Großangelegte Löschaktion:Dieses Mal macht Facebook Ernst gegen QAnon

QAnon-Anhänger vor einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump

Anhänger der QAnon-Bewegung gehen von einer großangelegten Verschwörung innerhalb des Regierungsapparates gegen US-Präsident Donald Trump aus.

(Foto: dpa)

Verschwörungsgläubige QAnon-Anhänger müssen sich einen neuen Tummelplatz suchen. Facebook hat einen Großteil der Gruppen gelöscht, in denen sich die Bewegung organisierte.

Von Max Muth

Beobachter der QAnon-Szene sind sich einig: Diesmal meint es Facebook ernst. In der Nacht zum Mittwoch entfernte das Unternehmen ohne Vorwarnung Hunderte Gruppen und Seiten, die der schnell wachsenden verschwörungsgläubigen Szene zugeordnet werden. In den wenigen Gruppen, die bislang verschont blieben, gab es am Morgen kaum ein anderes Thema als die Aufräumaktion Facebooks.

In einem Statement auf seiner Webseite bezeichnet Facebook die Aktion als Teil der Mitte August angekündigten Strategie gegen Gruppen, die das Netzwerk als "militarisierte soziale Bewegungen" bezeichnet. Seit dem Sommer hat Facebook laut eigener Aussage bereits mehr als 1500 QAnon-Gruppen entfernt, weil die zu Gewalt aufgerufen hätten. Doch offenbar führte das nicht dazu, dass die Verbreitung der wirren Thesen eingedämmt werden konnte. Ab sofort will Facebook nun gegen jegliche QAnon-Accounts, Gruppen oder Seiten vorgehen, unabhängig davon, ob sie explizit zu Gewalt aufrufen. Davon dürften auch einige Seiten und Gruppen in Deutschland betroffen sein. Im Umfeld der Anti-Corona-Demos waren zuletzt neben Rechtsradikalen auch immer wieder QAnon-Gläubige beobachtet worden.

QAnon ist ein Geflecht an hanebüchenen Verschwörungserzählungen, die davon ausgehen, dass nur US-Präsident Donald Trump die Welt vor einem geheimen Ring von Pädophilen retten kann. Der bestehe vor allem aus Parteigängern der US-Demokraten. Gestartet wurden die Thesen vor gut drei Jahren durch einen angeblichen Insider ("Q" steht für eine Geheimhaltungsstufe der US-Energiebehörde), der im Forum 8chan wirre Andeutungen postete. Wie bei Verschwörungstheorien üblich, vermischt sich auch bei QAnon Halbwahres mit Unbeweisbarem, das meiste ist allerdings nachweisbar falsch, den Anhängern ist das egal. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Idee verselbstständigt und ist von Nischenplattformen wie 8chan in den Mainstream umgezogen - und damit zu Facebook.

Von 8chan in den Mainstream und zurück

Die Londoner NGO "Institute for Strategic Dialogue" berichtete im Juli, dass bekannte QAnon-Gruppen auf Facebook mehr als eine Million Mitglieder haben. Auch Politiker der US-Republikaner zeigen offen Sympathien für QAnon-Thesen und ihre Anhänger - auch der von ihnen messianisch verehrte Donald Trump. Er wisse wenig über die Theorien der QAnons, sagte Trump im August, außer, dass die Anhänger ihn gut fänden und das begrüße er natürlich sehr.

Dass Trump wirklich kaum etwas über QAnon weiß, ist schwer zu glauben. Im Dezember 2019 nutzte er beispielsweise eines der bekanntesten Hashtags der Bewegung auf Twitter. In Berichten des FBI taucht die Gruppe bereits seit Mitte 2019 als "terroristische Bedrohung" auf. "Das FBI geht davon aus, dass diese Verschwörungstheorien sich in der Informationsgesellschaft verbreiten und Gruppen und extremistische Einzelpersonen zu Gewalttaten anstacheln werden," heißt es in einem Bericht der US-Bundespolizei.

Diese Einschätzung hat sich als zutreffend herausgestellt. Bereits im Juni 2018 hatte ein bewaffneter US-Amerikaner in einem gepanzerten Fahrzeug den Hoover-Damm blockiert, um auf einen laut QAnon vertuschten Bericht der Regierung aufmerksam zu machen. Im April 2020 wurde in New York eine mit Messern bewaffnete Q-Gläubige auf dem Weg zu einem Krankenhausschiff der US-Navy verhaftet, wo sie "Joe Biden erledigen" wollte, wie sie ihren Followern in sozialen Medien mitgeteilt hatte.

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