Fahrenschon kandidiert als Sparkassen-Präsident:Wie ein kleiner Ackermann

Die Sparkassen sind die Gewinner der Finanzkrise. Nun will der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon ihr Präsident werden. Er könnte dem Amt mehr Gewicht denn je verleihen.

Ulrich Schäfer

Horst Seehofer, das ist offensichtlich, kann nicht recht nachvollziehen, dass sein Finanzminister nicht mehr Finanzminister sein will, sondern oberster Chef der deutschen Sparkassen. Wenn man sich anschaut, wie der bayerische Ministerpräsident den von ihm so sehr geschätzten Georg Fahrenschon erst als "unverzichtbar" bezeichnet, um 48 Stunden später zu erklären, dass er bis Dienstag einen Ersatz finden will, dann zeigt dies sein ganzes Unverständnis. Soll der Minister doch gehen, soll er die spannende Politik verlassen und auf einen hochdotierten, aber letztlich langweiligen Verbandsposten wechseln.

Eine Katastrophe für Seehofer: Fahrenschon geht von Bord

Der CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer (r.) und Georg Fahrenschon: Der bayerische Finanzminister will der Politik den Rücken kehren und in die Wirtschaft wechseln.

(Foto: dpa)

Nun tritt man dem bisherigen Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Heinrich Haasis, gewiss nicht zu nahe mit der Feststellung, dass in der Tat die meisten Deutschen seinen Namen nie gehört haben. Wenn überhaupt, haben sich die Bundesbürger einen anderen Sparkassen-Präsidenten gemerkt, und dieser Zusammenhang war negativ besetzt: Bei Bundespräsident Horst Köhler wurde gelegentlich daran erinnert, dass er einmal Sparkassen-Präsident gewesen war, das kam dann fast wie ein Schimpfwort daher. Seine Gegner nutzten es, um zu dokumentieren, dass Köhler unpolitisch sei und damit die falsche Wahl. Und doch passt es, wenn Georg Fahrenschon nun ausgerechnet für diesen Posten kandidiert und dafür sogar ein hohes Risiko eingeht.

Sollte der CSU-Politiker in der Kampfabstimmung gegen den westfälischen Sparkassen-Präsidenten Rolf Gerlach unterliegen, steht er mit leeren Händen da; der bisherige Posten ist verloren. Wenn er aber tatsächlich gewählt wird, kann ein Sparkassen-Präsident Fahrenschon dem Amt mehr Gewicht denn je verleihen, mehr Gewicht auch als unter Köhler. Als politischer Präsident könnte er, besser als ein klassischer Funktionär, deutlich machen, welche wichtige Rolle die Sparkassen in einer Zeit spielen, in der die Welt der glitzernden Investment- und Geschäftsbanken aus den Fugen geraten ist und sich viele Bürger wieder nach mehr Sicherheit sehnen.

Die Sparkasse ist nicht die Wall Street

Die Sparkassen bieten diese Sicherheit, weil sie ihre Aufgabe eben nicht darin sehen, mit komplizierten Derivaten zu handeln. Sie empfinden als Heimat nicht die gesichtslosen Kapitalmärkte, sondern jene Städte und Kommunen, deren Namen sie stets als Zusatz ihres eigenen Namens führen. Wer sein Geld zur Sparkasse trägt oder es dort ausleiht, ob als Privatmensch, Handwerker oder Mittelständler, entscheidet sich bewusst gegen die große Finanzwelt. Er vertraut darauf, dass der Banker vor Ort die eigenen finanziellen Bedürfnisse besser kennt und sie mithin besser bedienen kann als der Berater einer international agierenden Großbank.

Die Sparkasse: Das ist nicht Wall Street, nicht Mainhattan, auch nicht Hypo Real Estate. Bei einer Sparkasse kann man sich nicht mal eben um 55 Milliarden Euro verrechnen, schon deshalb nicht, weil die meisten Sparkassen nicht nur annähernd so viel Geld bewegen.

Wenn man so will, sind die Sparkassen die Krisengewinnler der vergangenen Jahre. Bis zum Ausbruch der Finanzturbulenzen galten sie in der Geldbranche und bei manchen Politikern jenseits der kommunalen Ebene noch als die Schlechten, als die "Bad Banks". Die Lobbyisten der privaten Geschäftsbanken kritisierten vehement, dass die Sparkassen als staatliche Institute den Wettbewerb verzerrten. Auch die Wettbewerbshüter der EU-Kommission hätten gerne mehr Konkurrenz auf dem deutschen Bankenmarkt gehabt. Heute ist die Sicht freundlicher, und das ist eine Folge der Finanzkrise.

Die Sparkassen haben, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, die stürmischen Zeiten relativ unversehrt überstanden. Sie haben nur selten mit hoch riskanten Papieren gezockt oder sich in Geschäfte gestürzt, von denen sie nichts verstanden haben. Die internationalen Geldhäuser dagegen, die Investmentbanken und Hedgefonds, haben nach der Lehman-Pleite nur kurz innegehalten und dann weitergemacht wie bisher. Sie hintertreiben mit Macht die notwendige stärkere Regulierung der Finanzmärkte. Sie wollen an jenem Kasino-Kapitalismus festhalten, der so vielen Sparkassen-Verantwortlichen missfällt und über den Sparkassen-Manager gerne ätzen: "Wir brauchen diese Zockerbuden nicht!" Ein politisch erfahrener Sparkassen-Präsident, wie es Fahrenschon wäre, könnte diesen Stimmen mehr Gewicht verleihen. Er könnte dafür sorgen, dass die Interessen der Sparkassen bei der Neuordnung der Finanzbranche stärker Gehör finden.

Seit vor drei Jahren die Finanzkrise Deutschland erreicht hat, als erst die HRE taumelte und dann andere Banken, galt Josef Ackermann lange als der wichtigste Ansprechpartner der Bundesregierung. An ihm hing es, ob die Banken den Berliner Rettungsplänen zustimmten oder nicht. Der Sparkassen-Präsident hat, auch weil das Geschäft der Sparkassen anders ist und sie nicht im Mittelpunkt der Krise stehen, eine andere Funktion. Fahrenschon wird den mächtigen Kollegen von der Deutschen Bank nicht ersetzen. Aber er könnte, wenn er geschickt agiert, vielleicht so etwas werden wie ein kleiner Herr Ackermann.

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