Familienunternehmen: Buchhändler:Das Fressen geht weiter

Auch wenn die Zeit der aggressiven Übernahmen langsam vorbei ist, müssen viele Buchhändler noch immer um ihre Existenz bangen.

Kristina Läsker

Dem Mann ist die Erleichterung anzuhören. "Das Weihnachtsgeschäft läuft nicht schlecht", sagt Heinrich Riethmüller, Chef der Osiander-Buchgeschäfte. Trotz des spürbaren Abschwungs verschenkten die Deutschen wie eh und je Bücher zum Fest: "Es wird eher an anderen Präsenten gespart", sagt Riethmüller, "die Buchbranche ist wenig krisenanfällig."

Familienunternehmen: Buchhändler: Viele Buchhändler hoffen, dass die Zeit der aggressiven Übernahmen nun vorbei ist.

Viele Buchhändler hoffen, dass die Zeit der aggressiven Übernahmen nun vorbei ist.

(Foto: Foto: ddp)

Osiander ist einer der größeren Mittelständler in der stark zersplitterten Buchhandelsbranche: Die Firma betreibt - auch durch die Aufkäufe kleinerer Wettbewerber - inzwischen 18 Filialen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Riethmüller hat das große Fressen und Gefressenwerden überstanden, das in den vergangenen Jahren in der Branche stattfand. Laut Statistik des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels haben in den letzten zehn Jahren etwa 850 der 4850 Buchgeschäfte zwischen Kiel und Garmisch-Partenkirchen dicht gemacht oder sind gekauft worden, ein Minus von 17,5 Prozent.

Erfolg duch Größe

Viele Händler hoffen, dass die Zeit der aggressiven Übernahmen nun vorbei ist. Sie setzen auf die Buchpreisbindung. Diese sorgt dafür, dass Verlage die kleinen Läden ähnlich behandeln wie die großen: Jeder Händler muss vom Kunden denselben Preis für ein Buch verlangen - das hält die Discounter fern und limitiert die Rabatte der Verlage an die Händler. So verläuft der Konzentrationsprozess in Deutschland weit moderater als in Großbritannien oder Italien, wo die Bindung längst gefallen ist.

Doch das Sterben der kleinen Händler dürfte weitergehen, weil sie ihre Kosten kaum optimieren können. "Der Buchhandel steckt noch mitten in der Konzentration", sagt Riethmüller. Die Folgen sind in jeder deutschen Großstadt zu sehen: Ketten dominieren die Fußgängerzonen. Für 2010 sagen die Marktforscher der GfK den fünf größten Filialisten einen Marktanteil von zusammen 29 Prozent voraus - es sind die DBH (Hugendubel, Weltbild und andere), Thalia, die Mayersche, Pustet und Wittwer. Momentan verantworten sie ein Viertel des Bücherumsatzes.

Für die Kunden könnte die Konzentration dennoch ihr Gutes haben: Um zu überleben, müssten insbesondere die kleinen Geschäfte ihre Beratung verbessern, "die Kunden überraschen und begeistern", sagt Riethmüller. "Die persönliche Ansprache bekommen die Großen nicht hin." Doch neben der Freundlichkeit dürfte auch künftig die Auswahl an Titeln zählen. Im letzten Jahr sind 96.500 deutschsprachige Bücher auf den Markt gekommen: Insbesondere kleinere Händler übernehmen hier - wenn sie sich nicht sklavisch an die Bestsellerlisten halten - eine wichtige Vorauswahl für Kunden. Das funktioniert vor allem, wenn die Geschäfte spezialisiert sind, etwa auf Esoterik, Musik, Film, Theater oder Kunst.

Internet auf dem Vormarsch

Doch nicht nur von den Ketten droht harte Konkurrenz: Der größte deutsche Buchhändler heißt heute amazon.de. Der deutsche Ableger des US-Konzerns verkauft in Deutschland seit 1998 Bücher per Internet - und hat den Online-Handel überhaupt in Schwung gebracht.

Im vergangenen Jahr lag der Internet-Umsatz mit Büchern laut Börsenverein bei geschätzten 850 Millionen Euro. Das sind 8,9 Prozent des Umsatzes am Buchmarkt, eine Steigerung von 21 Prozent gegenüber dem Jahr davor. "Das Internet legt weiter gewaltig zu", meint Riethmüller. Auch sein Buchgeschäft Osiander verfügt wie viele Wettbewerber über einen Online-Auftritt - um mitzuhalten.

Doch die Spezialisierung auf Fachtitel, besserer Service, individuelle Beratung und andere Zusatzangebote werden wohl kaum ausreichen, um in diesem Jahr mehr Bücher zu verkaufen als im vergangenen - oder um gar die oft bescheidenen Gewinne zu erhöhen. Denn 2007 hatte der Umsatz im Sortimentsbuchhandel, Harry Potter sei Dank, um stolze 3,4 Prozent zugelegt - auf 9,6 Milliarden Euro. Eine Steigerung sei 2008 also kaum zu schaffen, meint die Sprecherin des Börsenvereins: "Es läuft auf plus/minus null raus."

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