Der Entschluss zur Nachfolge war eine All-in-Entscheidung für Katrin Miunske. Eine radikale Fokussierung auf das, was schon vorher wichtig war: der eigene Betrieb, die unmittelbare Familie. Miunskes Schwester Jana Kirstein kümmert sich nun um das Personal, ihr Mann Stephan um Handel und Vertrieb, Miunskes Mann René um Forschung und Entwicklung. Familienbande. Rund um die Uhr. In so einem Umfeld bleibt der Gedanke fern, das Selbstgeschaffene einem Investor zu überlassen und sich einen ruhigeren Weg zu suchen. Und wenn man ein Unternehmen übernimmt, von dem nicht nur Wandelbarkeit erwartet wird, sondern das auch für Verlässlichkeit steht, dann kann die Erfolgsstrategie auch darin bestehen, nicht alles gleich anders machen zu wollen.
Deswegen führt Katrin Miunske die Firma eigentlich nur formal und die Familiengeschäftsführung sei auch kein Verbund von Despoten, sagt sie, weil hier viel Wert auf Augenhöhe und Arbeitsteilung gelegt werde. Das verdeutlicht sich schon, wenn man einmal an einem Arbeitstagsmittagessen in Großpostwitz teilnimmt. Geschirr zusammentragen, Tupperdosen auftuppern, den Salat bereiten - es ist ein Durcheinander in verteilten Rollen, bis schließlich alle an diesem absurd geformten und ästhetisch zweifelhaften Steintisch sitzen.
Und dann geht es schon wieder durcheinander, thematisch. Da wird eine Bewerbung genauso besprochen wie die Planung eines Grillabends oder die Erinnerung an den vergangenen gemeinsamen Urlaub. Katrin Miunske und ihr Mann René wohnen mit den Eltern zusammen auf einem Grundstück. Es vergehe kein einziger Sonntag, an dem sie dort nicht über die Firma sprächen, sagt sie. Ihre Schwester Jana wohnt mit ihrem Mann Stephan gar am Rande des Unternehmensgeländes, schon räumlich also untrennbar mit dem gemeinsamen Ganzen verbunden, das als Schwerpunkt, Bezugspunkt, Strukturkern aller beteiligten Leben steht: die Firma.
Innovation besteht nicht lustig bunten LED-Blinklichter in Bagger-Cockpits
Deren Ursprung findet sich in der erwähnten Garage. Dass Johannes Miunske beim Ausbau derselben vom Dach gefallen ist, bleibt die dramatischste Anekdote in der Gründergeschichte. Krankenhaus, aber: Glück gehabt. Ansonsten verlief alles nach Plan: Die Doppelgarage wurde aufgestockt und erweitert, sodass sie fast einem Wohngebäude glich. Aus dem Firmenkeimling wurde ein ordentlicher Betrieb und Systemlieferant, der es sich nachvollziehbarerweise nicht verkneifen konnte, seinen Produktkern mit dem erfolgreichsten Claim der jüngeren Werbegeschichte zu verbinden: "Yes, we CAN."
Das CAN der Miunskes soll auch für Können stehen, na klar, ganz offiziell aber steht es zunächst einmal für Controller Area Network. Miunske entwickelt und produziert Schalt- und Anzeigeelemente für alle möglichen Nutzfahrzeuge, die Firma ist zertifiziert und Mitglied im CiA, womit nicht der amerikanische Geheimdienst gemeint ist, sondern der maßgebliche Herstellerverband.
Innovation besteht nun nicht darin, dass ein Bagger lustig bunte LED-Blinklichter in seinem Cockpit verbaut bekommt, dafür braucht John Deere, der amerikanische Weltmarktführer für Landwirtschaftstechnik und Miunske-Kunde, keine Verbindung nach Großpostwitz. Innovation besteht eher darin, dass das hergestellte modulare System den Gesetzen der Zeit gehorcht, die sich in allen möglichen Bereichen von Leben und Wirtschaft zeigen: Es gibt eine standardisierte Grundstruktur, die für alle gleich und deswegen auch kostengünstig zu bekommen ist. Und es gibt alle möglichen Individualisierungsoptionen an der Oberfläche, damit jeder genau das Produkt erhält, das er haben möchte: Die Schalter können den Betrieb einer Blaulichtbommel genauso steuern wie die Arbeit einer Baggerschaufel. Auf dem Firmengelände hört man Sätze in bestem Messe-Deutsch: "Wenn der John Deere ein individuelles Problem hat, dann kommt der und fragt den Miunske." Oder: "Wir liefern alles, woran Sie ein Kabel befestigen können, und wenn Sie wollen, auch kabellos." Die Logik leuchtet auch ohne Werbung ein.