Am Ende funktionierte nicht einmal mehr die interne Kommunikation im Facebook-Konzern. "Willkommen buchstäblich alle", höhnte der Kurznachrichtendienst Twitter auf seinem eigenen Account. Was war passiert? Facebook und zwei seiner weiteren Dienste, Whatsapp und Instagram, waren weltweit nicht erreichbar. Seit Mitternacht jedoch war Facebook wieder zugänglich. Ein Facebook-Sprecher bestätigte der New York Times, dass die Dienste langsam wieder online gehen. Es könne aber einige Zeit dauern, bis sich die Dienste stabilisieren.
Facebook griff der New York Times zufolge zu ungewöhnlichen Maßnahmen, um den stundenlangen Ausfall seiner Dienste zu beheben. Das Online-Netzwerk habe ein kleines Mitarbeiter-Team in sein Rechenzentrum im kalifornischen Santa Clara losgeschickt, um einen "manuellen Reset" der Server zu versuchen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf ein internes Rundschreiben. Bei Facebook selbst seien neben der internen Kommunikationsplattform zum Teil auch digitale Türschlösser und andere vernetzte Technik ausgefallen, hieß es weiter. Facebook-Mitarbeiter hätten auf Linkedin, Zoom oder Discord ausweichen müssen, um sich zu verständigen.
Twitter war am Montag entsprechend voller Scherze darüber, wie das Verschwinden von Facebook alles auf einen Schlag besser gemacht habe. "Hoffentlich gehen Facebook, Instagram und Whatsapp nie wieder an", twitterte der Satiriker Jan Böhmermann. Der NSA-Enthüller Edward Snowden ergriff die Gelegenheit, um die Chat-App Signal als Alternative zu empfehlen, die mehr Datenschutz biete.
Der Facebook-Konzern geht nicht von einer Attacke aus, wie Mitarbeiter des Konzerns der New York Times sagten. Vielmehr soll es sich um einen technischen Fehler gehandelt haben, wie der Konzern auf einem seiner Blogs schreibt.
Der Fehler sei auf den Routern passiert, die den Datenverkehr zwischen Facebooks Rechenzentren koordinierten, hieß es. Als Folge sei die Kommunikation zwischen den Rechenzentren unterbrochen worden. Dies habe zum Ausfall der Dienste geführt. Da dabei auch interne Systeme und Software-Werkzeuge gestört gewesen seien, sei es schwieriger gewesen, das Problem schnell zu diagnostizieren und zu lösen.
Facebook betonte, der Konzern habe keine Hinweise darauf, dass bei dem Ausfall Nutzerdaten in Mitleidenschaft gezogen worden seien. Man arbeite daran, besser zu verstehen, was passiert sei. Der Komplettausfall dauerte am Montag rund sechs Stunden. Die Facebook-Erklärung deckt sich mit Vermutungen von Netzexperten, die von einem Fehler bei den Netzwerk-Einstellungen ausgingen.
Internet-Experten sahen einen möglichen Grund zunächst im sogenannten Domain Name System (DNS). Ein weltweiter Verbund von speziellen Serverrechnern sorgt dabei dafür, dass man zur richtigen Seite geleitet wird, wenn man eine Adresse wie sz.de oder eben facebook.com eingibt. Denn die Server haben in Wirklichkeit Namen aus langen Ziffernketten, die IP-Adressen, die sich kaum jemand merken könnte. Wie einige Experten berichteten, verschwanden die DNS-Einträge der Facebook-Dienste aus diesem Service, der den Datenverkehr steuert, und waren damit quasi unsichtbar für die Netzinfrastruktur.
DNS-Störungen sind nichts Ungewöhnliches. Erst im Juli waren wegen einer solchen Störung zahlreiche Websites zeitweise nicht erreichbar. Auslöser waren damals Probleme beim Web-Dienstleister Akamai, der durch seine verteilte Infrastruktur beispielsweise dafür sorgt, dass Videostreams ruckelfrei bei den Nutzern ankommen. Da einige große Anbieter solche Dienste zentral anbieten, kann ein Ausfall viele andere Dienste und Websites mitreißen. Auch Anfang Juni waren bereits zahlreiche Websites weltweit nach einer Störung beim Cloud-Dienst Fastly rund eine Stunde nicht erreichbar gewesen.
Zu der DNS-Störung könnte es durch eine Fehlkonfiguration im Border Gateway Protokoll (BGP) gekommen sein. Es verbindet die einzelnen Netze, sogenannte autonome Systeme, zu dem, was man als Internet kennt. Der Dienstleister Cloudflare, der unter anderem Angriffe aus dem Netz abwehrt, berichtet, dass es kurz vor dem Ausfall eine ganze Reihe von BGP-Updates gegeben habe.
Der Ausfall kommt zur Unzeit
Was auch immer hinter dem Ausfall stecken mag - er kommt jedenfalls zur Unzeit für das Unternehmen. Eine Whistleblowerin hatte den Facebook-Konzern zunächst anonym, dann auch mit voller Namensnennung massiv kritisiert. Die ehemalige Mitarbeiterin warf der Firma des Milliardärs Mark Zuckerberg vor, nicht genug gegen die Hetze und die Falschinformationen zu tun, die auf den Plattformen des Unternehmens verbreitet werden. Im Zweifel habe sich Facebook stets dafür entschieden, Gewinn zu machen, anstatt die kontroversen Inhalte zu löschen. Die Firma lüge, wenn es um die Fortschritte des Unternehmens bei der Bekämpfung von Hassrede und Falschinformationen auf seiner Plattform gehe, auch wenn niemand im Unternehmen böswillig agiere.
Es ist der letzte in einer ganzen Reihe von Schlägen, die auf Facebook niederprasseln. Spätestens seit den Vorwürfen im Zusammenhang mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im Jahr 2016, die auch von Russland über soziale Netzwerke manipuliert wurde, häufte sich die Kritik. Dazu kam der Skandal um die britische Firma Cambridge Analytica, die Daten missbräuchlich nutzte, die eigentlich zu Forschungszwecken herausgegeben worden waren. Facebook-Mitgründer und -Chef Mark Zuckerberg musste bereits mehrmals in Washington zum Rapport antreten, der Ruf seines Unternehmens ist schlecht. Etliche Werbekunden kündigten ihren Rückzug an. Insgesamt haben die Vorgänge Facebook finanziell nicht geschadet, die Gewinne flossen weiter. Das muss nicht für immer so bleiben.