosen dazu führen könnten, dass sich alle Marktteilnehmer gleich positionierten und unvorsichtig werden könnten. Wenn sich hingegen der Markt nicht sicher sei, wie die Notenbank entscheide, würden die Anleger zur Vorsicht gezwungen.

Darum entsprang Greenspans einstiges Handeln auch nicht diebischer Freude über die Ratlosigkeit der Anleger. Stattdessen setzte er gezielt auf einen Rest Unsicherheit, um die Märkt im Griff zu behalten. Bernanke wählt nun einen anderen Weg.

Linktipp: Der MarketBeat-Blog des Wall Street Journals erklärt, warum die Fed-Ankündigung für Staatsanleihen wichtig werden kann: Die Fed lege sich nun deutlicher fest, wann genau sie den Zielzins ändern wolle.

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