Falsche Abrechnung von Medikamenten:AOK wirft Apotheken Rezept-Schummelei vor

Zigtausendfach sollen Apotheken Medikamente abgerechnet haben, die gar nicht auf dem Markt waren. Die AOK droht ihnen deshalb nun mit der Staatsanwaltschaft. Die Arzneiverkäufer bestreiten die Vorwürfe auch gar nicht. Die Schuld sehen sie aber in den Verträgen der Krankenkassen.

Die AOK erhebt schwere Vorwürfe gegen die Apotheken. Bundesweit sollen sie in zigtausenden Fällen Medikamente abgerechnet haben, die gar nicht auf dem Markt verfügbar waren. Patienten hätten damit nicht das Präparat bekommen, das auf dem Rezept stand. Der AOK-Bundesverband droht nun mit der Staatsanwaltschaft.

Nacht- und Notdienst der deutschen Apotheken

Die deutschen Apotheken sollen zehntausendfach falsch abgerechnet haben.

(Foto: obs/dpa)

Die Apotheken kontern harsch: Die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände kritisiert, die Vorwürfe des AOK-Bundesverbande hätten nur das Ziel, eigene Fehler zu kaschieren. Sie sieht das eigentliche Problem in den Rabattverträgen, also auf Seiten der Krankenkasse. Deren Vertragspartner hätten bestimmte Medikamente nicht liefern können - womit die Apotheken faktisch verpflichtet seien, "ein Medikament abzugeben, das nicht existiert", hieß es. Die Apotheken müssten aber dennoch die Patienten versorgen. Allerdings räumt der Verband ein, dass man etwaige Fehler zu klären habe.

In Rabattverträgen versprechen Hersteller den Krankenkassen Sonderkonditionen für Pillen, Salben und Infusionen. Im Gegenzug lassen die Kassen nur die Arzneien des Rabattpartners an die jeweiligen Versicherten abgeben. Damit sparen sie Milliardenbeträge. Die Apotheker kritisieren die Verträge, weil Patienten immer wieder ihre vertrauten Präparate wechseln müssten.

Nach Angaben der AOK wurden allein im Juni 30.000 Fälle bekannt, in denen Rezepte mit einem nicht am Markt angebotenen Medikament bedruckt und abgerechnet wurden. Dabei geht es um den Wirkstoff Metoprolol - einen Blutdrucksenker. Apotheker dürften zwar mit einer plausiblen Begründung ein anderes Medikament mit gleichem Wirkstoff abgeben. Sie müssten dann aber immer das Mittel vermerken und abrechnen, das sie tatsächlich abgegeben haben.

Aufgeflogen ist der Fall einem AOK-Sprecher zufolge nur, weil das aufgedruckte Medikament nicht am Markt verfügbar war und der Hersteller trotzdem Rechnungen für den gesetzlich festgelegten Großhandelsrabatt erhalten habe. Als eigentliche Verlierer sehen sich die Pharmaunternehmen. "Möglicherweise würden Hersteller mit gesetzlichen Rabatten für Arzneien belastet, die gar nicht abgegeben wurden", sagt Henning Fahrenkamp, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie.

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