Whatsapp-Übernahme durch Facebook:Null Dollar für Werbung

Images of WhatsApp As Facebook Inc. Makes Acquisition For $19 Billion

WhatsApp wurde für Facebook nicht nur wegen seiner Nutzerzahlen interessant.

(Foto: Bloomberg)

200 000 Nachrichten pro Sekunde, 32 Nerds und keine PR-Fuzzis: Nicht nur Whatsapps Nutzerzahlen sind faszinierend. Das Geschäftsmodell in Zahlen.

Von Charlotte Dietz

Eine App austüfteln und Milliarden dafür bekommen: Davon träumen Start-up-Gründer. Für Jan Koum und Brian Acton ist das am Mittwoch Realität geworden (hier ein Porträt von Koum): Facebook kauft ihren Kurznachrichtendienst Whatsapp für 19 Milliarden Dollar. Was hinter dem Dienst steckt, erzählt in Zahlen:

Whatsapp berichtet von mehr als 450 Millionen Nutzern weltweit, die mindestens einmal im Monat aktiv sind. Das Wachstum ist rasant: Im Juni waren es noch 250 Millionen. Zur Zeit installieren jeden Tag mehr als eine Millionen Menschen die app, die es offiziell auschließlich für Smartphones gibt. Für Tablets hat sie der Hersteller nicht freigegeben, da sie an die Telefonnummer gebunden bleiben soll.

In Deutschland nutzen mehr als 30 Millionen Menschen den Dienst, sagte Gründer Koum im Januar. Whatsapp ist besonders in Europa beliebt, in Spanien nutzen seit 2012 fast alle Smartphone-Besitzer die app. Auf dem chinesischen Markt spielt der Dienst hingegen keine große Rolle.

Nicht mal drei Dutzend Mitarbeiter

32 Software-Ingenieure arbeiten für Whatsapp - das ist ein Entwickler pro 14 Millionen Nutzer. Etwa 19 Milliarden Nachrichten werden jeden Tag verschickt, das sind mehr als 200 000 pro Sekunde (Koum spricht von 50 Milliarden täglich, zählt aber auch ankommende mit und damit viele Nachrichten mehrfach). Fast doppelt so viele werden empfangen, da viele die app benutzen, um als Gruppe zu chatten.

Whatsapp verdient kein Geld mit Werbung. Stattdessen setzt die Firma auf ein niedrigschwelliges Abo-Modell: Im ersten Jahr ist die App kostenlos - danach wird eine Gebühr von 0,99 Dollar pro Jahr fällig, in Deutschland sind es 0,89 Euro. Kalkül der Firma: Zu diesem Zeitpunkt hat der Nutzer schon ein Jahr mit Freunden, Kollegen und Verwandten geschrieben. Und ist dementsprechend bereit, zu zahlen.

Wie viel Umsatz und Gewinn das Unternehmen mit der Methode macht? Darüber schweigt es sich bislang aus. Start-ups geben sich in der Regel sehr verschlossen, wenn es um ihre Finanzen geht. So können sie im Fall einer Übernahme - dem Ziel der meisten Gründer - möglichst viel Geld einnehmen. Whatsapp hat wohl selbstbewusst gepokert: Beim Kauf hat Facebook einem Bericht des Magazins Fortune zufolge Google ausgestochen. Der Suchmaschinen-Konzern habe Insidern zufolge zehn Milliarden Dollar für den Dienst geboten. Facebook zahlt nun fast das Doppelte und bietet den Gründern zusätzlich einen Aufsichtsratssitz. Seine Quellen nennt Fortune nicht, Google kommentierte die Meldung nicht.

Wenn es um Werbung geht, gibt sich Gründer Koum idealistisch: Seit der Gründung 2009 hat Whatsapp seinen Angaben zufolge null Dollar in Marketing investiert. Für die Firma arbeiteten keine PR- oder Marketingexperten. "Werbung ist Beleidigung Ihrer Intelligenz und die Unterbrechung Ihres Gedankengangs", schrieb Koum im Whatsapp-Blog. Deshalb finanziere die Firma sich auch nicht über Anzeigen. Die Menschen sollen "dem konstanten Strom von Werbebotschaften" entfliehen können. An sein Geld ist er nun ja auch so gekommen.

Koum verspricht, dass sich Whatsapps Philosophie durch die Facebook-Übernahme nicht ändern werde: "Wenn wir Kompromisse eingehen müssten, würden wir das nicht machen."

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