Süddeutsche Zeitung

Nachhaltiges Smartphone:Das kann das neue Fairphone 4

Das jüngste der niederländischen Öko-Smartphones will nicht nur mit fair gehandelten Rohstoffen, sondern auch mit Leistung überzeugen - doch das hat seinen Preis.

Von Mirjam Hauck

Grün und Grüngesprenkelt, dazu ein mattes Grau: Das sind die Farben der neuen Fairphones. Seit 2014 will die niederländische Firma den Smartphone-Markt revolutionieren, als nachhaltiger David gegen viele Goliaths, mit fair produzierten und aus konfliktfrei gehandelten Rohstoffen gefertigten Handys. Jedes Jahr werden weltweit rund 1,3 Milliarden Smartphones verkauft, von Samsung, Apple, Xiaomi und anderen großen Herstellern. Die Vorgängermodelle des neuen Fairphone 4 fanden in den vergangenen Jahren rund 350 000 Käuferinnen und Käufer.

Das sind eher bescheidenen Zahlen. Und im Vergleich zu den herkömmlichen Smartphones asiatischer und amerikanischer Hersteller war ein Fairphone für die Leistung, die in ihm steckte, immer auch relativ teuer. Wer ein gutes Gewissen haben wollte, musste recht viel für ein eher mittelmäßiges Handy ausgeben. Mit dem Fairphone 4 könnte sich das ändern, auch wenn die Nachhaltigkeitskriterien weiterhin wichtige Verkaufsargumente sind.

So soll das neue Modell "elektronikmüllneutral" sein. Firmenchefin Eva Gouwens versprach bei der Vorstellung, dass für jedes verkaufte Fairphone 4 je ein Smartphone generalüberholt oder die gleiche Menge an Elektronikmüll recycelt wird. Außen- und Innenleben sollen zudem noch nachhaltiger sein. Die Rückseite ist jetzt komplett aus recyceltem Plastik gefertigt. Und insgesamt 14 Materialen stammen mittlerweile aus fairen Quellen wie recyceltes Zinn, faires Wolfram aus Ruanda und Fairtrade-zertifiziertes Gold und Aluminium. Beim Vorgängermodell konnten nur acht dieser Schlüsselmaterialien nachhaltig beschafft werden.

Weiterhin setzt Fairphone auf Reparierbarkeit. Das Unternehmen ist mittlerweile Mitglied der Right-to-Repair-Kampagne. Diese Initiative will durchsetzen, dass Hersteller von Elektrogeräten gesetzlich verpflichtet werden, Ersatzteile für ihre Geräte bereitzustellen und Kunden diese selbst oder in jeder freien Werkstatt reparieren lassen können. Beim Fairphone 4 sieht das konkret so aus, dass das Smartphone aus acht Modulen besteht, die sich bei Defekten mit einem einfachen Schraubendreher selbst austauschen lassen. Und alle Ersatzteile sind im Onlineshop erhältlich. Zudem gewährt Fairphone für die 4er-Modelle eine überdurchschnittlich lange Garantie von fünf Jahren; sie gilt allerdings nicht für den Lithium-Ionen-Akku. Der lässt sich aber ebenfalls austauschen.

Optisch wirkt es robust, fast klobig

Wer neben diesen Werten auch noch ein leistungsstarkes Handy haben will, bekommt mehr geboten als bei den Vorgängern. Optisch wirkt es robust, fast klobig, es mutet beinahe wie ein Outdoor-Handy an. Im Inneren ist ein Snapdragon-Prozessor 750G von Qualcomm verbaut. Der sorgt dafür, dass das Fairphone 4 erstmals die fünfte Mobilfunk-Generation 5G unterstützt. Der 6,3 Zoll große Full-HD-Plus-Bildschirm ist aus sogenanntem Gorilla-Glas, das besonders bruchfest ist. Außerdem unterstützt das neue Fairphone den Dual-SIM-Betrieb mit einer physischen Nano-SIM-Karte und einer eSIM.

Dazu kommt eine verbesserte Kamera mit drei Objektiven: Die Hauptkamera ist optisch bildstabilisiert, mit einem Laser-Autofokus ausgestattet und löst mit 48 Megapixeln auf. Dazu gibt es eine 48-MP-Utrawide- und eine 25-MP-Selfie-Kamera. Wie gut diese allerdings tatsächlich fotografieren, ließ sich beim Testgerät noch nicht feststellen, da das endgültige Software-Update für die Kamera erst Ende Oktober kommt. Die geknipsten Handybilder waren in Ordnung, die Leistungsdaten lassen für das finale Update eine gute Mitteklasse-Qualität vermuten. Das Fairphone 4 kommt mit dem neuesten Google-Betriebssystem Android 11, einen Software-Support garantiert Fairphone bis Ende 2025, bei Upgrades auf Android 14 und Android 15 soll dieser bis Ende 2027 verlängert werden.

Ende Oktober ist der offizielle Verkaufsstart des Fairphone 4, der weltweite Chipmangel hatte die Terminverschiebung bewirkt. Die neuen Modelle sind nun deutlich teurer als die Vorgänger: Während das Fairphone 3 noch für 450 Euro zu haben war, steigt der Preis jetzt auf 579 Euro. Dafür bekommt man die Version mit sechs Gigabyte (GB) RAM und 128 GB internem Speicher. Die Variante mit acht GB RAM und 256 GB internem Speicher kostet 649 Euro.

Verzichtet haben die Entwicklerinnen und Entwickler für diesen Preis allerdings auf eine Kopfhörerbuchse. Wegen der langen Garantie habe man einerseits auf zusätzliche Fehlerquellen verzichten wollen, andererseits wäre das Gerät damit noch teurer geworden. Das ist zwar nicht wirklich nachhaltig für alle, die noch Kopfhörer mit Kabel besitzen. Aber immerhin sind die bald erhältlichen kabellosen Fairphone-Ohrhörer aus 30 Prozent recyceltem Kunststoff.

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