Geldpolitik :US-Notenbank Fed senkt den Leitzins deutlich

Lesezeit: 3 Min.

US-Notenbankpräsident Jerome Powell hat jetzt auch die Zinswende eingeleitet. (Foto: Susan Walsh/dpa)

Notenbankchef Powell schraubt Leitzins 0,5 Prozentpunkte runter. Die Inflation geht zurück, jetzt soll der Arbeitsmarkt gestärkt werden.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die amerikanische Notenbank Federal Reserve hat den Leitzins am Mittwochabend deutlich abgesenkt, und zwar um 0,5 Prozentpunkte. Die neue Zinsspanne liegt nun bei 4,75 bis 5,00 Prozent. Beobachter hatten fest mit der ersten Zinssenkung seit Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 gerechnet. Es war allerdings unklar, ob Fed-Präsident Jerome Powell die Kreditkosten tatsächlich so stark reduzieren würde. Manche Beobachter hatten nur mit 0,25 Prozentpunkten gerechnet. Die Fed rechtfertigte diesen Schritt mit der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Man wolle „maximale Beschäftigung“ erreichen. Gleichzeitig sei man zuversichtlich, die Inflation auf das angestrebte Ziel von zwei Prozent zu drücken. Bis Ende des Jahres könnte der Leitzins noch um einen halben Prozentpunkt sinken, so die Fed.

Die US-Währungshüter reihen sich damit ein in die Geldpolitik anderer führender Notenbanken. In der Schweiz, in Großbritannien, in Kanada und in der Euro-Zone haben die Zentralbanken bereits vor Monaten die Zinswende eingeleitet. Die Europäische Zentralbank beschloss vergangene Woche bereits die zweite Leitzinssenkung, und zwar erneut um 0,25 Prozentpunkte auf jetzt 3,5 Prozent. Eine weitere Absenkung könnte noch in diesem Jahr folgen.

Im Kampf gegen die Inflation begann die US-Notenbank im Frühjahr 2022 mit der Anhebung der Leitzinsen. Elfmal hintereinander – bis Juni 2023 – erhöhte man die Leitzinsspanne bis auf 5,25 bis 5,50 Prozent. Das war der höchste Stand seit 23 Jahren. Jetzt also die erste Zinssenkung seit vier Jahren. Die Fed hatte die Geduld der Finanzmärkte lange strapaziert, denn viele Experten hatten schon zu Jahresbeginn mit der Zinswende gerechnet. Powell hatte noch im vergangenen Dezember drei Zinssenkungen für das Jahr 2024 in Aussicht gestellt. Doch die hartnäckige Inflation machte diese Pläne zunichte. Immer wieder musste Powell die Öffentlichkeit bei seinen Pressekonferenzen vertrösten. Trotz der hohen Leitzinsen erreichten die US-Aktienmärkte zuletzt immer neue Höchststände.

Inzwischen ist die Inflation in den USA gesunken. Sie notierte im August bei 2,5 Prozent, nach 2,9 Prozent im Juli. Doch gleichzeitig verharrte die sogenannte Kerninflationsrate, die vielen Notenbankern als wichtiger Indikator gilt und bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel außen vor bleiben, im August auf dem Vormonatswert von 3,2 Prozent.

Dennoch hat die Fed den Leitzins gesenkt. Sie will die Wirtschaft stärken, nachdem die Preise nicht mehr so stark steigen. Niedrigere Leitzinsen senken die Kreditkosten und begünstigen damit Konsum, Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Fed hat bei ihren Entscheidungen neben der Inflation auch die Wirtschaft im Blick, hier vor allem den Arbeitsmarkt. Zwar wuchs die US-Wirtschaft im zweiten Quartal um drei Prozent, doch die Arbeitslosenrate liegt inzwischen bei mehr als vier Prozent – das ist der höchste Stand seit drei Jahren.

Powell möchte die Wirtschaft ankurbeln, ohne die Inflation wieder anzuheizen. Das ist ein schwieriges Unterfangen, wie der Blick in die Geschichte zeigt: Der frühere US-Zentralbankchef Arthur Burns erhöhte während der Hochinflationszeiten in den 1970er-Jahren die Zinsen zunächst deutlich. Die Inflation ging zurück. Burns dachte, der Spuk sei vorüber, und senkte die Zinsen. Eine fatale Entscheidung, denn die Inflation kehrte brutal zurück, wie eine nicht auskurierte Grippe. Sollte Powell es mit seiner Zinspolitik schaffen, der US-Wirtschaft eine Rezession zu ersparen, dürfte ihm ein prominenter Platz in der Geschichte sicher sein: Ein solches soft landing der Wirtschaft nach extrem starker Inflation ist noch keinem US-Zentralbanker gelungen.

Die Wirtschaftsentwicklung und die hohen Preise für Lebensmittel und Wohnen sind auch ein wichtiges Thema im US-Wahlkampf. Ex-Präsident Donald Trump hatte immer wieder Druck auf die Fed ausgeübt, die Leitzinsen nicht vor den US-Präsidentschaftswahlen im November zu senken. Doch Powell ließ sich nicht beirren, er blickt nur auf die Inflations- und Wirtschaftsdaten.

Doch wenn Trump erneut US-Präsident wird, könnte es ungemütlich werden. Im April berichtete das Wall Street Journal über Pläne von Trumps Beratern zum Umbau der Fed. Die Notenbank sollte ihre Zinsentscheidungen danach künftig mit dem Präsidenten abstimmen. Im Extremfall würde dieser sogar einen Sitz im obersten Gremium der Fed bekommen. Trump hat nie bestätigt, dass er diese Ideen umsetzen würde. Sofern Fed-Chef Powell „das Richtige tue“, werde er ihn nicht feuern, sagte Trump.

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