Süddeutsche Zeitung

Falschgeld in Iran:Der Schein trügt

In Iran ist man sicher, den Schuldigen gefunden zu haben: Der Westen habe die Währung des Landes entwertet, so ein einflussreicher Berater des Obersten Führers Ali Chamenei. Westliche Geheimdienstler vermuten dagegen, die iranische Regierung könnte Falschgeld verteilt haben.

Paul-Anton Krüger

Schnell hatte Irans Führung die Schuldigen ausgemacht, als die Landeswährung Rial Anfang Oktober in den freien Fall überging. Von "psychologischer Kriegsführung" und "feindlichen Verschwörungen" gegen die Devisenmärkte der Islamischen Republik sprach Gholam Ali Haddad Adel, ein einflussreicher Berater des Obersten Führers Ali Chamenei.

Er bezichtigte "arrogante Mächte", hinter dem rapiden Wertverlust zu stehen; die Formel der iranischen Propaganda für den Westen. Für einen Dollar mussten die Iraner da bei den Geldwechslern am freien Markt 37.500 Rial zahlen, ein Drittel mehr als noch zwei Wochen zuvor - und zwei Drittel mehr als noch vor 15 Monaten.

Das Regime reagierte mit Härte und Einschüchterung, ließ die Polizei aufmarschieren. Kaum noch ein Geldwechsler traute sich, auf den Straßen von Teheran die Kurse anzuschreiben für den begehrten Dollar und andere harte Devisen, in die sich viele Iraner flüchten, um ihr Erspartes vor der Inflation zu retten.

Von Spekulanten war schnell die Rede, die versucht hätten, sich in der prekären Situation zu bereichern. Sie kauften angeblich Dollars zu künstlich niedrig gehaltenen offiziellen Kursen, um sie mit Gewinn wieder loszuschlagen. Zwei Dutzend Verdächtige wurden wegen angeblicher Manipulation der Wechselkurse verhaftet. Alsbald machten auch die ersten Gerüchte die Runde, dass massenhaft gefälschte Dollarnoten unters Volk gebracht würden.

Blüten aus China?

Nun hat Arsalan Fathipur, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Parlament, mit einer spektakulären Zahl bestätigt, was bisher nur geraunt wurde: Fünf Milliarden Dollar in Blüten seien auf den iranischen Markt gebracht worden, warnte er laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Isna.

Das Falschgeld sei im ganzen Land verbreitet; die Leute sollten aufpassen, dass es nicht in ihren Taschen lande. Woher die falschen Dollars kommen, sagte der Abgeordnete nicht, nur dass mit neuen Gesetzen den "Währungsmanipulationen" Einhalt geboten werden solle.

Im Internet, jenseits der staatlich kontrollierten Medien, stellen Blogger seither beißende Fragen. Mutmaßen manche, das Regime wolle die Bürger davon abhalten, weiter Geld umzutauschen, hegen andere offenbar einen anderen Verdacht: "Woher weiß die Regierung so genau den Betrag?", fragt einer unter dem Pseudonym Werooz. "Wie kommt es, dass vier Wechsler verhaftet werden, nicht aber die Leute, die das Falschgeld in Umlauf bringen?", merkt "Haghmosalamma" an.

Manche westlichen Geheimdienstler warten mit einer Erklärung auf, die politisch einiges an Sprengkraft birgt: Das Regime selbst habe die Blüten in Umlauf gebracht, sagte einer von ihnen der Süddeutschen Zeitung - um so den Rial künstlich zu stützen. Die Fälschungen sollen aus China stammen und von überaus guter Qualität sein.

Insgesamt seien Blüten im Gesamtwert von acht Milliarden Dollar nach Iran geliefert worden; wie viele davon bereits in Umlauf gebracht wurden, sei nicht klar. Andere Geheimdienstquellen zeigen sich zurückhaltender; sie sehen eine direkte Verwicklung des Regimes nicht als belegt an. Zumindest fürs Erste ist der Fall der iranischen Währung gestoppt: Am Sonntag, dem ersten Arbeitstag der Woche, lag der Dollarkurs bei 34 000 Rial.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2012/sst/rus
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