Familienunternehmen:Hilfe für den rosaroten Panther

Bislang bot sich Mittelständlern ein Wust an staatlichen Förderprogrammen für Forschung und Entwicklung - nun soll das Angebot überschaubarer werden

Steffen Uhlmann

Dort, wo sonst Erntehelfer tiefgebückt nach blassen Spargelspitzen graben, tastet nun ein grüner Laser den Erddamm ab. Hat er eine Pflanze ausgemacht, stößt ein hydraulischer Greifer mit leisem Zischen zu und holt das edle Gemüse aus dem Boden.

Pünktlich zum Erntestart hat Christian Bornstein seinen "Spargel-Panther" bei Schwarmstedt auf Niedersachsens Felder losgelassen. Noch muss er seine rosarote Erntemaschine per Joystick steuern. Doch schon im nächsten Jahr werde die Maschine vollautomatisch laufen, versichert Bornstein.

Er ist Geschäftsführer der Wolfsburger Firma AI-Solution, die den Panther gebaut hat, nach einer Idee des hessischen Konstrukteurs Heinz Schmidt und gemeinsam mit dem Softwareentwickler Indat Datensysteme. "Die Technik steht, die Rahmenbedingungen im Markt sind gut", sagt Bornstein. "Die Spargelanbaufläche steigt und steigt in Deutschland, nur die Zahl der Erntehelfer wächst nicht mit."

Lärmdetektiv

Auch Ralf Schröder sieht gute Marktchancen für seine Akustikkamera, die Geräusche punktgenau ortet, aufzeichnet und analysiert. Für Auto-, Flugzeug- und Brückenbauer oder für Hersteller von Haushaltsgeräten sei das Gerät von hohem Nutzwert, ist der Geschäftsführer der Berliner gfai tech GmbH überzeugt: "Schließlich können sie mit Hilfe unserer Kamera störende Lärmquellen an ihren Produkten erkennen und damit auch beseitigen."

Seit zwei Jahren vermarktet Schröders Unternehmen nun den Lärmdetektiv. Bei großen deutschen Autoherstellern wie Daimler, Volkswagen und Porsche sei er schon im Einsatz. Vergangenes Jahr brachte die Kamera gfai mehr als zwei Millionen Euro Umsatz. Zehn festangestellte Mitarbeiter sind mittlerweile mit Produktion und Vermarktung der Kamera beschäftigt.

Erntemaschine und Lauschkamera haben dabei eines gemeinsam. Ihre Entwicklung wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert. Beide Geschäftsführer betonen unisono: Ohne die Innovationsförderung des Bundeswirtschaftsministeriums gäbe es ihre Produkte nicht.

So gehörten denn auch Spargelpanther und Lärmdetektiv zu den 170 Exponaten, die am Mittwoch in Berlin auf dem "Innovationstag Mittelstand" ausgestellt wurden.

Magere Bilanz

Die Technologiemesse gilt als jährliche Leistungsschau für jene kleinen und mittelständischen Firmen (KMU), die mit staatlicher Hilfe Industrieforschung betreiben. Ob allein oder in Kooperation mit anderen Firmen und Forschungseinrichtungen: etwa 30.000 davon gibt es derzeit bundesweit. Trotz ihrer meist schwachen finanziellen Ausstattung betreiben sie dauerhaft Forschung und Entwicklung. Noch einmal mehr als hunderttausend KMU wagen sich zumindest fallweise an Innovationsprojekte heran, um ihre Marktchancen zu verbessern.

Dennoch fällt in Sachen Forschung und Entwicklung die Bilanz für den Mittelstand mager aus: Auf ihn entfallen nicht einmal 15 Prozent der gesamten F&E-Aktivitäten der Industrie. Dabei sind die kleinen und mittleren Unternehmen nicht unbedingt innovationsfeindlich oder technologieträge: Ihnen fehlt neben der finanziellen Basis zumeist der Zugang zum Wissen und den Erkenntnissen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Das trifft nicht nur die Betriebe selbst, sondern verhindert häufig auch, dass die Ergebnisse von Wissenschaftlern und Forschern den Weg auf den Markt finden. Hinzu kommt der immer quälendere Mangel an Ingenieuren und Facharbeitern in den Unternehmen, die vielfach noch den Aufwand scheuen, selbst für Forschungs- und Entwickler-Nachwuchs zu sorgen. Schließlich sind die Erträge daraus erst mittel- oder langfristig zu ernten - wenn überhaupt.

Seite 2: Reform soll für mehr Durchblick sorgen

Hilfe für den rosaroten Panther

Dabei ist Fakt, dass neue Technologien und innovative Produkte die Chancen für nachhaltiges Wachstum deutlich erhöhen. Nach einer Untersuchung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erreichen innovative Unternehmen im Durchschnitt fünf Prozent Beschäftigungszuwachs - im Vergleich zu durchschnittlich 3,5 Prozent bei Firmen, die auf Forschung und Entwicklung verzichten.

Die Überlegenheit innovativer Unternehmen offenbart auch die Datenbank von Imp³rove. Das Projekt wurde 2006 von der EU-Kommission initiiert und soll die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Mittelständlern verbessern. Über eine Online-Plattform können die KMU regelmäßig ihr Innovationsmanagement überprüfen, rund 3000 Firmen haben sich bereits registriert.

Innovationen als Wachstumsmotor

In einer begleitenden Studie kommen die Berater von A.T. Kearney und das Fraunhofer-Institut zum Ergebnis, dass ein überdurchschnittliches Innovationsmanagement und ein profitables Wachstum eng miteinander verbunden sind. Die operative Marge der Wachstumschampions liegt mit rund zwölf Prozent mehr als doppelt so hoch wie die der sonstigen KMU.

All das ist Grund genug für Bund und Länder, die kleinen und mittleren Unternehmen zu unterstützen. Sogar die sonst so strenge Wettbewerbsaufsicht der EU-Kommission zieht dabei mit: Sie erkennt mit ihrer KMU-Freistellungsverordnung an, dass Mittelständler generell Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Kapital und Krediten sowie ein Defizit bei neuen Technologien haben. Die Brüsseler Behörde gestattet den Mitgliedstaaten daher staatliche Beihilfen für Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Mittelstand.

Mehr Durchblick

Das Bundeswirtschaftsministerium macht das seit Jahren. Sein breit angelegtes Förderinstrumentarium war im Jahr 2005 mit insgesamt 450 Millionen Euro dotiert, 2008 sollen es 670 Millionen Euro werden.

Zusammen mit den Hilfsprogrammen anderer Fachministerien, der einzelnen Bundesländer und der EU bilden diese Förderungen ein schier undurchdringliches Dickicht aus mindestens 120 Programmen. Das will Bundeswirtschaftminister Michael Glos nun lichten.

Am 1. Juli tritt das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) in Kraft. Es wird das einheitliche Dach, unter dem sämtliche Förderaktivitäten für innovative Mittelständler zusammengefasst werden. Glos erhofft sich davon mehr Transparenz, einen schnelleren Zugang zur Förderung und weniger bürokratischen Aufwand im eigenen Haus.

Alte Bundesländer liegen vorn

Zudem sollen Förderprogramme wie Nemo oder Innowatt, die bislang für die ostdeutschen Bundesländer reserviert waren, künftig auch für den Westen gelten. Die Zeit dafür sei nach fast 20 Jahren deutscher Einheit "überreif", sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Glos-Ministerium, Hartmut Schauerte, der auch Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung ist.

Von einer Benachteiligung westdeutscher Mittelständler bei der staatlichen Innovationsförderung kann indes schon jetzt keine Rede sein: Bei den bereits laufenden Programmen liegen regionale Schwerpunkte bei Nachfrage und Bewilligung eindeutig in den alten Bundesländern.

Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern bilden zusammen mit Sachsen das Spitzenquartett unter den Nachfragern und Nutznießern staatlicher Förderung. Das wird nach Ansicht von Experten auch nach der Neuordnung so bleiben. Nicht umsonst, heißt es, habe sich dort Deutschlands stärkster Mittelstand etabliert.

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