Cyberkriminalität:Wie Fake-Shops Kunden betrügen

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Wer im Internet auf Schnäppchenjagd geht, sollte genau prüfen, wo er gerade einkauft.

(Foto: Dani Llao/imago images/Addictive Stock)

Ein toller Beamer zum halben Preis? Was nach einem Schnäppchen klingt, ist oft dreister Betrug mit Fake-Shops im Internet. Ihr Geld sehen die Verbraucher meist nicht wieder - auch weil die Politik zu wenig unternimmt.

Von Maximilian Flaig

Über die Europameisterschaft freuen sich nicht nur viele Fußballfans, sondern auch die Elektrohändler. Denn das Turnier kurbelt ihr Geschäft an - nicht zuletzt, weil pandemiebedingt häufiger als sonst zu Hause geschaut wird. Die Nachfrage nach TV-Geräten und Beamern sei gestiegen, bestätigt zum Beispiel Saturn. Wer jetzt noch im Internet auf Schnäppchenjagd geht, prüft allerdings besser genau, wo er gerade einkauft. Gefälschte Verkaufsplattformen, sogenannte Fake-Shops, locken Verbraucher gerade in Zeiten hoher Nachfrage mit vermeintlich exorbitant günstigen Angeboten in die Falle.

Das Perfide: Kunden merken oft viel zu spät, dass sie betrogen wurden. Nicht nur sind Fake-Shops auf den ersten Blick kaum von einem seriösen Online-Shop zu unterscheiden, die Kriminellen halten ihre Opfer auch meist wochenlang hin. Sie täuschen Lieferschwierigkeiten vor, damit Verbraucher bereits getätigte Überweisungen möglichst lange nicht zurückfordern. Am Ende hat der Kunde zwar längst gezahlt, erhält aber nie die Ware oder nur ein minderwertiges Produkt. Oft haben die Täter ihren Fake-Shop bereits gelöscht, wenn der Schwindel auffliegt - was die Strafverfolgung erschwert. Hinzu kommt, dass die Server meistens im Ausland liegen. Deshalb seien internationale Rechtshilfeersuchen erforderlich, "die nicht immer erfolgreich verlaufen", heißt es dazu vom Bayerischen Landeskriminalamt.

Seit Beginn der Pandemie ist die Anzahl der gemeldeten Fake-Shops laut Bundesjustizministerium "erheblich angestiegen". Verglichen mit 2019 hat sich die Anzahl der Beschwerden bei den Verbraucherzentralen im ersten Corona-Jahr versechsfacht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Onlineshopping-Boom hat ein Problem verschärft, das keinesfalls neu ist. Bereits vor Corona, im Mai 2019, sprachen sich die Verbraucherschutzminister der Länder für eine Reihe von Gegenmaßnahmen aus. Umgesetzt wurde bislang aber keine davon.

Bisher keine Registrierungspflicht

Die Minister schlugen zum Beispiel eine öffentliche Liste vor, auf der Fake-Shops aufgeführt sind. In Österreich gibt es das. Jedoch lässt sich über deren Effektivität streiten, weil Fake-Shops in aller Regel nur wenige Wochen lang online sind. So waren 65 Prozent der gefälschten Shops, die der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) im vergangenen Jahr untersuchte, noch vor dem Ende der Analyse nicht mehr im Netz zu finden. Das Bundesjustizministerium würde es trotzdem "sehr begrüßen", wenn der VZBV sein Engagement bei der Fake-Shop-Bekämpfung ausbauen und eine solche Liste veröffentlichen würde, teilt ein Sprecher mit.

Die Marktbeobachter des VZBV stellten in ihrer Untersuchung außerdem eine Professionalisierung der Täter und ihrer Websites fest. Mit Baukastensystemen kann heutzutage auch ohne Programmierkenntnisse ein Online-Shop hochgezogen werden. Teilweise sind Fake-Shops auch Kopien real existierender Verkaufsplattformen. Das macht es für Nutzer immer schwieriger, seriöse von betrügerischen Seiten zu unterscheiden. Um für mehr Transparenz zu sorgen, empfahlen die Verbraucherschutzminister 2019 eine Registrierungspflicht bei de-Domains. Nur wer seine Identität nachweisen kann, sollte die "vertrauenerweckende" Domain aus Deutschland erhalten.

Aber auch dazu kam es nicht. Die Bundesregierung verweist darauf, dass bisher keine gesetzliche Grundlage für eine Identitätsprüfung existiere. Auch für die Löschung von betrügerischen de-Domains gäbe es derzeit noch keinen rechtlichen Rahmen. Weiter heißt es in einer Stellungnahme: Zusammen mit der Registrierungsstelle Denic werde man Gespräche darüber führen, "welche Verfahren getroffen werden können, um betreffende de-Domains effizient und schnell zu löschen".

LKA Bayern zählt 4270 Anzeigen

Eine weitere von den Ministern vorgebrachte Maßnahme betrifft die Strafverfolgung. Über eine zentrale Stelle könnten Ermittlungen über Ländergrenzen hinweg koordiniert und Daten zusammengeführt werden. Eine solche Stelle wurde nicht eingerichtet. Umsetzen müssten dies die Justizministerien der Länder, heißt es dazu aus Berlin. Dass eine Stärkung der Ermittlungsbehörden sinnvoll wäre, ist offensichtlich: Beim Bayerischen Landeskriminalamt gingen im vergangenen Jahr rund 4270 Anzeigen bezüglich Fake-Shops ein. Aber in nur einem Fall war es möglich, die Gelder auf dem Zielkonto der Täter einzufrieren.

Die Politik setzt vor allem auf Aufklärung, um Online-Shopper zu schützen. Denn wer die Maschen der Betrüger kennt, wird seltener Opfer. Grundsätzlich rät der VZBV Verbrauchern zu einem gesunden Misstrauen bei extrem reduzierter Ware: Wenn zum Beispiel ein Fernseher im stationären Handel 300 Euro kostet, ist er im Netz vielleicht für 250 Euro zu haben, aber eher nicht für die Hälfte des Ladenpreises. Auch die Bezahlmethode kann ein Indiz sein. Viele Fake-Shops bieten Vorkasse an. Ist Vorkasse allerdings die einzige Bezahloption, sollten Kunden weitere Informationen über den Händler einholen. Dafür reicht oft schon eine einfache Google-Recherche. So lässt sich herausfinden, ob bereits andere Nutzer schlechte Erfahrungen mit dem Webshop gemacht haben.

Weitere Informationen, wie man einen Fake-Shop erkennt, bieten zum Beispiel die Websites der Verbraucherschutzzentrale sowie der polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Auf letzterer Seite erfahren Verbraucher außerdem, wie sie Beweise sichern und Strafanzeige erstatten können. Wer jetzt also noch das Internet nach einem günstigen Beamer für das EM-Finale durchforstet, ist gut beraten, zwei Mal hinzuschauen.

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